Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

Wahldekret zum polnischen Thron überbrachten, statt ih-
rer Gebieterin lateinisch antwortete, und eine so zier-
liche Rede hielt, daß sie den alten Kanzler Birague da-
durch beschämte, der für Carl JX. geantwortet hatte.
Die Jnschrift nennt sie heroina cum quavis prisci aevi
comparanda.

Den Namen Dominic Sarrede hatte ich nie nennen
hören, aber wie gern verweilt mein Auge auf seiner Bü-
ste, seitdem ich weiß, wie treu er Heinrich den Vierten
geliebt. Jn der Schlacht von Jvry verlohr er ein Bein;
das hinderte ihn aber nicht, seinem guten Könige ferner
zu dienen. Sein Schmerz, als Meuchelmord ihm den
besten Herrn stahl, war so groß, daß, als er zwei Ta-
ge nach der gräßlichen That durch die Straße de la Fer-
ronerie über den Platz gieng, wo sie geschehen war, er
ohnmächtig niedersank, und am andern Morgen seinen
Geist aufgab. Man errichtete ihm zu Ermenonville eine
Trophäe von seinen Waffen, und schrieb darunter:

En ce bocage ou ton laurier repose
Sur le joli myrte d'amour.
Ton fidele sujet depose
Ses armes a toi pour toujours.
O mon cher, mon bien-aime maeitre!
J'ai deja, sous ton etendard
Perdu de mes membres le quart;
Te voue ici mon restant etre.
Que si d'un pied marche trop lent pour toi,
Point ne faudroit meilleure aide;
Car pour combattre pour son roi,
L'amour fera voler Sarede.

Das Denkmal des rechtschaffenen Präsidenten Pib-
rac aus dem XVJ. Jahrhundert ist von einem Stein be-
deckt, der seinen Lebenslauf in lateinischer Sprache und

Wahldekret zum polnischen Thron uͤberbrachten, statt ih-
rer Gebieterin lateinisch antwortete, und eine so zier-
liche Rede hielt, daß sie den alten Kanzler Birague da-
durch beschaͤmte, der fuͤr Carl JX. geantwortet hatte.
Die Jnschrift nennt sie heroina cum quavis prisci aevi
comparanda.

Den Namen Dominic Sarrede hatte ich nie nennen
hoͤren, aber wie gern verweilt mein Auge auf seiner Buͤ-
ste, seitdem ich weiß, wie treu er Heinrich den Vierten
geliebt. Jn der Schlacht von Jvry verlohr er ein Bein;
das hinderte ihn aber nicht, seinem guten Koͤnige ferner
zu dienen. Sein Schmerz, als Meuchelmord ihm den
besten Herrn stahl, war so groß, daß, als er zwei Ta-
ge nach der graͤßlichen That durch die Straße de la Fer-
ronerie uͤber den Platz gieng, wo sie geschehen war, er
ohnmaͤchtig niedersank, und am andern Morgen seinen
Geist aufgab. Man errichtete ihm zu Ermenonville eine
Trophaͤe von seinen Waffen, und schrieb darunter:

En ce bocage où ton laurier repose
Sur le joli myrte d'amour.
Ton fidèle sujet depose
Ses armes à toi pour toujours.
O mon cher, mon bien-aimé maître!
J'ai déjà, sous ton étendard
Perdu de mes membres le quart;
Te voue ici mon restant être.
Que si d'un pied marche trop lent pour toi,
Point ne faudroit meilleure aide;
Car pour combattre pour son roi,
L'amour fera voler Sarede.

Das Denkmal des rechtschaffenen Praͤsidenten Pib-
rac aus dem XVJ. Jahrhundert ist von einem Stein be-
deckt, der seinen Lebenslauf in lateinischer Sprache und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0135" n="131"/>
Wahldekret zum polnischen Thron u&#x0364;berbrachten, statt ih-<lb/>
rer Gebieterin <hi rendition="#g">lateinisch</hi> antwortete, und eine so zier-<lb/>
liche Rede hielt, daß sie den alten Kanzler Birague da-<lb/>
durch bescha&#x0364;mte, der fu&#x0364;r Carl JX. geantwortet hatte.<lb/>
Die Jnschrift nennt sie heroina cum quavis prisci aevi<lb/>
comparanda.</p><lb/>
            <p>Den Namen Dominic Sarrede hatte ich nie nennen<lb/>
ho&#x0364;ren, aber wie gern verweilt mein Auge auf seiner Bu&#x0364;-<lb/>
ste, seitdem ich weiß, wie treu er Heinrich den Vierten<lb/>
geliebt. Jn der Schlacht von Jvry verlohr er ein Bein;<lb/>
das hinderte ihn aber nicht, seinem guten Ko&#x0364;nige ferner<lb/>
zu dienen. Sein Schmerz, als Meuchelmord ihm den<lb/>
besten Herrn stahl, war so groß, daß, als er zwei Ta-<lb/>
ge nach der gra&#x0364;ßlichen That durch die Straße de la Fer-<lb/>
ronerie u&#x0364;ber den Platz gieng, wo sie geschehen war, er<lb/>
ohnma&#x0364;chtig niedersank, und am andern Morgen seinen<lb/>
Geist aufgab. Man errichtete ihm zu Ermenonville eine<lb/>
Tropha&#x0364;e von seinen Waffen, und schrieb darunter:</p><lb/>
            <lg type="poem">
              <l>En ce bocage où ton laurier repose</l><lb/>
              <l>Sur le joli myrte d'amour.</l><lb/>
              <l>Ton fidèle sujet depose</l><lb/>
              <l>Ses armes à toi pour toujours.</l><lb/>
              <l>O mon cher, mon bien-aimé maître!</l><lb/>
              <l>J'ai déjà, sous ton étendard</l><lb/>
              <l>Perdu de mes membres le quart;</l><lb/>
              <l>Te voue ici mon restant être.</l><lb/>
              <l>Que si d'un pied marche trop lent pour toi,</l><lb/>
              <l>Point ne faudroit meilleure aide;</l><lb/>
              <l>Car pour combattre pour son roi,</l><lb/>
              <l>L'amour fera voler <hi rendition="#g">Sarede.</hi></l>
            </lg><lb/>
            <p>Das Denkmal des rechtschaffenen Pra&#x0364;sidenten Pib-<lb/>
rac aus dem XVJ. Jahrhundert ist von einem Stein be-<lb/>
deckt, der seinen Lebenslauf in lateinischer Sprache und<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[131/0135] Wahldekret zum polnischen Thron uͤberbrachten, statt ih- rer Gebieterin lateinisch antwortete, und eine so zier- liche Rede hielt, daß sie den alten Kanzler Birague da- durch beschaͤmte, der fuͤr Carl JX. geantwortet hatte. Die Jnschrift nennt sie heroina cum quavis prisci aevi comparanda. Den Namen Dominic Sarrede hatte ich nie nennen hoͤren, aber wie gern verweilt mein Auge auf seiner Buͤ- ste, seitdem ich weiß, wie treu er Heinrich den Vierten geliebt. Jn der Schlacht von Jvry verlohr er ein Bein; das hinderte ihn aber nicht, seinem guten Koͤnige ferner zu dienen. Sein Schmerz, als Meuchelmord ihm den besten Herrn stahl, war so groß, daß, als er zwei Ta- ge nach der graͤßlichen That durch die Straße de la Fer- ronerie uͤber den Platz gieng, wo sie geschehen war, er ohnmaͤchtig niedersank, und am andern Morgen seinen Geist aufgab. Man errichtete ihm zu Ermenonville eine Trophaͤe von seinen Waffen, und schrieb darunter: En ce bocage où ton laurier repose Sur le joli myrte d'amour. Ton fidèle sujet depose Ses armes à toi pour toujours. O mon cher, mon bien-aimé maître! J'ai déjà, sous ton étendard Perdu de mes membres le quart; Te voue ici mon restant être. Que si d'un pied marche trop lent pour toi, Point ne faudroit meilleure aide; Car pour combattre pour son roi, L'amour fera voler Sarede. Das Denkmal des rechtschaffenen Praͤsidenten Pib- rac aus dem XVJ. Jahrhundert ist von einem Stein be- deckt, der seinen Lebenslauf in lateinischer Sprache und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von Au… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen01_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen01_1804/135
Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen01_1804/135>, abgerufen am 29.03.2024.