Kotzebue, August von: Der Rehbock oder die Schuldlosen Schuldbewußten. Leipzig, 1815. Grete. Junger Herr, das versteht er nicht. Wenn Unsereins 25 Jahr alt und noch nicht unter der Haube ist, so fangen die Leute an von alten Jungfern zu munkeln, und das klingt so häßlich, daß man lieber den Satanas heirathen möchte. Nan. Und so habt ihr denn auch den Satan geheirathet? Grete. (sich schüchtern umsehend) Den leib- haftigen! Nan. (lachend) Nur die Hörner fehlen noch. Grete. Die soll der Teufel für sich be- halten. Ich war ein ehrliches Mädchen und will auch eine ehrliche Frau bleiben. Drei Tage bin ich schon verheirathet, aber kein Mensch im ganzen Dorfe kann mir etwas Böses nachsagen. Gott sey Dank, man hat Grundsätze. Nan. (bei Seite) Die wir doch ein wenig prüfen wollen. (laut) Ach liebe Frau Pach- terin! Grete. Junger Herr, das versteht er nicht. Wenn Unsereins 25 Jahr alt und noch nicht unter der Haube ist, so fangen die Leute an von alten Jungfern zu munkeln, und das klingt so haͤßlich, daß man lieber den Satanas heirathen moͤchte. Nan. Und so habt ihr denn auch den Satan geheirathet? Grete. (sich schüchtern umsehend) Den leib- haftigen! Nan. (lachend) Nur die Hoͤrner fehlen noch. Grete. Die soll der Teufel fuͤr sich be- halten. Ich war ein ehrliches Maͤdchen und will auch eine ehrliche Frau bleiben. Drei Tage bin ich schon verheirathet, aber kein Mensch im ganzen Dorfe kann mir etwas Boͤses nachsagen. Gott sey Dank, man hat Grundsaͤtze. Nan. (bei Seite) Die wir doch ein wenig pruͤfen wollen. (laut) Ach liebe Frau Pach- terin! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0045" n="39"/> <sp who="#GRE"> <speaker>Grete.</speaker> <p> Junger Herr, das versteht er<lb/> nicht. Wenn Unsereins 25 Jahr alt und<lb/> noch nicht unter der Haube ist, so fangen die<lb/> Leute an von alten Jungfern zu munkeln,<lb/> und das klingt so haͤßlich, daß man lieber<lb/> den Satanas heirathen moͤchte.</p> </sp> <sp who="#NA"> <speaker>Nan.</speaker> <p> Und so habt ihr denn auch den<lb/> Satan geheirathet?</p> </sp> <sp who="#GRE"> <speaker>Grete.</speaker> <p><stage>(sich schüchtern umsehend)</stage> Den leib-<lb/> haftigen!</p> </sp> <sp who="#NA"> <speaker>Nan.</speaker> <p><stage>(lachend)</stage> Nur die Hoͤrner fehlen<lb/> noch.</p> </sp> <sp who="#GRE"> <speaker>Grete.</speaker> <p> Die soll der Teufel fuͤr sich be-<lb/> halten. Ich war ein ehrliches Maͤdchen und<lb/> will auch eine ehrliche Frau bleiben. Drei<lb/> Tage bin ich schon verheirathet, aber kein<lb/> Mensch im ganzen Dorfe kann mir etwas<lb/> Boͤses nachsagen. Gott sey Dank, man hat<lb/> Grundsaͤtze.</p> </sp> <sp who="#NA"> <speaker>Nan.</speaker> <p><stage>(bei Seite)</stage> Die wir doch ein wenig<lb/> pruͤfen wollen. <stage>(laut)</stage> Ach liebe Frau Pach-<lb/> terin! </p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [39/0045]
Grete. Junger Herr, das versteht er
nicht. Wenn Unsereins 25 Jahr alt und
noch nicht unter der Haube ist, so fangen die
Leute an von alten Jungfern zu munkeln,
und das klingt so haͤßlich, daß man lieber
den Satanas heirathen moͤchte.
Nan. Und so habt ihr denn auch den
Satan geheirathet?
Grete. (sich schüchtern umsehend) Den leib-
haftigen!
Nan. (lachend) Nur die Hoͤrner fehlen
noch.
Grete. Die soll der Teufel fuͤr sich be-
halten. Ich war ein ehrliches Maͤdchen und
will auch eine ehrliche Frau bleiben. Drei
Tage bin ich schon verheirathet, aber kein
Mensch im ganzen Dorfe kann mir etwas
Boͤses nachsagen. Gott sey Dank, man hat
Grundsaͤtze.
Nan. (bei Seite) Die wir doch ein wenig
pruͤfen wollen. (laut) Ach liebe Frau Pach-
terin!
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Zitationshilfe: | Kotzebue, August von: Der Rehbock oder die Schuldlosen Schuldbewußten. Leipzig, 1815, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_rehbock_1815/45>, abgerufen am 15.02.2025. |