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Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784.

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mensch auf Otaheite aus: "es klingt so euro-
päisch, vielleicht gehört dies zu euren so hochge-
priesenen, mir noch unbekannten Tugenden; sind
sie alle von dem Schlage, so gehab dich wol Eu-
ropäer! ich beneide dich nicht um deine Tugen-
den, und will dann gern mit ihnen unbekannt
bleiben."

O, Glük der Menschheit -- der uuent-
weihten Menschheit!
nicht Sinn und Ver-
stand zu haben für den Begrif, Morden der
Unschuld!
es ist ein entsezliches heilloses Opfer,
und wirds ewig bleiben -- das Opfer der Un-
schuld!
es heisse nun Bettler oder König, ge-
schlachtet im Jrrtum und nach der besten Form

dis etwa mit zu den Attributen eines weisen
Volks gehört, so sich anmaßt andern Völkern
Vorschriften zu geben? Wol uns rohen Deut-
schen!
wenn wir keinen Sinn für das Wort
Morden der Unschuld haben, denn die bluti-
gen Schatten eines Langlade, Montbailly,
Lawson, Sirmen
und Calas, werden einst
aufstehen, und wider ihr Volk, und deren
Richter zeugen. Jch habe diese Geschichte un-
ter vielen ausgehoben, und aus einem französi-
schen Originalwerk entlehnt, und sie kann auch
für Deutschlands Richter lehrreich sein, weil
auch deutsche Richter so handeln.

menſch auf Otaheite aus: „es klingt ſo euro-
paͤiſch, vielleicht gehoͤrt dies zu euren ſo hochge-
prieſenen, mir noch unbekannten Tugenden; ſind
ſie alle von dem Schlage, ſo gehab dich wol Eu-
ropaͤer! ich beneide dich nicht um deine Tugen-
den, und will dann gern mit ihnen unbekannt
bleiben.‟

O, Gluͤk der Menſchheit — der uuent-
weihten Menſchheit!
nicht Sinn und Ver-
ſtand zu haben fuͤr den Begrif, Morden der
Unſchuld!
es iſt ein entſezliches heilloſes Opfer,
und wirds ewig bleiben — das Opfer der Un-
ſchuld!
es heiſſe nun Bettler oder Koͤnig, ge-
ſchlachtet im Jrrtum und nach der beſten Form

dis etwa mit zu den Attributen eines weiſen
Volks gehoͤrt, ſo ſich anmaßt andern Voͤlkern
Vorſchriften zu geben? Wol uns rohen Deut-
ſchen!
wenn wir keinen Sinn fuͤr das Wort
Morden der Unſchuld haben, denn die bluti-
gen Schatten eines Langlade, Montbailly,
Lawſon, Sirmen
und Calas, werden einſt
aufſtehen, und wider ihr Volk, und deren
Richter zeugen. Jch habe dieſe Geſchichte un-
ter vielen ausgehoben, und aus einem franzoͤſi-
ſchen Originalwerk entlehnt, und ſie kann auch
fuͤr Deutſchlands Richter lehrreich ſein, weil
auch deutſche Richter ſo handeln.
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[178/0186] menſch auf Otaheite aus: „es klingt ſo euro- paͤiſch, vielleicht gehoͤrt dies zu euren ſo hochge- prieſenen, mir noch unbekannten Tugenden; ſind ſie alle von dem Schlage, ſo gehab dich wol Eu- ropaͤer! ich beneide dich nicht um deine Tugen- den, und will dann gern mit ihnen unbekannt bleiben.‟ O, Gluͤk der Menſchheit — der uuent- weihten Menſchheit! nicht Sinn und Ver- ſtand zu haben fuͤr den Begrif, Morden der Unſchuld! es iſt ein entſezliches heilloſes Opfer, und wirds ewig bleiben — das Opfer der Un- ſchuld! es heiſſe nun Bettler oder Koͤnig, ge- ſchlachtet im Jrrtum und nach der beſten Form *) *) dis etwa mit zu den Attributen eines weiſen Volks gehoͤrt, ſo ſich anmaßt andern Voͤlkern Vorſchriften zu geben? Wol uns rohen Deut- ſchen! wenn wir keinen Sinn fuͤr das Wort Morden der Unſchuld haben, denn die bluti- gen Schatten eines Langlade, Montbailly, Lawſon, Sirmen und Calas, werden einſt aufſtehen, und wider ihr Volk, und deren Richter zeugen. Jch habe dieſe Geſchichte un- ter vielen ausgehoben, und aus einem franzoͤſi- ſchen Originalwerk entlehnt, und ſie kann auch fuͤr Deutſchlands Richter lehrreich ſein, weil auch deutſche Richter ſo handeln.

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Zitationshilfe: Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/186>, abgerufen am 19.04.2024.