Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite
übel ablaufen können, wenn nicht der großmüthige
Fremde -- Wer ist der Mann? wer kennt ihn?
Bittermann hat mir da allerley verworrenes Zeug
vorgeschwazt.
Eulal. Man kann nicht klug aus ihm werden.
Er kam vor einigen Monaten in diese Gegend
und miethete von Bittermann das kleine Haus am
Ende des Parks. Da lebt er ganz im Stillen; er
sieht niemand, er spricht mit niemand; ich selbst
sah ihn nur ein paarmal von ferne. Scheu und
gebückt schleicht er umher und weicht jedermann
aus; aber er thut viel Gutes im Verborgenen.
Graf. Lotte, geh hin und bitt' ihn auf den
Abend zum Essen. Er mögte vorlieb nehmen, hörst
du? er käme in das Haus eines Freundes.
Gräfin. Sie vergessen sich umzukleiden.
Graf. Gleich, gleich.
Gräfin. Und niederschlagendes Pulver einzu-
nehmen.
Graf. Ich habe den Henker von Ihrem nieder-
schlagenden Pulver. Ein Glas Mallaga, um das
Blut ein wenig lebhafter durch die Adern zu jagen.
-- Hör er, Bittermann, das muß ich ihm nach-
sagen, er hat eine helle durchdringende Stimme;
uͤbel ablaufen koͤnnen, wenn nicht der großmuͤthige
Fremde — Wer iſt der Mann? wer kennt ihn?
Bittermann hat mir da allerley verworrenes Zeug
vorgeſchwazt.
Eulal. Man kann nicht klug aus ihm werden.
Er kam vor einigen Monaten in dieſe Gegend
und miethete von Bittermann das kleine Haus am
Ende des Parks. Da lebt er ganz im Stillen; er
ſieht niemand, er ſpricht mit niemand; ich ſelbſt
ſah ihn nur ein paarmal von ferne. Scheu und
gebuͤckt ſchleicht er umher und weicht jedermann
aus; aber er thut viel Gutes im Verborgenen.
Graf. Lotte, geh hin und bitt’ ihn auf den
Abend zum Eſſen. Er moͤgte vorlieb nehmen, hoͤrſt
du? er kaͤme in das Haus eines Freundes.
Graͤfin. Sie vergeſſen ſich umzukleiden.
Graf. Gleich, gleich.
Graͤfin. Und niederſchlagendes Pulver einzu-
nehmen.
Graf. Ich habe den Henker von Ihrem nieder-
ſchlagenden Pulver. Ein Glas Mallaga, um das
Blut ein wenig lebhafter durch die Adern zu jagen.
— Hoͤr er, Bittermann, das muß ich ihm nach-
ſagen, er hat eine helle durchdringende Stimme;
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <sp who="#GRAF">
              <p><pb facs="#f0074" n="66"/>
u&#x0364;bel ablaufen ko&#x0364;nnen, wenn nicht der großmu&#x0364;thige<lb/>
Fremde &#x2014; Wer i&#x017F;t der Mann? wer kennt ihn?<lb/>
Bittermann hat mir da allerley verworrenes Zeug<lb/>
vorge&#x017F;chwazt.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#EUL">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Eulal.</hi> </speaker>
              <p>Man kann nicht klug aus ihm werden.<lb/>
Er kam vor einigen Monaten in die&#x017F;e Gegend<lb/>
und miethete von Bittermann das kleine Haus am<lb/>
Ende des Parks. Da lebt er ganz im Stillen; er<lb/>
&#x017F;ieht niemand, er &#x017F;pricht mit niemand; ich &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
&#x017F;ah ihn nur ein paarmal von ferne. Scheu und<lb/>
gebu&#x0364;ckt &#x017F;chleicht er umher und weicht jedermann<lb/>
aus; aber er thut viel Gutes im Verborgenen.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#GRAF">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Graf.</hi> </speaker>
              <p>Lotte, geh hin und bitt&#x2019; ihn auf den<lb/>
Abend zum E&#x017F;&#x017F;en. Er mo&#x0364;gte vorlieb nehmen, ho&#x0364;r&#x017F;t<lb/>
du? er ka&#x0364;me in das Haus eines Freundes.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#GRAFIN">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Gra&#x0364;fin.</hi> </speaker>
              <p>Sie verge&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich umzukleiden.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#GRAF">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Graf.</hi> </speaker>
              <p>Gleich, gleich.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#GRAFIN">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Gra&#x0364;fin.</hi> </speaker>
              <p>Und nieder&#x017F;chlagendes Pulver einzu-<lb/>
nehmen.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#GRAF">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Graf.</hi> </speaker>
              <p>Ich habe den Henker von Ihrem nieder-<lb/>
&#x017F;chlagenden Pulver. Ein Glas Mallaga, um das<lb/>
Blut ein wenig lebhafter durch die Adern zu jagen.<lb/>
&#x2014; Ho&#x0364;r er, Bittermann, das muß ich ihm nach-<lb/>
&#x017F;agen, er hat eine helle durchdringende Stimme;<lb/></p>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[66/0074] uͤbel ablaufen koͤnnen, wenn nicht der großmuͤthige Fremde — Wer iſt der Mann? wer kennt ihn? Bittermann hat mir da allerley verworrenes Zeug vorgeſchwazt. Eulal. Man kann nicht klug aus ihm werden. Er kam vor einigen Monaten in dieſe Gegend und miethete von Bittermann das kleine Haus am Ende des Parks. Da lebt er ganz im Stillen; er ſieht niemand, er ſpricht mit niemand; ich ſelbſt ſah ihn nur ein paarmal von ferne. Scheu und gebuͤckt ſchleicht er umher und weicht jedermann aus; aber er thut viel Gutes im Verborgenen. Graf. Lotte, geh hin und bitt’ ihn auf den Abend zum Eſſen. Er moͤgte vorlieb nehmen, hoͤrſt du? er kaͤme in das Haus eines Freundes. Graͤfin. Sie vergeſſen ſich umzukleiden. Graf. Gleich, gleich. Graͤfin. Und niederſchlagendes Pulver einzu- nehmen. Graf. Ich habe den Henker von Ihrem nieder- ſchlagenden Pulver. Ein Glas Mallaga, um das Blut ein wenig lebhafter durch die Adern zu jagen. — Hoͤr er, Bittermann, das muß ich ihm nach- ſagen, er hat eine helle durchdringende Stimme;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790/74
Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790/74>, abgerufen am 20.04.2024.