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Koch, Konrad: Der Nutzen der Wettspiele. In: E. von Schenckendorff/ F. A. Schmidt (Hg.): Jahrbuch für Jugend- und Volksspiele. 3. Jahrgang. Leipzig, 1894. S. 38-43.

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Spieleifers läßt sich auf verschiedene Weise beitragen, hauptsächlich
aber durch die Veranstaltung geeigneter Wettspiele.

Schon von den ältesten Zeiten her sind, wie wir aus dem Homer
ersehen, bei Wettkämpfen außer den Übenden selbst und den Preis-
richtern als ein Drittes Zuschauer nötig gewesen: der Ring, die Corona,
um die tüchtigen Leistungen zu sehen und sich ein Vorbild daraus zu
entnehmen, aber auch um den Siegern und unter Unständen auch den
Unterliegenden ihre Anerkennung zu zollen. Es wäre grundverkehrt,
wollte man derartige öffentliche Wettübungen als ungehörige Reizung
des Ehrgeizes und als nur einer eitelen Schaulust dienend verurteilen.
In meinem Vortrage über die Einrichtung von Wettspielkämpfen
(Jahrgang II, S. 186) habe ich nachgewiesen, wie allgemein diese Ein-
richtung ist. Sie wirkt auch in doppelter Beziehung segensreich für
das Gedeihen der Spiele und des Spieleifers: Einmal weckt sie in
den tüchtigen Spielern den Wunsch, solche Gewandheit und Fertigkeit
sich zu erwerben, um vor dem Wettspiele mit in die Zahl der Besten,
in die Spielriege hineingewählt zu werden und dann beim Wettspiele
selbst durch mutiges und geschicktes Spiel öffentliche Anerkennung zu
erringen; andrerseits erhalten die weniger tüchtigen Spieler beim Zu-
schauen ein klares Bild davon, auf welche Weise gut gespielt werden
muß, welche Feinheiten des Spiels sie noch erlernen müssen, und sie
erhalten den wirksamsten Antrieb, eifrig und regelmäßig zu spielen.
Für unsere Schüler wollen wir selbstverständlich keine so großartigen
Veranstaltungen, wie sie bei den Volksfesten der Griechen in Olympia,
oder wie sie bei den Trunieren der Ritter im Mittelalter, oder wie sie
bei den großen Cricket-Wettspielen in London getroffen werden - im
Gegenteil, je einfacher, um so besser; auch bei den einfachsten Vor-
kehrungen pflegt der Beifall der zuschauenden Schülerschar reichlich
und kräftig genug zu sein. Es ist ein wahrhaft herzerfreuender An-
blick zu sehen, wie das selbst die kleinsten Sextaner über die Leistungen
ihrer älteren Mitschüler frohlocken und sich im lärmenden Jubel nicht
genug thun können.

Es handelt sich nicht bloß darum, daß überhaupt gespielt wird,
sondern, wenn das Spielen den erhofften und erstrebten Segen haben
soll, so muß streng nach den Regeln und mit Aufbietung der ganzen
Kraft und Geschicklichkeit von den Teilnehmern gespielt werden. Das
mahnende Wort des beaufsichtigenden Lehrers kann ja manches er-
reichen zur Unterdrückung aller möglichen Nachlässigkeiten, aber ein wirk-
lich andauernd strammes, regelrechtes Spiel wird in den meisten Fällen
viel eher erreicht werden, wenn die Spieler an ein demnächst bevor-

Spieleifers läßt sich auf verschiedene Weise beitragen, hauptsächlich
aber durch die Veranstaltung geeigneter Wettspiele.

Schon von den ältesten Zeiten her sind, wie wir aus dem Homer
ersehen, bei Wettkämpfen außer den Übenden selbst und den Preis-
richtern als ein Drittes Zuschauer nötig gewesen: der Ring, die Corona,
um die tüchtigen Leistungen zu sehen und sich ein Vorbild daraus zu
entnehmen, aber auch um den Siegern und unter Unständen auch den
Unterliegenden ihre Anerkennung zu zollen. Es wäre grundverkehrt,
wollte man derartige öffentliche Wettübungen als ungehörige Reizung
des Ehrgeizes und als nur einer eitelen Schaulust dienend verurteilen.
In meinem Vortrage über die Einrichtung von Wettspielkämpfen
(Jahrgang II, S. 186) habe ich nachgewiesen, wie allgemein diese Ein-
richtung ist. Sie wirkt auch in doppelter Beziehung segensreich für
das Gedeihen der Spiele und des Spieleifers: Einmal weckt sie in
den tüchtigen Spielern den Wunsch, solche Gewandheit und Fertigkeit
sich zu erwerben, um vor dem Wettspiele mit in die Zahl der Besten,
in die Spielriege hineingewählt zu werden und dann beim Wettspiele
selbst durch mutiges und geschicktes Spiel öffentliche Anerkennung zu
erringen; andrerseits erhalten die weniger tüchtigen Spieler beim Zu-
schauen ein klares Bild davon, auf welche Weise gut gespielt werden
muß, welche Feinheiten des Spiels sie noch erlernen müssen, und sie
erhalten den wirksamsten Antrieb, eifrig und regelmäßig zu spielen.
Für unsere Schüler wollen wir selbstverständlich keine so großartigen
Veranstaltungen, wie sie bei den Volksfesten der Griechen in Olympia,
oder wie sie bei den Trunieren der Ritter im Mittelalter, oder wie sie
bei den großen Cricket-Wettspielen in London getroffen werden – im
Gegenteil, je einfacher, um so besser; auch bei den einfachsten Vor-
kehrungen pflegt der Beifall der zuschauenden Schülerschar reichlich
und kräftig genug zu sein. Es ist ein wahrhaft herzerfreuender An-
blick zu sehen, wie das selbst die kleinsten Sextaner über die Leistungen
ihrer älteren Mitschüler frohlocken und sich im lärmenden Jubel nicht
genug thun können.

Es handelt sich nicht bloß darum, daß überhaupt gespielt wird,
sondern, wenn das Spielen den erhofften und erstrebten Segen haben
soll, so muß streng nach den Regeln und mit Aufbietung der ganzen
Kraft und Geschicklichkeit von den Teilnehmern gespielt werden. Das
mahnende Wort des beaufsichtigenden Lehrers kann ja manches er-
reichen zur Unterdrückung aller möglichen Nachlässigkeiten, aber ein wirk-
lich andauernd strammes, regelrechtes Spiel wird in den meisten Fällen
viel eher erreicht werden, wenn die Spieler an ein demnächst bevor-

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[40/0004] Spieleifers läßt sich auf verschiedene Weise beitragen, hauptsächlich aber durch die Veranstaltung geeigneter Wettspiele. Schon von den ältesten Zeiten her sind, wie wir aus dem Homer ersehen, bei Wettkämpfen außer den Übenden selbst und den Preis- richtern als ein Drittes Zuschauer nötig gewesen: der Ring, die Corona, um die tüchtigen Leistungen zu sehen und sich ein Vorbild daraus zu entnehmen, aber auch um den Siegern und unter Unständen auch den Unterliegenden ihre Anerkennung zu zollen. Es wäre grundverkehrt, wollte man derartige öffentliche Wettübungen als ungehörige Reizung des Ehrgeizes und als nur einer eitelen Schaulust dienend verurteilen. In meinem Vortrage über die Einrichtung von Wettspielkämpfen (Jahrgang II, S. 186) habe ich nachgewiesen, wie allgemein diese Ein- richtung ist. Sie wirkt auch in doppelter Beziehung segensreich für das Gedeihen der Spiele und des Spieleifers: Einmal weckt sie in den tüchtigen Spielern den Wunsch, solche Gewandheit und Fertigkeit sich zu erwerben, um vor dem Wettspiele mit in die Zahl der Besten, in die Spielriege hineingewählt zu werden und dann beim Wettspiele selbst durch mutiges und geschicktes Spiel öffentliche Anerkennung zu erringen; andrerseits erhalten die weniger tüchtigen Spieler beim Zu- schauen ein klares Bild davon, auf welche Weise gut gespielt werden muß, welche Feinheiten des Spiels sie noch erlernen müssen, und sie erhalten den wirksamsten Antrieb, eifrig und regelmäßig zu spielen. Für unsere Schüler wollen wir selbstverständlich keine so großartigen Veranstaltungen, wie sie bei den Volksfesten der Griechen in Olympia, oder wie sie bei den Trunieren der Ritter im Mittelalter, oder wie sie bei den großen Cricket-Wettspielen in London getroffen werden – im Gegenteil, je einfacher, um so besser; auch bei den einfachsten Vor- kehrungen pflegt der Beifall der zuschauenden Schülerschar reichlich und kräftig genug zu sein. Es ist ein wahrhaft herzerfreuender An- blick zu sehen, wie das selbst die kleinsten Sextaner über die Leistungen ihrer älteren Mitschüler frohlocken und sich im lärmenden Jubel nicht genug thun können. Es handelt sich nicht bloß darum, daß überhaupt gespielt wird, sondern, wenn das Spielen den erhofften und erstrebten Segen haben soll, so muß streng nach den Regeln und mit Aufbietung der ganzen Kraft und Geschicklichkeit von den Teilnehmern gespielt werden. Das mahnende Wort des beaufsichtigenden Lehrers kann ja manches er- reichen zur Unterdrückung aller möglichen Nachlässigkeiten, aber ein wirk- lich andauernd strammes, regelrechtes Spiel wird in den meisten Fällen viel eher erreicht werden, wenn die Spieler an ein demnächst bevor-

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Zitationshilfe: Koch, Konrad: Der Nutzen der Wettspiele. In: E. von Schenckendorff/ F. A. Schmidt (Hg.): Jahrbuch für Jugend- und Volksspiele. 3. Jahrgang. Leipzig, 1894. S. 38-43, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koch_wettspiele_1894/4>, abgerufen am 28.03.2024.