bei ihnen entdekken. Jch erkundigte mich bei den Aufsehern, wodurch sie in diese traurige Lage ge- sunken waren, und erfuhr, daß Stolz und Liebe gemeiniglich die Triebfedern des gesunkenen Verstandes wären, und nur wenige angetroffen würden, die wegen zerrütteter Vermögensum- stände und betroffenen Unglüks, in diese traurige Situation versezt worden.
Also Stolz und Liebe! zwo so entgegen gesezte Eigenschaften, wären die Wirkungen des Wahnsinns, und der gänzlichen Zerrüttung des Verstandes. Was für ein ergiebiges Feld zu Be- merkungen für den Weltweisen und Moralisten!
Daß der Stolze zu solch' einer Tiefe des menschlichen Elends herabsinken kann, lehrt uns die Erfarung, und es scheint eine Strafe zu sein, die in der Natur ihren zureichenden Grund hat. Daher findet man auch, daß die mehresten Wahn- sinnigen sich hohe Würden und Ehrenstellen bei- legen, und in Wut geraten, wenn man sie nicht mit der Ehrfurcht begegnet, und ihnen den Na- men beilegt, den ihr erkranktes Gehirn sich schuf. Der Mensch, dem das Glük schon in der Wiege gelächelt, der im weichen Pflaum der Ueppigkeit erzogen, von Sklaven bedient, von
bei ihnen entdekken. Jch erkundigte mich bei den Aufſehern, wodurch ſie in dieſe traurige Lage ge- ſunken waren, und erfuhr, daß Stolz und Liebe gemeiniglich die Triebfedern des geſunkenen Verſtandes waͤren, und nur wenige angetroffen wuͤrden, die wegen zerruͤtteter Vermoͤgensum- ſtaͤnde und betroffenen Ungluͤks, in dieſe traurige Situation verſezt worden.
Alſo Stolz und Liebe! zwo ſo entgegen geſezte Eigenſchaften, waͤren die Wirkungen des Wahnſinns, und der gaͤnzlichen Zerruͤttung des Verſtandes. Was fuͤr ein ergiebiges Feld zu Be- merkungen fuͤr den Weltweiſen und Moraliſten!
Daß der Stolze zu ſolch’ einer Tiefe des menſchlichen Elends herabſinken kann, lehrt uns die Erfarung, und es ſcheint eine Strafe zu ſein, die in der Natur ihren zureichenden Grund hat. Daher findet man auch, daß die mehreſten Wahn- ſinnigen ſich hohe Wuͤrden und Ehrenſtellen bei- legen, und in Wut geraten, wenn man ſie nicht mit der Ehrfurcht begegnet, und ihnen den Na- men beilegt, den ihr erkranktes Gehirn ſich ſchuf. Der Menſch, dem das Gluͤk ſchon in der Wiege gelaͤchelt, der im weichen Pflaum der Ueppigkeit erzogen, von Sklaven bedient, von
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bei ihnen entdekken. Jch erkundigte mich bei den
Aufſehern, wodurch ſie in dieſe traurige Lage ge-
ſunken waren, und erfuhr, daß Stolz und Liebe
gemeiniglich die Triebfedern des geſunkenen
Verſtandes waͤren, und nur wenige angetroffen
wuͤrden, die wegen zerruͤtteter Vermoͤgensum-
ſtaͤnde und betroffenen Ungluͤks, in dieſe traurige
Situation verſezt worden.
Alſo Stolz und Liebe! zwo ſo entgegen
geſezte Eigenſchaften, waͤren die Wirkungen des
Wahnſinns, und der gaͤnzlichen Zerruͤttung des
Verſtandes. Was fuͤr ein ergiebiges Feld zu Be-
merkungen fuͤr den Weltweiſen und Moraliſten!
Daß der Stolze zu ſolch’ einer Tiefe des
menſchlichen Elends herabſinken kann, lehrt uns
die Erfarung, und es ſcheint eine Strafe zu ſein,
die in der Natur ihren zureichenden Grund hat.
Daher findet man auch, daß die mehreſten Wahn-
ſinnigen ſich hohe Wuͤrden und Ehrenſtellen bei-
legen, und in Wut geraten, wenn man ſie nicht
mit der Ehrfurcht begegnet, und ihnen den Na-
men beilegt, den ihr erkranktes Gehirn ſich
ſchuf. Der Menſch, dem das Gluͤk ſchon in der
Wiege gelaͤchelt, der im weichen Pflaum der
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Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/202>, abgerufen am 20.04.2024.
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