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[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769.

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Der Messias.
Jetzt daucht's Adam, als rief er: Jch werde geschaffen! geschaffen!
Und er strebte sich aufzurichten. Noch kniet' er im Staube.
Harfen tönten ihm zu! ihm sang der Seraph, und Cherub:
Werde von neuem, und nun auf ewig, geschaffen! auf ewig!
Siehe, du starbst, an dem dunkelsten deiner Tage, des Todes,
Adam! O Heil dir Erstem! erwach! und lebe nun Leben!
Seliges, Adam! wie du, nach deiner Schöpfung, nicht lebtest!
Ach, nun stirbst du des Todes nicht mehr! ... Noch kniet' er im Staube,
Sah noch dunkel. Es ward mit dem auferstehenden Leibe
Sein ätherischer Leib, der seit dem Tod' ihn umhüllte,
Jetzo vereint. Der wurde des Umgeschaffnen Verklärung.
Schnell erhub er sich, stand, und streckte die Arme gen Himmel:
Wonne mir! du hast mich von neuem aus Staube gerufen!
Ja, nun weis ichs wahrhaftig! du hast mich wieder, Versöhner!
Herrlicher mich, wie in Eden erschaffen! O daß ich dich fände,
Gottversöhner, daß ich den Allmächtigen fände! wie wollt ich
Niederfallen vor ihm! wie ihn anbeten! Du bist uns
Nahe, zwar nicht gesehn, doch bist du uns nahe, Versöhner!
Ja, dieß himmlische Säuseln ist deiner Gegenwart Stimme!
Und auch sie erwachen um mich! Schaut nieder, ihr Engel!
Um den Vater der Menschen erwachen die heiligen Kinder!
Eva begann sich empor zu heben. Wer bin ich geworden?
Bin ich in Eden? Wo bin ich? Jch lebe wieder im Leibe
Meiner ersten Erschaffung? O dort ist Adam! Wie glänzt er!
Und wie glänz ich! O du, deß Wunden einst stralen, wo bist du,
Daß ich eil', und dir danke, du Wiederbringer der Unschuld!
Adam
Der Meſſias.
Jetzt daucht’s Adam, als rief er: Jch werde geſchaffen! geſchaffen!
Und er ſtrebte ſich aufzurichten. Noch kniet’ er im Staube.
Harfen toͤnten ihm zu! ihm ſang der Seraph, und Cherub:
Werde von neuem, und nun auf ewig, geſchaffen! auf ewig!
Siehe, du ſtarbſt, an dem dunkelſten deiner Tage, des Todes,
Adam! O Heil dir Erſtem! erwach! und lebe nun Leben!
Seliges, Adam! wie du, nach deiner Schoͤpfung, nicht lebteſt!
Ach, nun ſtirbſt du des Todes nicht mehr! … Noch kniet’ er im Staube,
Sah noch dunkel. Es ward mit dem auferſtehenden Leibe
Sein aͤtheriſcher Leib, der ſeit dem Tod’ ihn umhuͤllte,
Jetzo vereint. Der wurde des Umgeſchaffnen Verklaͤrung.
Schnell erhub er ſich, ſtand, und ſtreckte die Arme gen Himmel:
Wonne mir! du haſt mich von neuem aus Staube gerufen!
Ja, nun weis ichs wahrhaftig! du haſt mich wieder, Verſoͤhner!
Herrlicher mich, wie in Eden erſchaffen! O daß ich dich faͤnde,
Gottverſoͤhner, daß ich den Allmaͤchtigen faͤnde! wie wollt ich
Niederfallen vor ihm! wie ihn anbeten! Du biſt uns
Nahe, zwar nicht geſehn, doch biſt du uns nahe, Verſoͤhner!
Ja, dieß himmliſche Saͤuſeln iſt deiner Gegenwart Stimme!
Und auch ſie erwachen um mich! Schaut nieder, ihr Engel!
Um den Vater der Menſchen erwachen die heiligen Kinder!
Eva begann ſich empor zu heben. Wer bin ich geworden?
Bin ich in Eden? Wo bin ich? Jch lebe wieder im Leibe
Meiner erſten Erſchaffung? O dort iſt Adam! Wie glaͤnzt er!
Und wie glaͤnz ich! O du, deß Wunden einſt ſtralen, wo biſt du,
Daß ich eil’, und dir danke, du Wiederbringer der Unſchuld!
Adam
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[12/0028] Der Meſſias. Jetzt daucht’s Adam, als rief er: Jch werde geſchaffen! geſchaffen! Und er ſtrebte ſich aufzurichten. Noch kniet’ er im Staube. Harfen toͤnten ihm zu! ihm ſang der Seraph, und Cherub: Werde von neuem, und nun auf ewig, geſchaffen! auf ewig! Siehe, du ſtarbſt, an dem dunkelſten deiner Tage, des Todes, Adam! O Heil dir Erſtem! erwach! und lebe nun Leben! Seliges, Adam! wie du, nach deiner Schoͤpfung, nicht lebteſt! Ach, nun ſtirbſt du des Todes nicht mehr! … Noch kniet’ er im Staube, Sah noch dunkel. Es ward mit dem auferſtehenden Leibe Sein aͤtheriſcher Leib, der ſeit dem Tod’ ihn umhuͤllte, Jetzo vereint. Der wurde des Umgeſchaffnen Verklaͤrung. Schnell erhub er ſich, ſtand, und ſtreckte die Arme gen Himmel: Wonne mir! du haſt mich von neuem aus Staube gerufen! Ja, nun weis ichs wahrhaftig! du haſt mich wieder, Verſoͤhner! Herrlicher mich, wie in Eden erſchaffen! O daß ich dich faͤnde, Gottverſoͤhner, daß ich den Allmaͤchtigen faͤnde! wie wollt ich Niederfallen vor ihm! wie ihn anbeten! Du biſt uns Nahe, zwar nicht geſehn, doch biſt du uns nahe, Verſoͤhner! Ja, dieß himmliſche Saͤuſeln iſt deiner Gegenwart Stimme! Und auch ſie erwachen um mich! Schaut nieder, ihr Engel! Um den Vater der Menſchen erwachen die heiligen Kinder! Eva begann ſich empor zu heben. Wer bin ich geworden? Bin ich in Eden? Wo bin ich? Jch lebe wieder im Leibe Meiner erſten Erſchaffung? O dort iſt Adam! Wie glaͤnzt er! Und wie glaͤnz ich! O du, deß Wunden einſt ſtralen, wo biſt du, Daß ich eil’, und dir danke, du Wiederbringer der Unſchuld! Adam

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Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769/28>, abgerufen am 29.03.2024.