Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klinger, Friedrich Maximilian von: Die Zwillinge. Hannover, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
Guelfo. Mord? hi! Steh auf, Grimaldi!
Mich deucht, Du bist's? -- Sieh mich an! und
wenn Du lügst, hol ich meine Lanze, und spieß'
Dich! -- Was steht auf meiner Stirne?
(wischt
sich die Stirne mit Angst)
Jch wills tilgen! her-
ausbrennen!
Grimaldi. Guelfo!
Guelfo. Was steht auf meiner Stirne, Un-
glücklicher?
Grimaldi. Brudermord!
Guelfo. Ha! So will ich Dich zerstieben!
die Winde sollen Deine Asche davon wehen! --
Brudermord? Schändlicher Lügner!
Grimaldi. Gott sei Dank, wenns anders ist!
Guelfo. Ha! Du Demüthiger! was dankst
Du? Jch steh da, traue mein Haupt nicht zu he-
ben zum Himmel. Die Sonne würde mich blen-
den, und der Rächer aus den Wolken Blitze sen-
den, meine Seele zu vernichten, richtete ich meine
Augen zu seinem Sitz. Stehts nicht auf meiner
Stirne?
Grimaldi. Gefolterter Geist, Wuth und
Verzweiflung.
Guelfo. Schäm' Dich, Betrunkener, Süs-
ser, sanfter Schlaf hängt auf meinen Augenlie-
dern, der mich einwiegte, wenn ihr alle gingt, die
ihr
G 2
Guelfo. Mord? hi! Steh auf, Grimaldi!
Mich deucht, Du biſt’s? — Sieh mich an! und
wenn Du luͤgſt, hol ich meine Lanze, und ſpieß’
Dich! — Was ſteht auf meiner Stirne?
(wiſcht
ſich die Stirne mit Angſt)
Jch wills tilgen! her-
ausbrennen!
Grimaldi. Guelfo!
Guelfo. Was ſteht auf meiner Stirne, Un-
gluͤcklicher?
Grimaldi. Brudermord!
Guelfo. Ha! So will ich Dich zerſtieben!
die Winde ſollen Deine Aſche davon wehen! —
Brudermord? Schaͤndlicher Luͤgner!
Grimaldi. Gott ſei Dank, wenns anders iſt!
Guelfo. Ha! Du Demuͤthiger! was dankſt
Du? Jch ſteh da, traue mein Haupt nicht zu he-
ben zum Himmel. Die Sonne wuͤrde mich blen-
den, und der Raͤcher aus den Wolken Blitze ſen-
den, meine Seele zu vernichten, richtete ich meine
Augen zu ſeinem Sitz. Stehts nicht auf meiner
Stirne?
Grimaldi. Gefolterter Geiſt, Wuth und
Verzweiflung.
Guelfo. Schaͤm’ Dich, Betrunkener, Suͤſ-
ſer, ſanfter Schlaf haͤngt auf meinen Augenlie-
dern, der mich einwiegte, wenn ihr alle gingt, die
ihr
G 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0105" n="99"/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#fr">Guelfo.</hi> </speaker>
              <p>Mord? hi! Steh auf, Grimaldi!<lb/>
Mich deucht, Du bi&#x017F;t&#x2019;s? &#x2014; Sieh mich an! und<lb/>
wenn Du lu&#x0364;g&#x017F;t, hol ich meine Lanze, und &#x017F;pieß&#x2019;<lb/>
Dich! &#x2014; Was &#x017F;teht auf meiner Stirne?</p>
              <stage>(wi&#x017F;cht<lb/>
&#x017F;ich die Stirne mit Ang&#x017F;t)</stage>
              <p>Jch wills tilgen! her-<lb/>
ausbrennen!</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#fr">Grimaldi.</hi> </speaker>
              <p>Guelfo!</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#fr">Guelfo.</hi> </speaker>
              <p>Was &#x017F;teht auf meiner Stirne, Un-<lb/>
glu&#x0364;cklicher?</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#fr">Grimaldi.</hi> </speaker>
              <p>Brudermord!</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#fr">Guelfo.</hi> </speaker>
              <p>Ha! So will ich Dich zer&#x017F;tieben!<lb/>
die Winde &#x017F;ollen Deine A&#x017F;che davon wehen! &#x2014;<lb/>
Brudermord? Scha&#x0364;ndlicher Lu&#x0364;gner!</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#fr">Grimaldi.</hi> </speaker>
              <p>Gott &#x017F;ei Dank, wenns anders i&#x017F;t!</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#fr">Guelfo.</hi> </speaker>
              <p>Ha! Du Demu&#x0364;thiger! was dank&#x017F;t<lb/>
Du? Jch &#x017F;teh da, traue mein Haupt nicht zu he-<lb/>
ben zum Himmel. Die Sonne wu&#x0364;rde mich blen-<lb/>
den, und der Ra&#x0364;cher aus den Wolken Blitze &#x017F;en-<lb/>
den, meine Seele zu vernichten, richtete ich meine<lb/>
Augen zu &#x017F;einem Sitz. Stehts nicht auf meiner<lb/>
Stirne?</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#fr">Grimaldi.</hi> </speaker>
              <p>Gefolterter Gei&#x017F;t, Wuth und<lb/>
Verzweiflung.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#fr">Guelfo.</hi> </speaker>
              <p>Scha&#x0364;m&#x2019; Dich, Betrunkener, Su&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er, &#x017F;anfter Schlaf ha&#x0364;ngt auf meinen Augenlie-<lb/>
dern, der mich einwiegte, wenn ihr alle gingt, die<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">G 2</fw><fw place="bottom" type="catch">ihr</fw><lb/></p>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[99/0105] Guelfo. Mord? hi! Steh auf, Grimaldi! Mich deucht, Du biſt’s? — Sieh mich an! und wenn Du luͤgſt, hol ich meine Lanze, und ſpieß’ Dich! — Was ſteht auf meiner Stirne? (wiſcht ſich die Stirne mit Angſt) Jch wills tilgen! her- ausbrennen! Grimaldi. Guelfo! Guelfo. Was ſteht auf meiner Stirne, Un- gluͤcklicher? Grimaldi. Brudermord! Guelfo. Ha! So will ich Dich zerſtieben! die Winde ſollen Deine Aſche davon wehen! — Brudermord? Schaͤndlicher Luͤgner! Grimaldi. Gott ſei Dank, wenns anders iſt! Guelfo. Ha! Du Demuͤthiger! was dankſt Du? Jch ſteh da, traue mein Haupt nicht zu he- ben zum Himmel. Die Sonne wuͤrde mich blen- den, und der Raͤcher aus den Wolken Blitze ſen- den, meine Seele zu vernichten, richtete ich meine Augen zu ſeinem Sitz. Stehts nicht auf meiner Stirne? Grimaldi. Gefolterter Geiſt, Wuth und Verzweiflung. Guelfo. Schaͤm’ Dich, Betrunkener, Suͤſ- ſer, ſanfter Schlaf haͤngt auf meinen Augenlie- dern, der mich einwiegte, wenn ihr alle gingt, die ihr G 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_zwillinge_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_zwillinge_1796/105
Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian von: Die Zwillinge. Hannover, 1796, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_zwillinge_1796/105>, abgerufen am 28.03.2024.