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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Entwicklung des Gehörorganes.
Monate wird das ganze knorpelige Labyrinth massiger und zeigt am
Ende desselben schon eine bedeutende rundliche Auftreibung da wo
die Schnecke sitzt, die nun auch nach oben vortritt (Fig. 88).

[Abbildung] Fig. 154.

Nach Huschke gestaltetBedeutung
des embryonalen
Schneckenkanals.

sich der embryonale Schne-
ckenkanal, der anfänglich
mit dem häutigen Vorhofe
in Verbindung steht, dann
aber von demselben sich
trennt, nicht zum ganzen
Schneckenkanale, sondern
einzig und allein zum häu-
tigen Spiralblatte, welches
beim Embryo ein platter, erst einfach gebogener und dann spiralig sich
ausziehender Kanal ist. Dieses hohle Spiralblatt liegt nun anfänglich,
sammt einem dasselbe locker umgebenden Perioste dem knorpeligen
Gehäuse dicht an, so dass die Scalae noch nicht existiren. Diese
entstehen erst später mit der allmäligen Abplattung des hohlen Spi-
ralblattes, wodurch dasselbe immer mehr von den Schneckenwän-
den sich zurückzieht, bis es endlich zu dem nicht mehr hohlen blei-
benden weichen Spiralblatte sich umgestaltet hat. Die Scalae sind
somit nach Huschke seröse Räume, welche den Höhlen der knöcher-
nen Bogengänge entsprechen, woraus dann ferner folgt, dass die
Tubuli membranacei und die Säckchen des Vorhofes in dem embryo-
nalen hohlen Spiralblatte ihr Analogon haben. -- Diese sehr wich-
tigen Angaben von Huschke, durch welche zum ersten Male die Mög-
lichkeit sich eröffnet hat, die Schnecke mit den übrigen Theilen des
Labyrinthes zu vergleichen, sind, obgleich schon im Jahre 1844 ans
Licht getreten, doch bis jetzt einzig und allein von Reissner geprüft
worden (l. c. und Müll. Arch. 1854. St. 420), der dann auch diesel-
ben vollständig bestätigte und durch die bemerkenswerthe Ent-
deckung erweiterte, dass der embryonale Kanal im Spiralblatte, den

[Abbildung]

Fig. 154. Querschnitt durch die Schnecke eines acht Wochen alten mensch-
lichen Embryo, vergr. dargestellt. CC unterer Theil der knorpeligen Kapsel der
Schnecke, C' oberer Theil derselben, k ein Theil des knorpeligen Körpers des
Keilbeins mit der Schnecke unmittelbar verbunden, a Acusticus, g Ganglion
desselben, f Facialis (?), c Schneckenkanal nahe am Anfange, c' Ende dessel-
ben, e verdickter Theil des Epithels des Schneckenkanals, bb bindegewebige
Ausfüllungsmasse im Innern der knorpeligen Schnecke.

Entwicklung des Gehörorganes.
Monate wird das ganze knorpelige Labyrinth massiger und zeigt am
Ende desselben schon eine bedeutende rundliche Auftreibung da wo
die Schnecke sitzt, die nun auch nach oben vortritt (Fig. 88).

[Abbildung] Fig. 154.

Nach Huschke gestaltetBedeutung
des embryonalen
Schneckenkanals.

sich der embryonale Schne-
ckenkanal, der anfänglich
mit dem häutigen Vorhofe
in Verbindung steht, dann
aber von demselben sich
trennt, nicht zum ganzen
Schneckenkanale, sondern
einzig und allein zum häu-
tigen Spiralblatte, welches
beim Embryo ein platter, erst einfach gebogener und dann spiralig sich
ausziehender Kanal ist. Dieses hohle Spiralblatt liegt nun anfänglich,
sammt einem dasselbe locker umgebenden Perioste dem knorpeligen
Gehäuse dicht an, so dass die Scalae noch nicht existiren. Diese
entstehen erst später mit der allmäligen Abplattung des hohlen Spi-
ralblattes, wodurch dasselbe immer mehr von den Schneckenwän-
den sich zurückzieht, bis es endlich zu dem nicht mehr hohlen blei-
benden weichen Spiralblatte sich umgestaltet hat. Die Scalae sind
somit nach Huschke seröse Räume, welche den Höhlen der knöcher-
nen Bogengänge entsprechen, woraus dann ferner folgt, dass die
Tubuli membranacei und die Säckchen des Vorhofes in dem embryo-
nalen hohlen Spiralblatte ihr Analogon haben. — Diese sehr wich-
tigen Angaben von Huschke, durch welche zum ersten Male die Mög-
lichkeit sich eröffnet hat, die Schnecke mit den übrigen Theilen des
Labyrinthes zu vergleichen, sind, obgleich schon im Jahre 1844 ans
Licht getreten, doch bis jetzt einzig und allein von Reissner geprüft
worden (l. c. und Müll. Arch. 1854. St. 420), der dann auch diesel-
ben vollständig bestätigte und durch die bemerkenswerthe Ent-
deckung erweiterte, dass der embryonale Kanal im Spiralblatte, den

[Abbildung]

Fig. 154. Querschnitt durch die Schnecke eines acht Wochen alten mensch-
lichen Embryo, vergr. dargestellt. CC unterer Theil der knorpeligen Kapsel der
Schnecke, C′ oberer Theil derselben, k ein Theil des knorpeligen Körpers des
Keilbeins mit der Schnecke unmittelbar verbunden, a Acusticus, g Ganglion
desselben, f Facialis (?), c Schneckenkanal nahe am Anfange, c′ Ende dessel-
ben, e verdickter Theil des Epithels des Schneckenkanals, bb bindegewebige
Ausfüllungsmasse im Innern der knorpeligen Schnecke.

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[313/0329] Entwicklung des Gehörorganes. Monate wird das ganze knorpelige Labyrinth massiger und zeigt am Ende desselben schon eine bedeutende rundliche Auftreibung da wo die Schnecke sitzt, die nun auch nach oben vortritt (Fig. 88). [Abbildung Fig. 154. ] Nach Huschke gestaltet sich der embryonale Schne- ckenkanal, der anfänglich mit dem häutigen Vorhofe in Verbindung steht, dann aber von demselben sich trennt, nicht zum ganzen Schneckenkanale, sondern einzig und allein zum häu- tigen Spiralblatte, welches beim Embryo ein platter, erst einfach gebogener und dann spiralig sich ausziehender Kanal ist. Dieses hohle Spiralblatt liegt nun anfänglich, sammt einem dasselbe locker umgebenden Perioste dem knorpeligen Gehäuse dicht an, so dass die Scalae noch nicht existiren. Diese entstehen erst später mit der allmäligen Abplattung des hohlen Spi- ralblattes, wodurch dasselbe immer mehr von den Schneckenwän- den sich zurückzieht, bis es endlich zu dem nicht mehr hohlen blei- benden weichen Spiralblatte sich umgestaltet hat. Die Scalae sind somit nach Huschke seröse Räume, welche den Höhlen der knöcher- nen Bogengänge entsprechen, woraus dann ferner folgt, dass die Tubuli membranacei und die Säckchen des Vorhofes in dem embryo- nalen hohlen Spiralblatte ihr Analogon haben. — Diese sehr wich- tigen Angaben von Huschke, durch welche zum ersten Male die Mög- lichkeit sich eröffnet hat, die Schnecke mit den übrigen Theilen des Labyrinthes zu vergleichen, sind, obgleich schon im Jahre 1844 ans Licht getreten, doch bis jetzt einzig und allein von Reissner geprüft worden (l. c. und Müll. Arch. 1854. St. 420), der dann auch diesel- ben vollständig bestätigte und durch die bemerkenswerthe Ent- deckung erweiterte, dass der embryonale Kanal im Spiralblatte, den [Abbildung Fig. 154. Querschnitt durch die Schnecke eines acht Wochen alten mensch- lichen Embryo, vergr. dargestellt. CC unterer Theil der knorpeligen Kapsel der Schnecke, C′ oberer Theil derselben, k ein Theil des knorpeligen Körpers des Keilbeins mit der Schnecke unmittelbar verbunden, a Acusticus, g Ganglion desselben, f Facialis (?), c Schneckenkanal nahe am Anfange, c′ Ende dessel- ben, e verdickter Theil des Epithels des Schneckenkanals, bb bindegewebige Ausfüllungsmasse im Innern der knorpeligen Schnecke.] Bedeutung des embryonalen Schneckenkanals.

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/329>, abgerufen am 25.04.2024.