Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790. Unbek. O ich verstehe auch das. Sie schmei- chelt sich mit dem Gedanken, meine Standhaftig- keit werde vor ihren Thränen hinwegschmelzen; aber sie irrt sich: sie mag kommen! Major. Und dich fühlen lassen, wie sehr du ihren Charakter verkennst. Ich hohle sie. (will gehen.) Unbek. Noch eins, Horst. Hier, gieb ihr diesen Schmuck; er gehört ihr zu. Major. Das magst du selbst thun. (ab.) Achter Auftritt. Der Unbekannte allein. Nun, Meinau, der letzte glückliche Augenblick deines Lebens naht heran. Du wirst noch einmal sie sehen; sie, an der deine ganze Seele hängt. O daß ich ihr nicht entgegen fliegen, an dieß klopfende Herz sie drücken darf! -- Pfuy! ist das die Sprache des beleidigten Gatten? Ach, ich fühl' es: das Hirngespenst, das wir Ehre nennen, ist nur in un- serm Kopfe, nicht in unserm Herzen. -- Stand- haft! es darf nun einmal nicht anders seyn. -- Ernst will ich mit ihr reden; aber sanft. -- Hüte dich, daß kein Vorwurf deinem Munde entwische! Ja, ihre Reue ist wahrhaftig; mein argwöhnisches Unbek. O ich verſtehe auch das. Sie ſchmei- chelt ſich mit dem Gedanken, meine Standhaftig- keit werde vor ihren Thraͤnen hinwegſchmelzen; aber ſie irrt ſich: ſie mag kommen! Major. Und dich fuͤhlen laſſen, wie ſehr du ihren Charakter verkennſt. Ich hohle ſie. (will gehen.) Unbek. Noch eins, Horſt. Hier, gieb ihr dieſen Schmuck; er gehoͤrt ihr zu. Major. Das magſt du ſelbſt thun. (ab.) Achter Auftritt. Der Unbekannte allein. Nun, Meinau, der letzte gluͤckliche Augenblick deines Lebens naht heran. Du wirſt noch einmal ſie ſehen; ſie, an der deine ganze Seele haͤngt. O daß ich ihr nicht entgegen fliegen, an dieß klopfende Herz ſie druͤcken darf! — Pfuy! iſt das die Sprache des beleidigten Gatten? Ach, ich fuͤhl’ es: das Hirngeſpenſt, das wir Ehre nennen, iſt nur in un- ſerm Kopfe, nicht in unſerm Herzen. — Stand- haft! es darf nun einmal nicht anders ſeyn. — Ernſt will ich mit ihr reden; aber ſanft. — Huͤte dich, daß kein Vorwurf deinem Munde entwiſche! Ja, ihre Reue iſt wahrhaftig; mein argwoͤhniſches <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0165" n="157"/> <sp who="#UNBE"> <speaker> <hi rendition="#fr">Unbek.</hi> </speaker> <p>O ich verſtehe auch das. Sie ſchmei-<lb/> chelt ſich mit dem Gedanken, meine Standhaftig-<lb/> keit werde vor ihren Thraͤnen hinwegſchmelzen;<lb/> aber ſie irrt ſich: ſie mag kommen!</p> </sp><lb/> <sp who="#MAJ"> <speaker> <hi rendition="#fr">Major.</hi> </speaker> <p>Und dich fuͤhlen laſſen, wie ſehr du<lb/> ihren Charakter verkennſt. Ich hohle ſie.</p> <stage>(will gehen.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#UNBE"> <speaker> <hi rendition="#fr">Unbek.</hi> </speaker> <p>Noch eins, Horſt. Hier, gieb ihr dieſen<lb/> Schmuck; er gehoͤrt ihr zu.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAJ"> <speaker> <hi rendition="#fr">Major.</hi> </speaker> <p>Das magſt du ſelbſt thun.</p> <stage>(ab.)</stage> </sp> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Achter Auftritt.</hi> </hi> </head><lb/> <sp who="#UNBE"> <speaker>Der Unbekannte</speaker> <stage>allein.</stage><lb/> <p>Nun, Meinau, der letzte gluͤckliche Augenblick<lb/> deines Lebens naht heran. Du wirſt noch einmal<lb/> ſie ſehen; ſie, an der deine ganze Seele haͤngt. O<lb/> daß ich ihr nicht entgegen fliegen, an dieß klopfende<lb/> Herz ſie druͤcken darf! — Pfuy! iſt das die Sprache<lb/> des beleidigten Gatten? Ach, ich fuͤhl’ es: das<lb/> Hirngeſpenſt, das wir Ehre nennen, iſt nur in un-<lb/> ſerm Kopfe, nicht in unſerm Herzen. — Stand-<lb/> haft! es darf nun einmal nicht anders ſeyn. —<lb/> Ernſt will ich mit ihr reden; aber ſanft. — Huͤte<lb/> dich, daß kein Vorwurf deinem Munde entwiſche!<lb/> Ja, ihre Reue iſt wahrhaftig; mein argwoͤhniſches<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [157/0165]
Unbek. O ich verſtehe auch das. Sie ſchmei-
chelt ſich mit dem Gedanken, meine Standhaftig-
keit werde vor ihren Thraͤnen hinwegſchmelzen;
aber ſie irrt ſich: ſie mag kommen!
Major. Und dich fuͤhlen laſſen, wie ſehr du
ihren Charakter verkennſt. Ich hohle ſie. (will gehen.)
Unbek. Noch eins, Horſt. Hier, gieb ihr dieſen
Schmuck; er gehoͤrt ihr zu.
Major. Das magſt du ſelbſt thun. (ab.)
Achter Auftritt.
Der Unbekannte allein.
Nun, Meinau, der letzte gluͤckliche Augenblick
deines Lebens naht heran. Du wirſt noch einmal
ſie ſehen; ſie, an der deine ganze Seele haͤngt. O
daß ich ihr nicht entgegen fliegen, an dieß klopfende
Herz ſie druͤcken darf! — Pfuy! iſt das die Sprache
des beleidigten Gatten? Ach, ich fuͤhl’ es: das
Hirngeſpenſt, das wir Ehre nennen, iſt nur in un-
ſerm Kopfe, nicht in unſerm Herzen. — Stand-
haft! es darf nun einmal nicht anders ſeyn. —
Ernſt will ich mit ihr reden; aber ſanft. — Huͤte
dich, daß kein Vorwurf deinem Munde entwiſche!
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Zitationshilfe: | Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790/165>, abgerufen am 15.04.2021. |