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Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804.

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nem Weisen, der Franzose ist etourdi, der Jtaliener ist
klug, sieht aber aus, wie ein Narr, bei dem Spanier ist
es umgekehrt. -- Jn Gesetzen: die Deutschen Gesetze
sind so so, (!) der Engländer hat schlechte Gesetze, beob-
achtet sie aber gut, der Franzose hat gute Gesetze und be-
folgt sie schlecht, der Jtaliener und Spanier haben auch
gute Gesetze; jener befolgt sie nachläßig, dieser streng. --
Die Bedienten sind in Deutschland Gefährten, in Eng-
land Sclaven, in Frankreich Herren, in Jtalien ehrfurchts-
voll, in Spanien Untergebene. -- Von Krankheiten
haben die Deutschen vorzugsweise die Flöhe, (?) die Eng-
länder die Wölfe, die Franzosen die Pocken, die Jtaliener
die Pest und die Spanier die Kröpfe. -- Die Weiber
sind in Deutschland Hausfrauen, in England Königinnen,
in Frankreich Damen, in Jtalien Gefangene und in Spa-
nien Sclavinnen. -- Muthig ist der Deutsche wie ein
Bär, der Engländer wie ein Löwe, der Franzose wie ein
Adler, der Jtaliener wie ein Fuchs, und der Spanier wie
ein Elephant. -- Jn den Wissenschaften ist der
Deutsche ein Pendant, der Engländer ein Philosoph, der
Franzose weiß von allem ein wenig, der Jtaliener ist ein
Professor, und der Spanier ein tiefer Denker. --
Prächtig sind in Deutschland die Fürsten, in England
die Schiffe, in Frankreich der Hof, in Jtalien die Kirchen,
und in Spanien die Gewehrkammern. (?) Endlich noch
die Ehemänner (welche den Beschluß machen) sind in
Deutschland Herren, (???) in England Knechte, in
Frankreich Gefährten, in Jtalien Schüler, und in Spa-
nien Tyrannen. --

Jch gebe Jhnen gern zu, liebe Freundin, daß ein
Drittel dieser sonderbaren Charakteristik unwahr, zuweilen
albern ist, aber die zwei übrigen Drittel mögt' ich wohl in

nem Weisen, der Franzose ist étourdi, der Jtaliener ist
klug, sieht aber aus, wie ein Narr, bei dem Spanier ist
es umgekehrt. — Jn Gesetzen: die Deutschen Gesetze
sind so so, (!) der Englaͤnder hat schlechte Gesetze, beob-
achtet sie aber gut, der Franzose hat gute Gesetze und be-
folgt sie schlecht, der Jtaliener und Spanier haben auch
gute Gesetze; jener befolgt sie nachlaͤßig, dieser streng. —
Die Bedienten sind in Deutschland Gefaͤhrten, in Eng-
land Sclaven, in Frankreich Herren, in Jtalien ehrfurchts-
voll, in Spanien Untergebene. — Von Krankheiten
haben die Deutschen vorzugsweise die Floͤhe, (?) die Eng-
laͤnder die Woͤlfe, die Franzosen die Pocken, die Jtaliener
die Pest und die Spanier die Kroͤpfe. — Die Weiber
sind in Deutschland Hausfrauen, in England Koͤniginnen,
in Frankreich Damen, in Jtalien Gefangene und in Spa-
nien Sclavinnen. — Muthig ist der Deutsche wie ein
Baͤr, der Englaͤnder wie ein Loͤwe, der Franzose wie ein
Adler, der Jtaliener wie ein Fuchs, und der Spanier wie
ein Elephant. — Jn den Wissenschaften ist der
Deutsche ein Pendant, der Englaͤnder ein Philosoph, der
Franzose weiß von allem ein wenig, der Jtaliener ist ein
Professor, und der Spanier ein tiefer Denker. —
Praͤchtig sind in Deutschland die Fuͤrsten, in England
die Schiffe, in Frankreich der Hof, in Jtalien die Kirchen,
und in Spanien die Gewehrkammern. (?) Endlich noch
die Ehemaͤnner (welche den Beschluß machen) sind in
Deutschland Herren, (???) in England Knechte, in
Frankreich Gefaͤhrten, in Jtalien Schuͤler, und in Spa-
nien Tyrannen. —

Jch gebe Jhnen gern zu, liebe Freundin, daß ein
Drittel dieser sonderbaren Charakteristik unwahr, zuweilen
albern ist, aber die zwei uͤbrigen Drittel moͤgt' ich wohl in

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[98/0102] nem Weisen, der Franzose ist étourdi, der Jtaliener ist klug, sieht aber aus, wie ein Narr, bei dem Spanier ist es umgekehrt. — Jn Gesetzen: die Deutschen Gesetze sind so so, (!) der Englaͤnder hat schlechte Gesetze, beob- achtet sie aber gut, der Franzose hat gute Gesetze und be- folgt sie schlecht, der Jtaliener und Spanier haben auch gute Gesetze; jener befolgt sie nachlaͤßig, dieser streng. — Die Bedienten sind in Deutschland Gefaͤhrten, in Eng- land Sclaven, in Frankreich Herren, in Jtalien ehrfurchts- voll, in Spanien Untergebene. — Von Krankheiten haben die Deutschen vorzugsweise die Floͤhe, (?) die Eng- laͤnder die Woͤlfe, die Franzosen die Pocken, die Jtaliener die Pest und die Spanier die Kroͤpfe. — Die Weiber sind in Deutschland Hausfrauen, in England Koͤniginnen, in Frankreich Damen, in Jtalien Gefangene und in Spa- nien Sclavinnen. — Muthig ist der Deutsche wie ein Baͤr, der Englaͤnder wie ein Loͤwe, der Franzose wie ein Adler, der Jtaliener wie ein Fuchs, und der Spanier wie ein Elephant. — Jn den Wissenschaften ist der Deutsche ein Pendant, der Englaͤnder ein Philosoph, der Franzose weiß von allem ein wenig, der Jtaliener ist ein Professor, und der Spanier ein tiefer Denker. — Praͤchtig sind in Deutschland die Fuͤrsten, in England die Schiffe, in Frankreich der Hof, in Jtalien die Kirchen, und in Spanien die Gewehrkammern. (?) Endlich noch die Ehemaͤnner (welche den Beschluß machen) sind in Deutschland Herren, (???) in England Knechte, in Frankreich Gefaͤhrten, in Jtalien Schuͤler, und in Spa- nien Tyrannen. — Jch gebe Jhnen gern zu, liebe Freundin, daß ein Drittel dieser sonderbaren Charakteristik unwahr, zuweilen albern ist, aber die zwei uͤbrigen Drittel moͤgt' ich wohl in

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Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen01_1804/102>, abgerufen am 25.04.2024.