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Koch, Robert: Untersuchung über die Aetiologie der Wundinfectionskrankheiten. Leipzig, 1878.

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6. Erysipelatöser Process beim Kaninchen.
verschiedenen faulenden Stoffen versucht. Dieselben blieben in¬
dessen wirkungslos. Nur in einem Falle entstand nach Impfung
mit Mäusekoth, der in destillirtem Wasser aufgeweicht war, am
Ohr eines Kaninchens eine sich von der Impfstelle langsam nach
abwärts ausbreitende Röthung und Schwellung. Dieselbe erreichte
am 5. Tage die Ohrwurzel. Während das nicht geimpfte Ohr
ganz unverändert war und gegen das Sonnenlicht gehalten nur
die Hauptgefässe durchschimmern liess, sah das geimpfte Ohr bei
derselben Beleuchtung gleichmässig dunkelroth aus und einzelne
Gefässe waren nicht mehr zu erkennen. Es war dicker und zu¬
gleich schlaffer geworden, die Spitze war umgebogen und hing
in Folge ihrer Schwere herab. Das Thier war dabei sichtlich
krank und starb am 7. Tag.

Eine Einspritzung mit Blut desselben bei einem anderen
Thier hatte keine Erkrankung desselben zur Folge.

Leider ist es unterblieben, eine directe Uebertragung des
Krankheitsprocesses durch Impfung mit Substanz vom Ohr des
erkrankten Kaninchens auf das Ohr eines anderen Thieres zu ver¬
suchen.

Im Blut und sonst in inneren Organen des Kaninchens fanden
sich keine bemerkenswerthen Veränderungen, namentlich auch
keine Bakterien. Die Verhältnisse am erkrankten Ohr waren da¬
gegen so bemerkenswerth und trugen so unverkennbar den Cha¬
rakter einer parasitischen Krankheit, dass ich es für zweckmässig
hielt, obwohl die Ansteckungsfälligkeit in diesem Falle nicht di¬
rect erwiesen ist, eine Darstellung derselben hier zu geben.

An Querschnitten des Ohrs zeigten sich die Blutgefässe stark
erweitert und mit rothen Blutkörperchen gefüllt und mit zahl¬
reichen Kernen von Lymphzellen umgeben. Diese Kerne wurden
nach dem Ohrknorpel zu zahlreicher und bildeten an dessen Ober¬
fläche eine ziemlich gleichmässige dichte Schicht. Zwischen letz¬
terer und den eigentlichen Knorpelzellen aber Hessen sich in ziem¬
lich regelmässigen Abständen feine Stäbchen unterscheiden, welche
in dem dichteren Bindegewebe, das den Knorpelzellen unmittel¬
bar aufliegt, sämmtlich in der Ebene des Knorpels verliefen. An
manchen Stellen waren die Stäbchen einzeln, an anderen lagen
mehrere parallel neben einander, bisweilen, und zwar waren das
immer Stellen, an denen die Lymphzellen etwas dichter angehäuft
waren als sonst, fanden sich dicht zusammengefilzte, aus denselben
Stäbchen bestehende Knäuel. Die Stäbchen waren an keiner an¬

6. Erysipelatöser Process beim Kaninchen.
verschiedenen faulenden Stoffen versucht. Dieselben blieben in¬
dessen wirkungslos. Nur in einem Falle entstand nach Impfung
mit Mäusekoth, der in destillirtem Wasser aufgeweicht war, am
Ohr eines Kaninchens eine sich von der Impfstelle langsam nach
abwärts ausbreitende Röthung und Schwellung. Dieselbe erreichte
am 5. Tage die Ohrwurzel. Während das nicht geimpfte Ohr
ganz unverändert war und gegen das Sonnenlicht gehalten nur
die Hauptgefässe durchschimmern liess, sah das geimpfte Ohr bei
derselben Beleuchtung gleichmässig dunkelroth aus und einzelne
Gefässe waren nicht mehr zu erkennen. Es war dicker und zu¬
gleich schlaffer geworden, die Spitze war umgebogen und hing
in Folge ihrer Schwere herab. Das Thier war dabei sichtlich
krank und starb am 7. Tag.

Eine Einspritzung mit Blut desselben bei einem anderen
Thier hatte keine Erkrankung desselben zur Folge.

Leider ist es unterblieben, eine directe Uebertragung des
Krankheitsprocesses durch Impfung mit Substanz vom Ohr des
erkrankten Kaninchens auf das Ohr eines anderen Thieres zu ver¬
suchen.

Im Blut und sonst in inneren Organen des Kaninchens fanden
sich keine bemerkenswerthen Veränderungen, namentlich auch
keine Bakterien. Die Verhältnisse am erkrankten Ohr waren da¬
gegen so bemerkenswerth und trugen so unverkennbar den Cha¬
rakter einer parasitischen Krankheit, dass ich es für zweckmässig
hielt, obwohl die Ansteckungsfälligkeit in diesem Falle nicht di¬
rect erwiesen ist, eine Darstellung derselben hier zu geben.

An Querschnitten des Ohrs zeigten sich die Blutgefässe stark
erweitert und mit rothen Blutkörperchen gefüllt und mit zahl¬
reichen Kernen von Lymphzellen umgeben. Diese Kerne wurden
nach dem Ohrknorpel zu zahlreicher und bildeten an dessen Ober¬
fläche eine ziemlich gleichmässige dichte Schicht. Zwischen letz¬
terer und den eigentlichen Knorpelzellen aber Hessen sich in ziem¬
lich regelmässigen Abständen feine Stäbchen unterscheiden, welche
in dem dichteren Bindegewebe, das den Knorpelzellen unmittel¬
bar aufliegt, sämmtlich in der Ebene des Knorpels verliefen. An
manchen Stellen waren die Stäbchen einzeln, an anderen lagen
mehrere parallel neben einander, bisweilen, und zwar waren das
immer Stellen, an denen die Lymphzellen etwas dichter angehäuft
waren als sonst, fanden sich dicht zusammengefilzte, aus denselben
Stäbchen bestehende Knäuel. Die Stäbchen waren an keiner an¬

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[63/0073] 6. Erysipelatöser Process beim Kaninchen. verschiedenen faulenden Stoffen versucht. Dieselben blieben in¬ dessen wirkungslos. Nur in einem Falle entstand nach Impfung mit Mäusekoth, der in destillirtem Wasser aufgeweicht war, am Ohr eines Kaninchens eine sich von der Impfstelle langsam nach abwärts ausbreitende Röthung und Schwellung. Dieselbe erreichte am 5. Tage die Ohrwurzel. Während das nicht geimpfte Ohr ganz unverändert war und gegen das Sonnenlicht gehalten nur die Hauptgefässe durchschimmern liess, sah das geimpfte Ohr bei derselben Beleuchtung gleichmässig dunkelroth aus und einzelne Gefässe waren nicht mehr zu erkennen. Es war dicker und zu¬ gleich schlaffer geworden, die Spitze war umgebogen und hing in Folge ihrer Schwere herab. Das Thier war dabei sichtlich krank und starb am 7. Tag. Eine Einspritzung mit Blut desselben bei einem anderen Thier hatte keine Erkrankung desselben zur Folge. Leider ist es unterblieben, eine directe Uebertragung des Krankheitsprocesses durch Impfung mit Substanz vom Ohr des erkrankten Kaninchens auf das Ohr eines anderen Thieres zu ver¬ suchen. Im Blut und sonst in inneren Organen des Kaninchens fanden sich keine bemerkenswerthen Veränderungen, namentlich auch keine Bakterien. Die Verhältnisse am erkrankten Ohr waren da¬ gegen so bemerkenswerth und trugen so unverkennbar den Cha¬ rakter einer parasitischen Krankheit, dass ich es für zweckmässig hielt, obwohl die Ansteckungsfälligkeit in diesem Falle nicht di¬ rect erwiesen ist, eine Darstellung derselben hier zu geben. An Querschnitten des Ohrs zeigten sich die Blutgefässe stark erweitert und mit rothen Blutkörperchen gefüllt und mit zahl¬ reichen Kernen von Lymphzellen umgeben. Diese Kerne wurden nach dem Ohrknorpel zu zahlreicher und bildeten an dessen Ober¬ fläche eine ziemlich gleichmässige dichte Schicht. Zwischen letz¬ terer und den eigentlichen Knorpelzellen aber Hessen sich in ziem¬ lich regelmässigen Abständen feine Stäbchen unterscheiden, welche in dem dichteren Bindegewebe, das den Knorpelzellen unmittel¬ bar aufliegt, sämmtlich in der Ebene des Knorpels verliefen. An manchen Stellen waren die Stäbchen einzeln, an anderen lagen mehrere parallel neben einander, bisweilen, und zwar waren das immer Stellen, an denen die Lymphzellen etwas dichter angehäuft waren als sonst, fanden sich dicht zusammengefilzte, aus denselben Stäbchen bestehende Knäuel. Die Stäbchen waren an keiner an¬

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Zitationshilfe: Koch, Robert: Untersuchung über die Aetiologie der Wundinfectionskrankheiten. Leipzig, 1878, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koch_wundinfektionskrankheiten_1878/73>, abgerufen am 29.03.2024.