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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749.

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Erster Gesang.
Die im Verborgenen über die Werke der Könige herr-
schen,

Wenn sie damit triumphirend, als ihrer Schöpfung, sich
brüsten.

Dann die Hüter der tugendhaften und wenigen Edlen,
Die den denckenden Weisen in seiner Entfernung beglei-
ten,

Wenn er das Menschengewebe der irdischen Seligkeit
fliehet,

Und die Bücher der ewigen Zukunft im Stillen eröffnet.
Auch sind sie oft insgeheim bey einer Versammlung zu-
gegen

Wo der feurige Christ die Herabkunft GOttes empfindet,
Wenn ein brüderlich Volk, durch das Blut des Bundes ge-
heiligt,

Seinem unsterblichen Lamme zu Sion ein Loblied erhe-
bet.

Wenn die Seelen entschlafner Christen ihr todtes Antlitz
Und den Schweis, und die traurigen Züge des siegen-
den Todes,

Und die bezwungne Natur auf ihrem Leichnam erbli-
cken:

So empfangen sie diese Gefährten mit tröstendem Anblick:

Lieber, wir wollen dereinst die Trümmern alle ver-
sammeln;

Eben diese Behausung der Sterblichkeit, dieses Gebeine,
Durch die Hand des gewaltigen Todes so traurig ent-
stellet,

Soll mit dem Morgen des Richters zur neuen Schö-
pfung erwachen.

Kommt
C 4

Erſter Geſang.
Die im Verborgenen uͤber die Werke der Koͤnige herr-
ſchen,

Wenn ſie damit triumphirend, als ihrer Schoͤpfung, ſich
bruͤſten.

Dann die Huͤter der tugendhaften und wenigen Edlen,
Die den denckenden Weiſen in ſeiner Entfernung beglei-
ten,

Wenn er das Menſchengewebe der irdiſchen Seligkeit
fliehet,

Und die Buͤcher der ewigen Zukunft im Stillen eroͤffnet.
Auch ſind ſie oft insgeheim bey einer Verſammlung zu-
gegen

Wo der feurige Chriſt die Herabkunft GOttes empfindet,
Wenn ein bruͤderlich Volk, durch das Blut des Bundes ge-
heiligt,

Seinem unſterblichen Lamme zu Sion ein Loblied erhe-
bet.

Wenn die Seelen entſchlafner Chriſten ihr todtes Antlitz
Und den Schweis, und die traurigen Zuͤge des ſiegen-
den Todes,

Und die bezwungne Natur auf ihrem Leichnam erbli-
cken:

So empfangen ſie dieſe Gefaͤhrten mit troͤſtendem Anblick:

Lieber, wir wollen dereinſt die Truͤmmern alle ver-
ſammeln;

Eben dieſe Behauſung der Sterblichkeit, dieſes Gebeine,
Durch die Hand des gewaltigen Todes ſo traurig ent-
ſtellet,

Soll mit dem Morgen des Richters zur neuen Schoͤ-
pfung erwachen.

Kommt
C 4
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[39/0043] Erſter Geſang. Die im Verborgenen uͤber die Werke der Koͤnige herr- ſchen, Wenn ſie damit triumphirend, als ihrer Schoͤpfung, ſich bruͤſten. Dann die Huͤter der tugendhaften und wenigen Edlen, Die den denckenden Weiſen in ſeiner Entfernung beglei- ten, Wenn er das Menſchengewebe der irdiſchen Seligkeit fliehet, Und die Buͤcher der ewigen Zukunft im Stillen eroͤffnet. Auch ſind ſie oft insgeheim bey einer Verſammlung zu- gegen Wo der feurige Chriſt die Herabkunft GOttes empfindet, Wenn ein bruͤderlich Volk, durch das Blut des Bundes ge- heiligt, Seinem unſterblichen Lamme zu Sion ein Loblied erhe- bet. Wenn die Seelen entſchlafner Chriſten ihr todtes Antlitz Und den Schweis, und die traurigen Zuͤge des ſiegen- den Todes, Und die bezwungne Natur auf ihrem Leichnam erbli- cken: So empfangen ſie dieſe Gefaͤhrten mit troͤſtendem Anblick: Lieber, wir wollen dereinſt die Truͤmmern alle ver- ſammeln; Eben dieſe Behauſung der Sterblichkeit, dieſes Gebeine, Durch die Hand des gewaltigen Todes ſo traurig ent- ſtellet, Soll mit dem Morgen des Richters zur neuen Schoͤ- pfung erwachen. Kommt C 4

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Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749/43>, abgerufen am 18.04.2024.