Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Krüger, Johann Christian: Die Geistlichen auf dem Lande. Frankfurt (Main) u. a., 1743.

Bild:
<< vorherige Seite


nunft und Weltweisheit nicht anders aus-
treiben, als ob er 3. Teufel verbannen sollte.
Jene sind aber nicht so furchtsam vor sei-
nem Geplärre gewesen, als diese zu seyn
pflegen, denn ich kan mich Gott Lob über-
zeugen, daß mir alle 3. so gut gewesen,
und bey mir geblieben sind. Er beschwur
sie zugleich, von ihm auch auszufahren, und
ob sie gleich der Wohnung bey ihm sehr
überdrüßig seyn mögen, so haben sie doch
auf höhern Befehl vermuthlich noch bey
ihm aushalten müssen.
Herr v. R. Jhre Frau Mutter ist über diese
Nachricht, wie sie vielleicht selbst vermu-
then können, vor Freuden ganz ausser sich,
und liegt anjetzt mit Muffeln und Tempel-
stolzen auf den Knien, dem Himmel für
die Ausfahrung ihrer Vernunft Dank zu
sagen.
Wilhelm. Der Heuchler will also durch sein
Gebet den Himmel sogar betrügen? Tem-
pelstolz wird sonderlich sehr viel Andacht
dabey haben; ich will wetten, daß er für
Neid über Muffeln bersten möchte. Aber
meynen sie nicht, mein Herr Oheim, daß
meiner Mama Leichtglaubigkeit von üblen
Folgen für mich und Wahrmund feyn
könnte?
Herr v. R. Besorgen sie nichts von derselben,
schönstes Fräulein. Jhre Frau Mama
wird sie nun freylich, Muffeln zu heyra-
then, ohne Zweifel zwingen wollen, aber ich
habe
H 5


nunft und Weltweisheit nicht anders aus-
treiben, als ob er 3. Teufel verbannen ſollte.
Jene ſind aber nicht ſo furchtſam vor ſei-
nem Geplaͤrre geweſen, als dieſe zu ſeyn
pflegen, denn ich kan mich Gott Lob uͤber-
zeugen, daß mir alle 3. ſo gut geweſen,
und bey mir geblieben ſind. Er beſchwur
ſie zugleich, von ihm auch auszufahren, und
ob ſie gleich der Wohnung bey ihm ſehr
uͤberdruͤßig ſeyn moͤgen, ſo haben ſie doch
auf hoͤhern Befehl vermuthlich noch bey
ihm aushalten muͤſſen.
Herr v. R. Jhre Frau Mutter iſt uͤber dieſe
Nachricht, wie ſie vielleicht ſelbſt vermu-
then koͤnnen, vor Freuden ganz auſſer ſich,
und liegt anjetzt mit Muffeln und Tempel-
ſtolzen auf den Knien, dem Himmel fuͤr
die Ausfahrung ihrer Vernunft Dank zu
ſagen.
Wilhelm. Der Heuchler will alſo durch ſein
Gebet den Himmel ſogar betruͤgen? Tem-
pelſtolz wird ſonderlich ſehr viel Andacht
dabey haben; ich will wetten, daß er fuͤr
Neid uͤber Muffeln berſten moͤchte. Aber
meynen ſie nicht, mein Herr Oheim, daß
meiner Mama Leichtglaubigkeit von uͤblen
Folgen fuͤr mich und Wahrmund feyn
koͤnnte?
Herr v. R. Beſorgen ſie nichts von derſelben,
ſchoͤnſtes Fraͤulein. Jhre Frau Mama
wird ſie nun freylich, Muffeln zu heyra-
then, ohne Zweifel zwingen wollen, aber ich
habe
H 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#WIL">
            <p><pb facs="#f0125" n="121"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
nunft und Weltweisheit nicht anders aus-<lb/>
treiben, als ob er 3. Teufel verbannen &#x017F;ollte.<lb/>
Jene &#x017F;ind aber nicht &#x017F;o furcht&#x017F;am vor &#x017F;ei-<lb/>
nem Gepla&#x0364;rre gewe&#x017F;en, als die&#x017F;e zu &#x017F;eyn<lb/>
pflegen, denn ich kan mich Gott Lob u&#x0364;ber-<lb/>
zeugen, daß mir alle 3. &#x017F;o gut gewe&#x017F;en,<lb/>
und bey mir geblieben &#x017F;ind. Er be&#x017F;chwur<lb/>
&#x017F;ie zugleich, von ihm auch auszufahren, und<lb/>
ob &#x017F;ie gleich der Wohnung bey ihm &#x017F;ehr<lb/>
u&#x0364;berdru&#x0364;ßig &#x017F;eyn mo&#x0364;gen, &#x017F;o haben &#x017F;ie doch<lb/>
auf ho&#x0364;hern Befehl vermuthlich noch bey<lb/>
ihm aushalten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#HVR">
            <speaker>Herr v. R.</speaker>
            <p>Jhre Frau Mutter i&#x017F;t u&#x0364;ber die&#x017F;e<lb/>
Nachricht, wie &#x017F;ie vielleicht &#x017F;elb&#x017F;t vermu-<lb/>
then ko&#x0364;nnen, vor Freuden ganz au&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ich,<lb/>
und liegt anjetzt mit Muffeln und Tempel-<lb/>
&#x017F;tolzen auf den Knien, dem Himmel fu&#x0364;r<lb/>
die Ausfahrung ihrer Vernunft Dank zu<lb/>
&#x017F;agen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#WIL">
            <speaker>Wilhelm.</speaker>
            <p>Der Heuchler will al&#x017F;o durch &#x017F;ein<lb/>
Gebet den Himmel &#x017F;ogar betru&#x0364;gen? Tem-<lb/>
pel&#x017F;tolz wird &#x017F;onderlich &#x017F;ehr viel Andacht<lb/>
dabey haben; ich will wetten, daß er fu&#x0364;r<lb/>
Neid u&#x0364;ber Muffeln ber&#x017F;ten mo&#x0364;chte. Aber<lb/>
meynen &#x017F;ie nicht, mein Herr Oheim, daß<lb/>
meiner Mama Leichtglaubigkeit von u&#x0364;blen<lb/>
Folgen fu&#x0364;r mich und Wahrmund feyn<lb/>
ko&#x0364;nnte?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#HVR">
            <speaker>Herr v. R.</speaker>
            <p>Be&#x017F;orgen &#x017F;ie nichts von der&#x017F;elben,<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;tes Fra&#x0364;ulein. Jhre Frau Mama<lb/>
wird &#x017F;ie nun freylich, Muffeln zu heyra-<lb/>
then, ohne Zweifel zwingen wollen, aber ich<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H 5</fw><fw place="bottom" type="catch">habe</fw><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[121/0125] nunft und Weltweisheit nicht anders aus- treiben, als ob er 3. Teufel verbannen ſollte. Jene ſind aber nicht ſo furchtſam vor ſei- nem Geplaͤrre geweſen, als dieſe zu ſeyn pflegen, denn ich kan mich Gott Lob uͤber- zeugen, daß mir alle 3. ſo gut geweſen, und bey mir geblieben ſind. Er beſchwur ſie zugleich, von ihm auch auszufahren, und ob ſie gleich der Wohnung bey ihm ſehr uͤberdruͤßig ſeyn moͤgen, ſo haben ſie doch auf hoͤhern Befehl vermuthlich noch bey ihm aushalten muͤſſen. Herr v. R. Jhre Frau Mutter iſt uͤber dieſe Nachricht, wie ſie vielleicht ſelbſt vermu- then koͤnnen, vor Freuden ganz auſſer ſich, und liegt anjetzt mit Muffeln und Tempel- ſtolzen auf den Knien, dem Himmel fuͤr die Ausfahrung ihrer Vernunft Dank zu ſagen. Wilhelm. Der Heuchler will alſo durch ſein Gebet den Himmel ſogar betruͤgen? Tem- pelſtolz wird ſonderlich ſehr viel Andacht dabey haben; ich will wetten, daß er fuͤr Neid uͤber Muffeln berſten moͤchte. Aber meynen ſie nicht, mein Herr Oheim, daß meiner Mama Leichtglaubigkeit von uͤblen Folgen fuͤr mich und Wahrmund feyn koͤnnte? Herr v. R. Beſorgen ſie nichts von derſelben, ſchoͤnſtes Fraͤulein. Jhre Frau Mama wird ſie nun freylich, Muffeln zu heyra- then, ohne Zweifel zwingen wollen, aber ich habe H 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_geistliche_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_geistliche_1743/125
Zitationshilfe: Krüger, Johann Christian: Die Geistlichen auf dem Lande. Frankfurt (Main) u. a., 1743, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_geistliche_1743/125>, abgerufen am 13.10.2024.