Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769.

Bild:
<< vorherige Seite

Elfter Gesang.
Jhre Beschützer im sterblichem Leben nah an der Gräber
Trümmern schweben. Es schien, als ob die Engel der Schöpfung
Kleinere Wunder, die Welten des Staubes, und ihre Bewohner,
Unter den Trümmern betrachteten. Als die heiligen Seelen
Mehr sich nahten, verließen die Engel der Gräber Gefilde.
Triumphirend erhuben sie sich. Die Seelen der Todten:
Wußten es nicht, warum in Triumph sich die Engel erhüben.

Henoch blieb und Elias am Todeshügel. Sie blickten
Wundernd den Heiligen nach, die zu ihrer Gebeine Ruhstat
Jn der Zeit der Vollendung, der Zeit der Herrlichkeit, jetzo,
Auf des Ausgesöhnten Befehl herunter stiegen!
Noa ließ sich mit Japhet und Sem hinab zu dem Grabe,
Das ihn an jenem Berge begrub, auf welchem die Arche,
Gottes Retterinn, über der waldumstürzenden Meere
Dumpfem Geräusch, stillstand! und wo den dankenden Altar
Noa baut', und opfert', und dich, du Bogen des Bundes,
Den Gott selber mit Gnade betrachtete, betend erblickte.
Abraham eilte mit seinen Geliebten zur Todeshöle
Gegen über dem Hain, in dem er den göttlichen Dulder
Schon wie einen Menschen gestaltet sah, und nicht wußte,
Wer der Wanderer sey, der mit ihm in dem Schatten sich labte.
Moses ereilte sein einsames Grab am Nebo, wo Gott ihn
Unter Felsen begrub. Er starb vor des Ewigen Anschaun,
Der ihm, eh er entschlief, vom Nebo Canaan zeigte.
Vor dem Schrecken der Gegenwart Gottes zerrissen die Felsen
Unter dem Todten. Er sank hinunter; noch bebende Felsen
Stürzten ihm nach. So lag er von Gottes Rechte begraben.
Nicht
A 5

Elfter Geſang.
Jhre Beſchuͤtzer im ſterblichem Leben nah an der Graͤber
Truͤmmern ſchweben. Es ſchien, als ob die Engel der Schoͤpfung
Kleinere Wunder, die Welten des Staubes, und ihre Bewohner,
Unter den Truͤmmern betrachteten. Als die heiligen Seelen
Mehr ſich nahten, verließen die Engel der Graͤber Gefilde.
Triumphirend erhuben ſie ſich. Die Seelen der Todten:
Wußten es nicht, warum in Triumph ſich die Engel erhuͤben.

Henoch blieb und Elias am Todeshuͤgel. Sie blickten
Wundernd den Heiligen nach, die zu ihrer Gebeine Ruhſtat
Jn der Zeit der Vollendung, der Zeit der Herrlichkeit, jetzo,
Auf des Ausgeſoͤhnten Befehl herunter ſtiegen!
Noa ließ ſich mit Japhet und Sem hinab zu dem Grabe,
Das ihn an jenem Berge begrub, auf welchem die Arche,
Gottes Retterinn, uͤber der waldumſtuͤrzenden Meere
Dumpfem Geraͤuſch, ſtillſtand! und wo den dankenden Altar
Noa baut’, und opfert’, und dich, du Bogen des Bundes,
Den Gott ſelber mit Gnade betrachtete, betend erblickte.
Abraham eilte mit ſeinen Geliebten zur Todeshoͤle
Gegen uͤber dem Hain, in dem er den goͤttlichen Dulder
Schon wie einen Menſchen geſtaltet ſah, und nicht wußte,
Wer der Wanderer ſey, der mit ihm in dem Schatten ſich labte.
Moſes ereilte ſein einſames Grab am Nebo, wo Gott ihn
Unter Felſen begrub. Er ſtarb vor des Ewigen Anſchaun,
Der ihm, eh er entſchlief, vom Nebo Canaan zeigte.
Vor dem Schrecken der Gegenwart Gottes zerriſſen die Felſen
Unter dem Todten. Er ſank hinunter; noch bebende Felſen
Stuͤrzten ihm nach. So lag er von Gottes Rechte begraben.
Nicht
A 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="8">
            <pb facs="#f0025" n="9"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Elfter Ge&#x017F;ang.</hi> </fw><lb/>
            <l>Jhre Be&#x017F;chu&#x0364;tzer im &#x017F;terblichem Leben nah an der Gra&#x0364;ber</l><lb/>
            <l>Tru&#x0364;mmern &#x017F;chweben. Es &#x017F;chien, als ob die Engel der Scho&#x0364;pfung</l><lb/>
            <l>Kleinere Wunder, die Welten des Staubes, und ihre Bewohner,</l><lb/>
            <l>Unter den Tru&#x0364;mmern betrachteten. Als die heiligen Seelen</l><lb/>
            <l>Mehr &#x017F;ich nahten, verließen die Engel der Gra&#x0364;ber Gefilde.</l><lb/>
            <l>Triumphirend erhuben &#x017F;ie &#x017F;ich. Die Seelen der Todten:</l><lb/>
            <l>Wußten es nicht, warum in Triumph &#x017F;ich die Engel erhu&#x0364;ben.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="9">
            <l>Henoch blieb und Elias am Todeshu&#x0364;gel. Sie blickten</l><lb/>
            <l>Wundernd den Heiligen nach, die zu ihrer Gebeine Ruh&#x017F;tat</l><lb/>
            <l>Jn der Zeit der Vollendung, der Zeit der Herrlichkeit, jetzo,</l><lb/>
            <l>Auf des Ausge&#x017F;o&#x0364;hnten Befehl herunter &#x017F;tiegen!</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="10">
            <l>Noa ließ &#x017F;ich mit Japhet und Sem hinab zu dem Grabe,</l><lb/>
            <l>Das ihn an jenem Berge begrub, auf welchem die Arche,</l><lb/>
            <l>Gottes Retterinn, u&#x0364;ber der waldum&#x017F;tu&#x0364;rzenden Meere</l><lb/>
            <l>Dumpfem Gera&#x0364;u&#x017F;ch, &#x017F;till&#x017F;tand! und wo den dankenden Altar</l><lb/>
            <l>Noa baut&#x2019;, und opfert&#x2019;, und dich, du Bogen des Bundes,</l><lb/>
            <l>Den Gott &#x017F;elber mit Gnade betrachtete, betend erblickte.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="11">
            <l>Abraham eilte mit &#x017F;einen Geliebten zur Todesho&#x0364;le</l><lb/>
            <l>Gegen u&#x0364;ber dem Hain, in dem er den go&#x0364;ttlichen Dulder</l><lb/>
            <l>Schon wie einen Men&#x017F;chen ge&#x017F;taltet &#x017F;ah, und nicht wußte,</l><lb/>
            <l>Wer der Wanderer &#x017F;ey, der mit ihm in dem Schatten &#x017F;ich labte.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="12">
            <l>Mo&#x017F;es ereilte &#x017F;ein ein&#x017F;ames Grab am Nebo, wo Gott ihn</l><lb/>
            <l>Unter Fel&#x017F;en begrub. Er &#x017F;tarb vor des Ewigen An&#x017F;chaun,</l><lb/>
            <l>Der ihm, eh er ent&#x017F;chlief, vom Nebo Canaan zeigte.</l><lb/>
            <l>Vor dem Schrecken der Gegenwart Gottes zerri&#x017F;&#x017F;en die Fel&#x017F;en</l><lb/>
            <l>Unter dem Todten. Er &#x017F;ank hinunter; noch bebende Fel&#x017F;en</l><lb/>
            <l>Stu&#x0364;rzten ihm nach. So lag er von Gottes Rechte begraben.</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">A 5</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Nicht</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[9/0025] Elfter Geſang. Jhre Beſchuͤtzer im ſterblichem Leben nah an der Graͤber Truͤmmern ſchweben. Es ſchien, als ob die Engel der Schoͤpfung Kleinere Wunder, die Welten des Staubes, und ihre Bewohner, Unter den Truͤmmern betrachteten. Als die heiligen Seelen Mehr ſich nahten, verließen die Engel der Graͤber Gefilde. Triumphirend erhuben ſie ſich. Die Seelen der Todten: Wußten es nicht, warum in Triumph ſich die Engel erhuͤben. Henoch blieb und Elias am Todeshuͤgel. Sie blickten Wundernd den Heiligen nach, die zu ihrer Gebeine Ruhſtat Jn der Zeit der Vollendung, der Zeit der Herrlichkeit, jetzo, Auf des Ausgeſoͤhnten Befehl herunter ſtiegen! Noa ließ ſich mit Japhet und Sem hinab zu dem Grabe, Das ihn an jenem Berge begrub, auf welchem die Arche, Gottes Retterinn, uͤber der waldumſtuͤrzenden Meere Dumpfem Geraͤuſch, ſtillſtand! und wo den dankenden Altar Noa baut’, und opfert’, und dich, du Bogen des Bundes, Den Gott ſelber mit Gnade betrachtete, betend erblickte. Abraham eilte mit ſeinen Geliebten zur Todeshoͤle Gegen uͤber dem Hain, in dem er den goͤttlichen Dulder Schon wie einen Menſchen geſtaltet ſah, und nicht wußte, Wer der Wanderer ſey, der mit ihm in dem Schatten ſich labte. Moſes ereilte ſein einſames Grab am Nebo, wo Gott ihn Unter Felſen begrub. Er ſtarb vor des Ewigen Anſchaun, Der ihm, eh er entſchlief, vom Nebo Canaan zeigte. Vor dem Schrecken der Gegenwart Gottes zerriſſen die Felſen Unter dem Todten. Er ſank hinunter; noch bebende Felſen Stuͤrzten ihm nach. So lag er von Gottes Rechte begraben. Nicht A 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769/25
Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769/25>, abgerufen am 20.04.2024.