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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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Fortbildung des Rechtsschutzes.
nicht weil dadurch der Besitz des Unternehmers geschmälert
würde, sondern wegen der rechtswidrigen Aneignung des Pro-
ductes seiner Arbeit -- ist beides an solchen Orten undenk-
bar, wo trinkbares Wasser in beliebiger Menge ohne Ar-
beit erlangt werden kann. Eigenthum wird also nur durch
Arbeit erworben und nur diejenigen Güter, welche durch Ar-
beit erworben werden müssen, zählen zu den Gegenständen
des Eigenthumes. Nach dem Gesetze der Theilung der Arbeit
geht aber aller Besitz der Regel nach aus der Arbeit Mehrerer
hervor. Der Erwerbung des Eigenthumes vorgängig bestand
also ein Vertrag, welcher die Theilnahme eines Jeden an der
zu leistenden Arbeit und an deren Früchten regelte; und die
erste Rechtsnorm ging nicht aus dem Besitze, sondern aus
dem Bedürfnisse hervor, die Kräfte Mehrerer zu einem Ziele
zu vereinigen.

Der Inhalt des Rechtes ist diesem seinem Ursprunge ge-
mäss. Es verfolgt den Zweck, jedem die Früchte seiner Arbeit
und die Theilnahme an den Früchten der gemeinschaftlichen
Arbeit zu sichern, sowohl dem Eigenthümer, der die aufge-
sammelten Früchte früherer Arbeit als Kapital nutzen, als
auch dem Unternehmer, der fremde Kapitalien mit eigener
Arbeit und umgekehrt durch Verträge nutzbar zu machen be-
müht ist, als auch endlich dem Arbeiter sowohl auf dem
geistigen als auf dem materiellen Gebiete, durch dessen Thä-
tigkeit ursprünglich alle Güter hervorgebracht werden. Es
verfolgt diesen Zweck nach verschiedenen Richtungen und mit
verschiedenem Erfolge. Am vollkommensten wird die Rechts-
idee zur Geltung gebracht in dem Eigenthume, durch welches
dem Einzelnen der uneingeschränkte und ausschliessliche Ge-
nuss der Güter gesichert wird, die er durch seine Thätigkeit
mittelbar oder unmittelbar erworben hat. Minder vollkommen
ist die Herrschaft des Rechtes auf dem Gebiete der Vertrags-
verhältnisse. Die gegenseitigen Leistungen, die den Inhalt des
Vertrages ausmachen, sind selten einer so festen Begrenzung
und einer so scharfen Bestimmung fähig, als die greifbaren
Objecte des Eigenthumes. Ihr Inhalt wird durch den Wechsel
der Zeit und des Ortes, durch die Person des Leistenden und
durch die Veränderung zahlreicher anderer Umstände ebenfalls
verändert. Deshalb galten im ältesten römischen Rechte nur
einzelne fest bestimmte Forderungsrechte für klagbar. Für

Fortbildung des Rechtsschutzes.
nicht weil dadurch der Besitz des Unternehmers geschmälert
würde, sondern wegen der rechtswidrigen Aneignung des Pro-
ductes seiner Arbeit — ist beides an solchen Orten undenk-
bar, wo trinkbares Wasser in beliebiger Menge ohne Ar-
beit erlangt werden kann. Eigenthum wird also nur durch
Arbeit erworben und nur diejenigen Güter, welche durch Ar-
beit erworben werden müssen, zählen zu den Gegenständen
des Eigenthumes. Nach dem Gesetze der Theilung der Arbeit
geht aber aller Besitz der Regel nach aus der Arbeit Mehrerer
hervor. Der Erwerbung des Eigenthumes vorgängig bestand
also ein Vertrag, welcher die Theilnahme eines Jeden an der
zu leistenden Arbeit und an deren Früchten regelte; und die
erste Rechtsnorm ging nicht aus dem Besitze, sondern aus
dem Bedürfnisse hervor, die Kräfte Mehrerer zu einem Ziele
zu vereinigen.

Der Inhalt des Rechtes ist diesem seinem Ursprunge ge-
mäss. Es verfolgt den Zweck, jedem die Früchte seiner Arbeit
und die Theilnahme an den Früchten der gemeinschaftlichen
Arbeit zu sichern, sowohl dem Eigenthümer, der die aufge-
sammelten Früchte früherer Arbeit als Kapital nutzen, als
auch dem Unternehmer, der fremde Kapitalien mit eigener
Arbeit und umgekehrt durch Verträge nutzbar zu machen be-
müht ist, als auch endlich dem Arbeiter sowohl auf dem
geistigen als auf dem materiellen Gebiete, durch dessen Thä-
tigkeit ursprünglich alle Güter hervorgebracht werden. Es
verfolgt diesen Zweck nach verschiedenen Richtungen und mit
verschiedenem Erfolge. Am vollkommensten wird die Rechts-
idee zur Geltung gebracht in dem Eigenthume, durch welches
dem Einzelnen der uneingeschränkte und ausschliessliche Ge-
nuss der Güter gesichert wird, die er durch seine Thätigkeit
mittelbar oder unmittelbar erworben hat. Minder vollkommen
ist die Herrschaft des Rechtes auf dem Gebiete der Vertrags-
verhältnisse. Die gegenseitigen Leistungen, die den Inhalt des
Vertrages ausmachen, sind selten einer so festen Begrenzung
und einer so scharfen Bestimmung fähig, als die greifbaren
Objecte des Eigenthumes. Ihr Inhalt wird durch den Wechsel
der Zeit und des Ortes, durch die Person des Leistenden und
durch die Veränderung zahlreicher anderer Umstände ebenfalls
verändert. Deshalb galten im ältesten römischen Rechte nur
einzelne fest bestimmte Forderungsrechte für klagbar. Für

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[11/0027] Fortbildung des Rechtsschutzes. nicht weil dadurch der Besitz des Unternehmers geschmälert würde, sondern wegen der rechtswidrigen Aneignung des Pro- ductes seiner Arbeit — ist beides an solchen Orten undenk- bar, wo trinkbares Wasser in beliebiger Menge ohne Ar- beit erlangt werden kann. Eigenthum wird also nur durch Arbeit erworben und nur diejenigen Güter, welche durch Ar- beit erworben werden müssen, zählen zu den Gegenständen des Eigenthumes. Nach dem Gesetze der Theilung der Arbeit geht aber aller Besitz der Regel nach aus der Arbeit Mehrerer hervor. Der Erwerbung des Eigenthumes vorgängig bestand also ein Vertrag, welcher die Theilnahme eines Jeden an der zu leistenden Arbeit und an deren Früchten regelte; und die erste Rechtsnorm ging nicht aus dem Besitze, sondern aus dem Bedürfnisse hervor, die Kräfte Mehrerer zu einem Ziele zu vereinigen. Der Inhalt des Rechtes ist diesem seinem Ursprunge ge- mäss. Es verfolgt den Zweck, jedem die Früchte seiner Arbeit und die Theilnahme an den Früchten der gemeinschaftlichen Arbeit zu sichern, sowohl dem Eigenthümer, der die aufge- sammelten Früchte früherer Arbeit als Kapital nutzen, als auch dem Unternehmer, der fremde Kapitalien mit eigener Arbeit und umgekehrt durch Verträge nutzbar zu machen be- müht ist, als auch endlich dem Arbeiter sowohl auf dem geistigen als auf dem materiellen Gebiete, durch dessen Thä- tigkeit ursprünglich alle Güter hervorgebracht werden. Es verfolgt diesen Zweck nach verschiedenen Richtungen und mit verschiedenem Erfolge. Am vollkommensten wird die Rechts- idee zur Geltung gebracht in dem Eigenthume, durch welches dem Einzelnen der uneingeschränkte und ausschliessliche Ge- nuss der Güter gesichert wird, die er durch seine Thätigkeit mittelbar oder unmittelbar erworben hat. Minder vollkommen ist die Herrschaft des Rechtes auf dem Gebiete der Vertrags- verhältnisse. Die gegenseitigen Leistungen, die den Inhalt des Vertrages ausmachen, sind selten einer so festen Begrenzung und einer so scharfen Bestimmung fähig, als die greifbaren Objecte des Eigenthumes. Ihr Inhalt wird durch den Wechsel der Zeit und des Ortes, durch die Person des Leistenden und durch die Veränderung zahlreicher anderer Umstände ebenfalls verändert. Deshalb galten im ältesten römischen Rechte nur einzelne fest bestimmte Forderungsrechte für klagbar. Für

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/27>, abgerufen am 23.04.2024.