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Klinger, Friedrich Maximilian von: Die Zwillinge. Hannover, 1796.

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Lager auf. Jch schlich mich weg, mußte Dich
sehen. An wessen Thür ich vorüber ging, hört'
ich Schluchzen und Weinen. Sohn, laß mich
Dich zufrieden sehn, alles wirds dann. Guelfo,
nimm mir die Angst vom Herzen!
Guelfo. Noch einmal, wärst Du nicht ge-
kommen -- um Deinetwillen nicht! Guelfos
Weib, kehren Sie zu ihm zurück, und werden
Sie ruhig! Sie sind die Einzige auf dieser wei-
ten Erde, für die mein Herz etwas fühlt. Du
wirst blutige Thränen weinen. Nein! Du sollst
nicht! ich hoffe, nicht. Geh! geh' von mir,
wenn Du meine Mutter bist! -- Ha! ich be-
schwöre Dich, sieh nicht blaß und zerschlagen, wie
ein Nachtgeist! Ha, Mutter! und auch Ferdi-
nandos Mutter!
Amalia. Deine arme geängstete Mutter,
wie seine. Laß mich um Dich! Laß mich bei
meinem Sohn! mein Guelfo wird mir freundlich
die Angst vom Herzen nehmen, sich mit mir aus-
söhnen, wenn er mir zürnt. Du bist mein innig
geliebter Sohn. Keine Mutter kan ihren Sohn
mehr lieben, als ich meinen Guelfo. Gib mir
Deine Hand, sei gut! Wie wohl wird mirs dann
sein!
Guelfo.
Lager auf. Jch ſchlich mich weg, mußte Dich
ſehen. An weſſen Thuͤr ich voruͤber ging, hoͤrt’
ich Schluchzen und Weinen. Sohn, laß mich
Dich zufrieden ſehn, alles wirds dann. Guelfo,
nimm mir die Angſt vom Herzen!
Guelfo. Noch einmal, waͤrſt Du nicht ge-
kommen — um Deinetwillen nicht! Guelfos
Weib, kehren Sie zu ihm zuruͤck, und werden
Sie ruhig! Sie ſind die Einzige auf dieſer wei-
ten Erde, fuͤr die mein Herz etwas fuͤhlt. Du
wirſt blutige Thraͤnen weinen. Nein! Du ſollſt
nicht! ich hoffe, nicht. Geh! geh’ von mir,
wenn Du meine Mutter biſt! — Ha! ich be-
ſchwoͤre Dich, ſieh nicht blaß und zerſchlagen, wie
ein Nachtgeiſt! Ha, Mutter! und auch Ferdi-
nandos Mutter!
Amalia. Deine arme geaͤngſtete Mutter,
wie ſeine. Laß mich um Dich! Laß mich bei
meinem Sohn! mein Guelfo wird mir freundlich
die Angſt vom Herzen nehmen, ſich mit mir aus-
ſoͤhnen, wenn er mir zuͤrnt. Du biſt mein innig
geliebter Sohn. Keine Mutter kan ihren Sohn
mehr lieben, als ich meinen Guelfo. Gib mir
Deine Hand, ſei gut! Wie wohl wird mirs dann
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Guelfo.
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[77/0083] Lager auf. Jch ſchlich mich weg, mußte Dich ſehen. An weſſen Thuͤr ich voruͤber ging, hoͤrt’ ich Schluchzen und Weinen. Sohn, laß mich Dich zufrieden ſehn, alles wirds dann. Guelfo, nimm mir die Angſt vom Herzen! Guelfo. Noch einmal, waͤrſt Du nicht ge- kommen — um Deinetwillen nicht! Guelfos Weib, kehren Sie zu ihm zuruͤck, und werden Sie ruhig! Sie ſind die Einzige auf dieſer wei- ten Erde, fuͤr die mein Herz etwas fuͤhlt. Du wirſt blutige Thraͤnen weinen. Nein! Du ſollſt nicht! ich hoffe, nicht. Geh! geh’ von mir, wenn Du meine Mutter biſt! — Ha! ich be- ſchwoͤre Dich, ſieh nicht blaß und zerſchlagen, wie ein Nachtgeiſt! Ha, Mutter! und auch Ferdi- nandos Mutter! Amalia. Deine arme geaͤngſtete Mutter, wie ſeine. Laß mich um Dich! Laß mich bei meinem Sohn! mein Guelfo wird mir freundlich die Angſt vom Herzen nehmen, ſich mit mir aus- ſoͤhnen, wenn er mir zuͤrnt. Du biſt mein innig geliebter Sohn. Keine Mutter kan ihren Sohn mehr lieben, als ich meinen Guelfo. Gib mir Deine Hand, ſei gut! Wie wohl wird mirs dann ſein! Guelfo.

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Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian von: Die Zwillinge. Hannover, 1796, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_zwillinge_1796/83>, abgerufen am 23.04.2024.