eingenommen vor oder gegen eine Sache, vor oder gegen eine Person; werden sie von Phan¬ tasie oder Leidenschaft irre geleitet; haben sie unanständige oder schädliche Gewohnheiten an sich; findet man in ihrer Art zu leben und zu wirthschaften etwas mit Grunde auszusetzen, und man untersteht sich, hierüber etwas zu sa¬ gen; so schlägt das Feuer aller Orten heraus. Andre werden hiedurch nicht sowohl beleidigt, als gekränkt. Sie sind gewöhnt, sich so zu verzärteln, daß sie die Stimme der Wahrheit gar nicht hören können. Man soll nur von solchen Dingen mit ihnen reden, die ihren fau¬ len Seelen: Schlummer befördern. -- "Wenn "ich Dich bitten darf;" sagen sie, "so laß uns "davon abbrechen! das sind Gegenstände, die "ich nicht gern in mein Gedächtniß zurückrufe. "Es ist nun einmal nicht anders; Ich weiß "wohl, daß ich Unrecht habe, daß ich vielleicht "anders handeln sollte; aber es würde einen "zu schweren Kampf kosten -- meine Gesund¬ "heit, meine Ruhe, meine schwachen Nerven "vertragen es nicht, daß ich ernstlich darüber "nachsinne." -- Pfui! ein Mensch von fe¬ stem Character, und der ernstlich das Gute
liebt
Q 4
eingenommen vor oder gegen eine Sache, vor oder gegen eine Perſon; werden ſie von Phan¬ taſie oder Leidenſchaft irre geleitet; haben ſie unanſtaͤndige oder ſchaͤdliche Gewohnheiten an ſich; findet man in ihrer Art zu leben und zu wirthſchaften etwas mit Grunde auszuſetzen, und man unterſteht ſich, hieruͤber etwas zu ſa¬ gen; ſo ſchlaͤgt das Feuer aller Orten heraus. Andre werden hiedurch nicht ſowohl beleidigt, als gekraͤnkt. Sie ſind gewoͤhnt, ſich ſo zu verzaͤrteln, daß ſie die Stimme der Wahrheit gar nicht hoͤren koͤnnen. Man ſoll nur von ſolchen Dingen mit ihnen reden, die ihren fau¬ len Seelen: Schlummer befoͤrdern. — „Wenn „ich Dich bitten darf;“ ſagen ſie, „ſo laß uns „davon abbrechen! das ſind Gegenſtaͤnde, die „ich nicht gern in mein Gedaͤchtniß zuruͤckrufe. „Es iſt nun einmal nicht anders; Ich weiß „wohl, daß ich Unrecht habe, daß ich vielleicht „anders handeln ſollte; aber es wuͤrde einen „zu ſchweren Kampf koſten — meine Geſund¬ „heit, meine Ruhe, meine ſchwachen Nerven „vertragen es nicht, daß ich ernſtlich daruͤber „nachſinne.“ — Pfui! ein Menſch von fe¬ ſtem Character, und der ernſtlich das Gute
liebt
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eingenommen vor oder gegen eine Sache, vor
oder gegen eine Perſon; werden ſie von Phan¬
taſie oder Leidenſchaft irre geleitet; haben ſie
unanſtaͤndige oder ſchaͤdliche Gewohnheiten an
ſich; findet man in ihrer Art zu leben und zu
wirthſchaften etwas mit Grunde auszuſetzen,
und man unterſteht ſich, hieruͤber etwas zu ſa¬
gen; ſo ſchlaͤgt das Feuer aller Orten heraus.
Andre werden hiedurch nicht ſowohl beleidigt,
als gekraͤnkt. Sie ſind gewoͤhnt, ſich ſo zu
verzaͤrteln, daß ſie die Stimme der Wahrheit
gar nicht hoͤren koͤnnen. Man ſoll nur von
ſolchen Dingen mit ihnen reden, die ihren fau¬
len Seelen: Schlummer befoͤrdern. — „Wenn
„ich Dich bitten darf;“ ſagen ſie, „ſo laß uns
„davon abbrechen! das ſind Gegenſtaͤnde, die
„ich nicht gern in mein Gedaͤchtniß zuruͤckrufe.
„Es iſt nun einmal nicht anders; Ich weiß
„wohl, daß ich Unrecht habe, daß ich vielleicht
„anders handeln ſollte; aber es wuͤrde einen
„zu ſchweren Kampf koſten — meine Geſund¬
„heit, meine Ruhe, meine ſchwachen Nerven
„vertragen es nicht, daß ich ernſtlich daruͤber
„nachſinne.“ — Pfui! ein Menſch von fe¬
ſtem Character, und der ernſtlich das Gute
liebt
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/277>, abgerufen am 29.03.2024.
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