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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788.

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die Leute unterhalten, amüsirt seyn wollen;
daß selbst der unterrichtendste Umgang ihnen
in der Länge ermüdend vorkömmt, wenn er
nicht zuweilen durch Witz und gute Laune ge¬
würzt wird; daß ferner nichts in der Welt ih¬
nen so witzreich, so weise und so ergötzend scheint,
als wenn man sie lobt, ihnen etwas Schmei¬
chelhaftes sagt; daß es aber unter der Würde
eines klugen Mannes ist, den Spaßmacher, und
eines redlichen Mannes unwerth, den niedri¬
gen Schmeichler zu machen. Allein es giebt
einen gewissen Mittelweg, diesen rathe ich ein¬
zuschlagen, und da jeder Mensch doch wenig¬
stens Eine gute Seite hat, die man loben darf,
und dies Lob, wenn es nicht übertrieben wird,
aus dem: Munde eines verständigen Mannes,
Sporn zu größerer Vervollkommung werden
kann; so ist das Wink genug für Den, der mich
verstehn will.

Zeige, so viel du kannst, eine immer glei¬
che, heitere Stirne! Nichts ist reizender und
liebenswürdiger, als eine gewisse frohe, mun¬
tre Gemüthsart, die aus der Quelle eines
schuldlosen, nicht von heftigen Leidenschaften
in Tumult gesetzten Herzens hervorströmt.

Wer

die Leute unterhalten, amuͤſirt ſeyn wollen;
daß ſelbſt der unterrichtendſte Umgang ihnen
in der Laͤnge ermuͤdend vorkoͤmmt, wenn er
nicht zuweilen durch Witz und gute Laune ge¬
wuͤrzt wird; daß ferner nichts in der Welt ih¬
nen ſo witzreich, ſo weiſe und ſo ergoͤtzend ſcheint,
als wenn man ſie lobt, ihnen etwas Schmei¬
chelhaftes ſagt; daß es aber unter der Wuͤrde
eines klugen Mannes iſt, den Spaßmacher, und
eines redlichen Mannes unwerth, den niedri¬
gen Schmeichler zu machen. Allein es giebt
einen gewiſſen Mittelweg, dieſen rathe ich ein¬
zuſchlagen, und da jeder Menſch doch wenig¬
ſtens Eine gute Seite hat, die man loben darf,
und dies Lob, wenn es nicht uͤbertrieben wird,
aus dem: Munde eines verſtaͤndigen Mannes,
Sporn zu groͤßerer Vervollkommung werden
kann; ſo iſt das Wink genug fuͤr Den, der mich
verſtehn will.

Zeige, ſo viel du kannſt, eine immer glei¬
che, heitere Stirne! Nichts iſt reizender und
liebenswuͤrdiger, als eine gewiſſe frohe, mun¬
tre Gemuͤthsart, die aus der Quelle eines
ſchuldloſen, nicht von heftigen Leidenſchaften
in Tumult geſetzten Herzens hervorſtroͤmt.

Wer
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[60/0090] die Leute unterhalten, amuͤſirt ſeyn wollen; daß ſelbſt der unterrichtendſte Umgang ihnen in der Laͤnge ermuͤdend vorkoͤmmt, wenn er nicht zuweilen durch Witz und gute Laune ge¬ wuͤrzt wird; daß ferner nichts in der Welt ih¬ nen ſo witzreich, ſo weiſe und ſo ergoͤtzend ſcheint, als wenn man ſie lobt, ihnen etwas Schmei¬ chelhaftes ſagt; daß es aber unter der Wuͤrde eines klugen Mannes iſt, den Spaßmacher, und eines redlichen Mannes unwerth, den niedri¬ gen Schmeichler zu machen. Allein es giebt einen gewiſſen Mittelweg, dieſen rathe ich ein¬ zuſchlagen, und da jeder Menſch doch wenig¬ ſtens Eine gute Seite hat, die man loben darf, und dies Lob, wenn es nicht uͤbertrieben wird, aus dem: Munde eines verſtaͤndigen Mannes, Sporn zu groͤßerer Vervollkommung werden kann; ſo iſt das Wink genug fuͤr Den, der mich verſtehn will. Zeige, ſo viel du kannſt, eine immer glei¬ che, heitere Stirne! Nichts iſt reizender und liebenswuͤrdiger, als eine gewiſſe frohe, mun¬ tre Gemuͤthsart, die aus der Quelle eines ſchuldloſen, nicht von heftigen Leidenſchaften in Tumult geſetzten Herzens hervorſtroͤmt. Wer

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Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/90>, abgerufen am 28.03.2024.