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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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Rein gemeinnützige Erfindungen.
Wohlstand gehoben ist, haben aus ihrem geistigen Eigenthum
für sich keinen andern Nutzen ziehen können, als der ihnen
etwa in der Gestalt freiwilliger öffentlicher Belohnungen ge-
währt worden ist.

Wenn aber der Schutz des geistigen Eigenthumes nicht
allen Richtungen der Geistesthätigkeit gleichmässig zu Theil
wird, so hat dies hauptsächlich darin seinen Grund, dass nicht
alle geistige Thätigkeit gleichmässig auf den Gelderwerb ge-
richtet ist, dass ein grosser und wichtiger Theil der geisti-
gen Arbeit Ziele verfolgt, bei welchen der materielle Gewinn
der Arbeit nur nebensächlich ist oder ganz bei Seite gesetzt
wird.

In wie weit aus diesem Umstande ein Einwand gegen die
Berechtigung des geistigen Eigenthumes und gegen die Zuläs-
sigkeit eines Rechtsschutzes für dasselbe abgeleitet werden kann,
soll weiter unten erörtert werden. Hier genügt es zu consta-
tiren, dass der Schutz des geistigen Eigenthumes trotz seiner
beschränkten Wirksamkeit in der neueren Gesetzgebung aller
Staaten zu immer grösserer Anerkennung gelangt ist und dass
selbst blühende Gewerbzweige, die auf dem für rechtswidrig
erkannten Boden des internationalen Nachdrucks in einigen
Staaten wie in Belgien und in Sachsen gegründet waren, ohne
Nachsicht dieser nothwendigen Forderung des Rechtes geopfert
worden sind.

Die Fortschritte der Gesetzgebung bestehen theils in der
successiven Ausdehnung des Rechtsschutzes auf alle Zweige der
geistigen Arbeit, theils in der Herstellung eines internationalen
Rechtes, durch welches ein Eigenthum an Schriften und Kunst-
werken auch über die Grenzen des einzelnen Staates hinaus
für alle vertragschliessenden, oder nur dem Grundsatze der
Reciprocität beitretenden Staaten anerkannt wurde.

Mit diesen Fortschritten der neueren Gesetzgebung geht
Hand in Hand eine gesteigerte Thätigkeit auf dem Gebiete der
Rechtswissenschaft. Ja! man darf behaupten, dass in der neue-
ren juristischen Literatur wenige Fragen einer so vielseitigen
und ausführlichen Erörterung unterzogen sind, als die Grund-
begriffe des geistigen Eigenthumes. Dennoch hat diese lange
fortgesetzte Erörterung noch zu keinem Einverständnisse, nicht
einmal zu einer communis doctorum opinio geführt. Es stehen
sich vielmehr noch heute vier verschiedene theoretische Auf-

Rein gemeinnützige Erfindungen.
Wohlstand gehoben ist, haben aus ihrem geistigen Eigenthum
für sich keinen andern Nutzen ziehen können, als der ihnen
etwa in der Gestalt freiwilliger öffentlicher Belohnungen ge-
währt worden ist.

Wenn aber der Schutz des geistigen Eigenthumes nicht
allen Richtungen der Geistesthätigkeit gleichmässig zu Theil
wird, so hat dies hauptsächlich darin seinen Grund, dass nicht
alle geistige Thätigkeit gleichmässig auf den Gelderwerb ge-
richtet ist, dass ein grosser und wichtiger Theil der geisti-
gen Arbeit Ziele verfolgt, bei welchen der materielle Gewinn
der Arbeit nur nebensächlich ist oder ganz bei Seite gesetzt
wird.

In wie weit aus diesem Umstande ein Einwand gegen die
Berechtigung des geistigen Eigenthumes und gegen die Zuläs-
sigkeit eines Rechtsschutzes für dasselbe abgeleitet werden kann,
soll weiter unten erörtert werden. Hier genügt es zu consta-
tiren, dass der Schutz des geistigen Eigenthumes trotz seiner
beschränkten Wirksamkeit in der neueren Gesetzgebung aller
Staaten zu immer grösserer Anerkennung gelangt ist und dass
selbst blühende Gewerbzweige, die auf dem für rechtswidrig
erkannten Boden des internationalen Nachdrucks in einigen
Staaten wie in Belgien und in Sachsen gegründet waren, ohne
Nachsicht dieser nothwendigen Forderung des Rechtes geopfert
worden sind.

Die Fortschritte der Gesetzgebung bestehen theils in der
successiven Ausdehnung des Rechtsschutzes auf alle Zweige der
geistigen Arbeit, theils in der Herstellung eines internationalen
Rechtes, durch welches ein Eigenthum an Schriften und Kunst-
werken auch über die Grenzen des einzelnen Staates hinaus
für alle vertragschliessenden, oder nur dem Grundsatze der
Reciprocität beitretenden Staaten anerkannt wurde.

Mit diesen Fortschritten der neueren Gesetzgebung geht
Hand in Hand eine gesteigerte Thätigkeit auf dem Gebiete der
Rechtswissenschaft. Ja! man darf behaupten, dass in der neue-
ren juristischen Literatur wenige Fragen einer so vielseitigen
und ausführlichen Erörterung unterzogen sind, als die Grund-
begriffe des geistigen Eigenthumes. Dennoch hat diese lange
fortgesetzte Erörterung noch zu keinem Einverständnisse, nicht
einmal zu einer communis doctorum opinio geführt. Es stehen
sich vielmehr noch heute vier verschiedene theoretische Auf-

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[21/0037] Rein gemeinnützige Erfindungen. Wohlstand gehoben ist, haben aus ihrem geistigen Eigenthum für sich keinen andern Nutzen ziehen können, als der ihnen etwa in der Gestalt freiwilliger öffentlicher Belohnungen ge- währt worden ist. Wenn aber der Schutz des geistigen Eigenthumes nicht allen Richtungen der Geistesthätigkeit gleichmässig zu Theil wird, so hat dies hauptsächlich darin seinen Grund, dass nicht alle geistige Thätigkeit gleichmässig auf den Gelderwerb ge- richtet ist, dass ein grosser und wichtiger Theil der geisti- gen Arbeit Ziele verfolgt, bei welchen der materielle Gewinn der Arbeit nur nebensächlich ist oder ganz bei Seite gesetzt wird. In wie weit aus diesem Umstande ein Einwand gegen die Berechtigung des geistigen Eigenthumes und gegen die Zuläs- sigkeit eines Rechtsschutzes für dasselbe abgeleitet werden kann, soll weiter unten erörtert werden. Hier genügt es zu consta- tiren, dass der Schutz des geistigen Eigenthumes trotz seiner beschränkten Wirksamkeit in der neueren Gesetzgebung aller Staaten zu immer grösserer Anerkennung gelangt ist und dass selbst blühende Gewerbzweige, die auf dem für rechtswidrig erkannten Boden des internationalen Nachdrucks in einigen Staaten wie in Belgien und in Sachsen gegründet waren, ohne Nachsicht dieser nothwendigen Forderung des Rechtes geopfert worden sind. Die Fortschritte der Gesetzgebung bestehen theils in der successiven Ausdehnung des Rechtsschutzes auf alle Zweige der geistigen Arbeit, theils in der Herstellung eines internationalen Rechtes, durch welches ein Eigenthum an Schriften und Kunst- werken auch über die Grenzen des einzelnen Staates hinaus für alle vertragschliessenden, oder nur dem Grundsatze der Reciprocität beitretenden Staaten anerkannt wurde. Mit diesen Fortschritten der neueren Gesetzgebung geht Hand in Hand eine gesteigerte Thätigkeit auf dem Gebiete der Rechtswissenschaft. Ja! man darf behaupten, dass in der neue- ren juristischen Literatur wenige Fragen einer so vielseitigen und ausführlichen Erörterung unterzogen sind, als die Grund- begriffe des geistigen Eigenthumes. Dennoch hat diese lange fortgesetzte Erörterung noch zu keinem Einverständnisse, nicht einmal zu einer communis doctorum opinio geführt. Es stehen sich vielmehr noch heute vier verschiedene theoretische Auf-

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/37>, abgerufen am 28.03.2024.