Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Oden. Hamburg, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

O Jüngling, der den Wasserkothurn
Zu beseelen weiß, und flüchtiger tanzt,
Laß der Stadt ihren Kamin! Komm mit mir,
Wo des Krystalls Ebne dir winkt!
Sein Licht hat er in Düfte gehüllt,
Wie erhellt des Winters werdender Tag
Sanft den See! Glänzenden Reif, Sternen gleich,
Streute die Nacht über ihn aus!
Wie schweigt um uns das weisse Gefild!
Wie ertönt vom jungem Froste die Bahn!
Fern verräth deines Kothurns Schall dich mir,
Wenn du dem Blick, Flüchtling, enteilst.
Wir haben doch zum Schmause genung
Von des Halmes Frucht? und Freuden des Weins?
Winterluft reizt die Begier nach dem Mahl;
Flügel am Fuß reizen sie mehr!
Zur Linken wende du dich, ich will
Zu der Rechten hin halbkreisend mich drehn.
Nimm den Schwung, wie du mich ihn nehmen
siehst.

Also! nun fleug schnell mir vorbey!
So gehen wir den schlängelnden Gang
An dem langen Ufer schwebend hinab.
Künstle nicht! Stellung, wie die, lieb' ich nicht,
Zeichnet dir auch Preisler nicht nach.

Was

O Juͤngling, der den Waſſerkothurn
Zu beſeelen weiß, und fluͤchtiger tanzt,
Laß der Stadt ihren Kamin! Komm mit mir,
Wo des Kryſtalls Ebne dir winkt!
Sein Licht hat er in Duͤfte gehuͤllt,
Wie erhellt des Winters werdender Tag
Sanft den See! Glaͤnzenden Reif, Sternen gleich,
Streute die Nacht uͤber ihn aus!
Wie ſchweigt um uns das weiſſe Gefild!
Wie ertoͤnt vom jungem Froſte die Bahn!
Fern verraͤth deines Kothurns Schall dich mir,
Wenn du dem Blick, Fluͤchtling, enteilſt.
Wir haben doch zum Schmauſe genung
Von des Halmes Frucht? und Freuden des Weins?
Winterluft reizt die Begier nach dem Mahl;
Fluͤgel am Fuß reizen ſie mehr!
Zur Linken wende du dich, ich will
Zu der Rechten hin halbkreiſend mich drehn.
Nimm den Schwung, wie du mich ihn nehmen
ſiehſt.

Alſo! nun fleug ſchnell mir vorbey!
So gehen wir den ſchlaͤngelnden Gang
An dem langen Ufer ſchwebend hinab.
Kuͤnſtle nicht! Stellung, wie die, lieb’ ich nicht,
Zeichnet dir auch Preisler nicht nach.

Was
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg>
            <pb facs="#f0160" n="152"/>
            <lg n="141">
              <l><hi rendition="#in">O</hi> Ju&#x0364;ngling, der den Wa&#x017F;&#x017F;erkothurn</l><lb/>
              <l>Zu be&#x017F;eelen weiß, und flu&#x0364;chtiger tanzt,</l><lb/>
              <l>Laß der Stadt ihren Kamin! Komm mit mir,</l><lb/>
              <l>Wo des Kry&#x017F;talls Ebne dir winkt!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="142">
              <l><hi rendition="#in">S</hi>ein Licht hat er in Du&#x0364;fte gehu&#x0364;llt,</l><lb/>
              <l>Wie erhellt des Winters werdender Tag</l><lb/>
              <l>Sanft den See! Gla&#x0364;nzenden Reif, Sternen gleich,</l><lb/>
              <l>Streute die Nacht u&#x0364;ber ihn aus!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="143">
              <l><hi rendition="#in">W</hi>ie &#x017F;chweigt um uns das wei&#x017F;&#x017F;e Gefild!</l><lb/>
              <l>Wie erto&#x0364;nt vom jungem Fro&#x017F;te die Bahn!</l><lb/>
              <l>Fern verra&#x0364;th deines Kothurns Schall dich mir,</l><lb/>
              <l>Wenn du dem Blick, Flu&#x0364;chtling, enteil&#x017F;t.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="144">
              <l><hi rendition="#in">W</hi>ir haben doch zum Schmau&#x017F;e genung</l><lb/>
              <l>Von des Halmes Frucht? und Freuden des Weins?</l><lb/>
              <l>Winterluft reizt die Begier nach dem Mahl;</l><lb/>
              <l>Flu&#x0364;gel am Fuß reizen &#x017F;ie mehr!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="145">
              <l><hi rendition="#in">Z</hi>ur Linken wende du dich, ich will</l><lb/>
              <l>Zu der Rechten hin halbkrei&#x017F;end mich drehn.</l><lb/>
              <l>Nimm den Schwung, wie du mich ihn nehmen<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;ieh&#x017F;t.</hi></l><lb/>
              <l>Al&#x017F;o! nun fleug &#x017F;chnell mir vorbey!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="146">
              <l><hi rendition="#in">S</hi>o gehen wir den &#x017F;chla&#x0364;ngelnden Gang</l><lb/>
              <l>An dem langen Ufer &#x017F;chwebend hinab.</l><lb/>
              <l>Ku&#x0364;n&#x017F;tle nicht! Stellung, wie die, lieb&#x2019; ich nicht,</l><lb/>
              <l>Zeichnet dir auch Preisler nicht nach.</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Was</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[152/0160] O Juͤngling, der den Waſſerkothurn Zu beſeelen weiß, und fluͤchtiger tanzt, Laß der Stadt ihren Kamin! Komm mit mir, Wo des Kryſtalls Ebne dir winkt! Sein Licht hat er in Duͤfte gehuͤllt, Wie erhellt des Winters werdender Tag Sanft den See! Glaͤnzenden Reif, Sternen gleich, Streute die Nacht uͤber ihn aus! Wie ſchweigt um uns das weiſſe Gefild! Wie ertoͤnt vom jungem Froſte die Bahn! Fern verraͤth deines Kothurns Schall dich mir, Wenn du dem Blick, Fluͤchtling, enteilſt. Wir haben doch zum Schmauſe genung Von des Halmes Frucht? und Freuden des Weins? Winterluft reizt die Begier nach dem Mahl; Fluͤgel am Fuß reizen ſie mehr! Zur Linken wende du dich, ich will Zu der Rechten hin halbkreiſend mich drehn. Nimm den Schwung, wie du mich ihn nehmen ſiehſt. Alſo! nun fleug ſchnell mir vorbey! So gehen wir den ſchlaͤngelnden Gang An dem langen Ufer ſchwebend hinab. Kuͤnſtle nicht! Stellung, wie die, lieb’ ich nicht, Zeichnet dir auch Preisler nicht nach. Was

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_oden_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_oden_1771/160
Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Oden. Hamburg, 1771, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_oden_1771/160>, abgerufen am 28.03.2024.