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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749.

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Der Messias.
Und die der Opferpriester am Altar dem Ewigen brachte.
Dies ist der Altar, von dem du, des neuen Bundes Pro-
phete,

An dem Gestade der Patmus die himmlischen Bildungen
sahest;

Hier wars, wo sich in hohen Gewölben der Märtyrer
Stimme

Kläglich erhub; hier weinten die Seelen mit Thränen der
Engel,

Daß der erhabene Richter den Tag der Rache verzögre.
Als itzt zu diesem Altare der Erde der Seraph hinabstieg,
Eilt ihm Adam, der Opferpriester am Altar, entgegen,
Nicht ungesehn; ein ätherischer Leib, helleuchtend gebildet,
Hüllte den seligen Geist in eine verklärte Behausung.
Seine Gestalt war so schön, wie du vor des Schöpfers
Gedanken

Göttliches Bild, als er Adam zu schaffen gedankenvoll
da stand,

Und im gesegneten Schosse der paradiesischen Fluren
Unter ihm heiliges Erdreich zum werdenden Menschen
sich loßwand.

Also gebildet kam Adam zum Seraph. Ein liebliches Lä-
cheln

Machte sein Antlitz wie göttlich, er sprach mit verlangen-
der Stimme:

Sey mir gegrüsset, begnadigter Seraph, du Friedens-
Bote.

Da die Stimme von deiner erhabnen Gesandschaft er-
schallte,

Hub sich mein Geist jubilirend empor. Du theurer Mes-
sias.

Könnt

Der Meſſias.
Und die der Opferprieſter am Altar dem Ewigen brachte.
Dies iſt der Altar, von dem du, des neuen Bundes Pro-
phete,

An dem Geſtade der Patmus die himmliſchen Bildungen
ſaheſt;

Hier wars, wo ſich in hohen Gewoͤlben der Maͤrtyrer
Stimme

Klaͤglich erhub; hier weinten die Seelen mit Thraͤnen der
Engel,

Daß der erhabene Richter den Tag der Rache verzoͤgre.
Als itzt zu dieſem Altare der Erde der Seraph hinabſtieg,
Eilt ihm Adam, der Opferprieſter am Altar, entgegen,
Nicht ungeſehn; ein aͤtheriſcher Leib, helleuchtend gebildet,
Huͤllte den ſeligen Geiſt in eine verklaͤrte Behauſung.
Seine Geſtalt war ſo ſchoͤn, wie du vor des Schoͤpfers
Gedanken

Goͤttliches Bild, als er Adam zu ſchaffen gedankenvoll
da ſtand,

Und im geſegneten Schoſſe der paradieſiſchen Fluren
Unter ihm heiliges Erdreich zum werdenden Menſchen
ſich loßwand.

Alſo gebildet kam Adam zum Seraph. Ein liebliches Laͤ-
cheln

Machte ſein Antlitz wie goͤttlich, er ſprach mit verlangen-
der Stimme:

Sey mir gegruͤſſet, begnadigter Seraph, du Friedens-
Bote.

Da die Stimme von deiner erhabnen Geſandſchaft er-
ſchallte,

Hub ſich mein Geiſt jubilirend empor. Du theurer Meſ-
ſias.

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[30/0034] Der Meſſias. Und die der Opferprieſter am Altar dem Ewigen brachte. Dies iſt der Altar, von dem du, des neuen Bundes Pro- phete, An dem Geſtade der Patmus die himmliſchen Bildungen ſaheſt; Hier wars, wo ſich in hohen Gewoͤlben der Maͤrtyrer Stimme Klaͤglich erhub; hier weinten die Seelen mit Thraͤnen der Engel, Daß der erhabene Richter den Tag der Rache verzoͤgre. Als itzt zu dieſem Altare der Erde der Seraph hinabſtieg, Eilt ihm Adam, der Opferprieſter am Altar, entgegen, Nicht ungeſehn; ein aͤtheriſcher Leib, helleuchtend gebildet, Huͤllte den ſeligen Geiſt in eine verklaͤrte Behauſung. Seine Geſtalt war ſo ſchoͤn, wie du vor des Schoͤpfers Gedanken Goͤttliches Bild, als er Adam zu ſchaffen gedankenvoll da ſtand, Und im geſegneten Schoſſe der paradieſiſchen Fluren Unter ihm heiliges Erdreich zum werdenden Menſchen ſich loßwand. Alſo gebildet kam Adam zum Seraph. Ein liebliches Laͤ- cheln Machte ſein Antlitz wie goͤttlich, er ſprach mit verlangen- der Stimme: Sey mir gegruͤſſet, begnadigter Seraph, du Friedens- Bote. Da die Stimme von deiner erhabnen Geſandſchaft er- ſchallte, Hub ſich mein Geiſt jubilirend empor. Du theurer Meſ- ſias. Koͤnnt

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Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749/34>, abgerufen am 28.03.2024.