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Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804.

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Der Palast des Erhaltungssenats,
vormals Palais Luxembourg.

Der Garten dieses Palastes giebt dem der Tuilerien
wohl wenig nach (besonders seitdem er ansehnlich ver-
größert worden) und prangt gleichfalls mit herrlichen
Statüen. -- Der Saal, durch welchen man zu der Gal-
lerie gelangt, ist ganz mit den bekannten trefflichen Ab-
bildungen aller französischen Häfen von Vernerit be-
hängt, welche vormals (wie Reichardt im Guide des
Voyageurs sagt) im Hotel der Marine gefunden wur-
den, in welchem Hotel jetzt aber gar nichts Sehenswür-
diges mehr befindlich ist.

Die Gallerie selbst ist nach Rubens genannt, weil
sie zu beiden Seiten fast ganz mit den großen Gemälden
von Rubens angefüllt ist, welche die Lebensgeschichte der
Maria von Medicis fortlaufend darstellen. Jch
muß abermals aufrichtig bekennen, daß ich diesen Bil-
dern keinen Geschmack abgewinnen kann. Jch finde da-
rinn eine Zusammensetzung von Jdeen, die dichterisch seyn
sollen, und von Allegorien, die sinnreich seyn sollen,
gewöhnlich aber lächerlich ausfallen. Bei Mariens Ge-
burt übergiebt die alte Götterhebamme Lucina das
Kind einem Löwen, der die Stadt Florenz repräsen-
tirt. Bei ihrer Erziehung spielt ihr Apoll ein Stückchen
auf der Baßgeige vor. Bei ihrer Verheirathung trägt
Hymen ihr die Schleppe, und ein Hund ist gegen-
wärtig, vielleicht als Sinnbild der Treue. Bei ihrer
Ausschiffung zu Marseille verrenken sich die Syrenen fast die Ribben, um das Schiff fest zu halten, und ein
Triton bläst fürchterlich auf einer Muschel. Jn Lyon
wird die Vermählung vollzogen, da erscheint sie im Ko-

Der Palast des Erhaltungssenats,
vormals Palais Luxembourg.

Der Garten dieses Palastes giebt dem der Tuilerien
wohl wenig nach (besonders seitdem er ansehnlich ver-
groͤßert worden) und prangt gleichfalls mit herrlichen
Statuͤen. — Der Saal, durch welchen man zu der Gal-
lerie gelangt, ist ganz mit den bekannten trefflichen Ab-
bildungen aller franzoͤsischen Haͤfen von Vernerit be-
haͤngt, welche vormals (wie Reichardt im Guide des
Voyageurs sagt) im Hotel der Marine gefunden wur-
den, in welchem Hotel jetzt aber gar nichts Sehenswuͤr-
diges mehr befindlich ist.

Die Gallerie selbst ist nach Rubens genannt, weil
sie zu beiden Seiten fast ganz mit den großen Gemaͤlden
von Rubens angefuͤllt ist, welche die Lebensgeschichte der
Maria von Medicis fortlaufend darstellen. Jch
muß abermals aufrichtig bekennen, daß ich diesen Bil-
dern keinen Geschmack abgewinnen kann. Jch finde da-
rinn eine Zusammensetzung von Jdeen, die dichterisch seyn
sollen, und von Allegorien, die sinnreich seyn sollen,
gewoͤhnlich aber laͤcherlich ausfallen. Bei Mariens Ge-
burt uͤbergiebt die alte Goͤtterhebamme Lucina das
Kind einem Loͤwen, der die Stadt Florenz repraͤsen-
tirt. Bei ihrer Erziehung spielt ihr Apoll ein Stuͤckchen
auf der Baßgeige vor. Bei ihrer Verheirathung traͤgt
Hymen ihr die Schleppe, und ein Hund ist gegen-
waͤrtig, vielleicht als Sinnbild der Treue. Bei ihrer
Ausschiffung zu Marseille verrenken sich die Syrenen fast die Ribben, um das Schiff fest zu halten, und ein
Triton blaͤst fuͤrchterlich auf einer Muschel. Jn Lyon
wird die Vermaͤhlung vollzogen, da erscheint sie im Ko-

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[75/0075] Der Palast des Erhaltungssenats, vormals Palais Luxembourg. Der Garten dieses Palastes giebt dem der Tuilerien wohl wenig nach (besonders seitdem er ansehnlich ver- groͤßert worden) und prangt gleichfalls mit herrlichen Statuͤen. — Der Saal, durch welchen man zu der Gal- lerie gelangt, ist ganz mit den bekannten trefflichen Ab- bildungen aller franzoͤsischen Haͤfen von Vernerit be- haͤngt, welche vormals (wie Reichardt im Guide des Voyageurs sagt) im Hotel der Marine gefunden wur- den, in welchem Hotel jetzt aber gar nichts Sehenswuͤr- diges mehr befindlich ist. Die Gallerie selbst ist nach Rubens genannt, weil sie zu beiden Seiten fast ganz mit den großen Gemaͤlden von Rubens angefuͤllt ist, welche die Lebensgeschichte der Maria von Medicis fortlaufend darstellen. Jch muß abermals aufrichtig bekennen, daß ich diesen Bil- dern keinen Geschmack abgewinnen kann. Jch finde da- rinn eine Zusammensetzung von Jdeen, die dichterisch seyn sollen, und von Allegorien, die sinnreich seyn sollen, gewoͤhnlich aber laͤcherlich ausfallen. Bei Mariens Ge- burt uͤbergiebt die alte Goͤtterhebamme Lucina das Kind einem Loͤwen, der die Stadt Florenz repraͤsen- tirt. Bei ihrer Erziehung spielt ihr Apoll ein Stuͤckchen auf der Baßgeige vor. Bei ihrer Verheirathung traͤgt Hymen ihr die Schleppe, und ein Hund ist gegen- waͤrtig, vielleicht als Sinnbild der Treue. Bei ihrer Ausschiffung zu Marseille verrenken sich die Syrenen fast die Ribben, um das Schiff fest zu halten, und ein Triton blaͤst fuͤrchterlich auf einer Muschel. Jn Lyon wird die Vermaͤhlung vollzogen, da erscheint sie im Ko-

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Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen02_1804/75>, abgerufen am 20.04.2024.