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Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905.

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hauswirtschaftliche Ausbildung der Töchter aller solcher Fa-
milien, in denen die Mutter außer dem Hause arbeitet oder
selbst nichts von einer geordneten Haushaltung versteht.

Auch bei Mädchen, die in fremdem Haushalte Stellung
annehmen, darf man nicht ohne weiteres voraussetzen, daß
wenigstens sie die für das Gedeihen eines späteren eigenen
Haushaltes notwendigen Kenntnisse erwürben, eine Annahme,
der wir häufig begegnen. Jn verwöhnten Haushaltungen,
das leuchtet ohne weiteres ein, ist das keineswegs der Fall.
Und auch der Haushalt des mittleren Bürgerstandes ist auf
ganz anderer Grundlage aufgebaut als der des Arbeiters,
ganz abgesehen davon, daß durchaus nicht jede Hausfrau ge-
neigt und fähig ist und daß auch nicht eine jede Hausfrau Zeit
hat, das in ihren Diensten stehende Mädchen zu Selbständigkeit
anzuleiten, ihr wirklich Einblick in die Haushaltsführung zu
gewähren. Eine an einen Haushalt größeren Stiles ge-
wöhnte Frau würde auch bei gutem Willen meist nur eine
unvollkommene Lehrmeisterin sein. Denn der Aufgabe, die
das Dienstmädchen nach seiner Verheiratung fast durchweg er-
wartet, der Aufgabe, mit beschränktesten Mitteln alle Haus-
frauenpflichten und zugleich alle Pflichten als Gattin und
Mutter ohne irgendwelche Hilfskraft zu erfüllen, sie selbst
dann zu erfüllen, wenn sie als Frau mitverdienend tätig sein
muß, dieser Aufgabe wäre eine Hausfrau, die an Dienstboten
gewöhnt ist, nur selten gewachsen. Dafür bedarf es beson-
derer, den Verhältnissen angepaßter Vorbildung, die die Durch-
schnittshausfrau nicht zu geben vermag.

Auch Vervollständigung der Allgemeinbildung der schon
mit 14 Jahren aus der Schule entlassenen Mädchen ist drin-
gend zu wünschen. Handelt es sich doch in der Fortbildungs-
schule nicht lediglich um praktisches Lernen, sondern zugleich

hauswirtschaftliche Ausbildung der Töchter aller solcher Fa-
milien, in denen die Mutter außer dem Hause arbeitet oder
selbst nichts von einer geordneten Haushaltung versteht.

Auch bei Mädchen, die in fremdem Haushalte Stellung
annehmen, darf man nicht ohne weiteres voraussetzen, daß
wenigstens sie die für das Gedeihen eines späteren eigenen
Haushaltes notwendigen Kenntnisse erwürben, eine Annahme,
der wir häufig begegnen. Jn verwöhnten Haushaltungen,
das leuchtet ohne weiteres ein, ist das keineswegs der Fall.
Und auch der Haushalt des mittleren Bürgerstandes ist auf
ganz anderer Grundlage aufgebaut als der des Arbeiters,
ganz abgesehen davon, daß durchaus nicht jede Hausfrau ge-
neigt und fähig ist und daß auch nicht eine jede Hausfrau Zeit
hat, das in ihren Diensten stehende Mädchen zu Selbständigkeit
anzuleiten, ihr wirklich Einblick in die Haushaltsführung zu
gewähren. Eine an einen Haushalt größeren Stiles ge-
wöhnte Frau würde auch bei gutem Willen meist nur eine
unvollkommene Lehrmeisterin sein. Denn der Aufgabe, die
das Dienstmädchen nach seiner Verheiratung fast durchweg er-
wartet, der Aufgabe, mit beschränktesten Mitteln alle Haus-
frauenpflichten und zugleich alle Pflichten als Gattin und
Mutter ohne irgendwelche Hilfskraft zu erfüllen, sie selbst
dann zu erfüllen, wenn sie als Frau mitverdienend tätig sein
muß, dieser Aufgabe wäre eine Hausfrau, die an Dienstboten
gewöhnt ist, nur selten gewachsen. Dafür bedarf es beson-
derer, den Verhältnissen angepaßter Vorbildung, die die Durch-
schnittshausfrau nicht zu geben vermag.

Auch Vervollständigung der Allgemeinbildung der schon
mit 14 Jahren aus der Schule entlassenen Mädchen ist drin-
gend zu wünschen. Handelt es sich doch in der Fortbildungs-
schule nicht lediglich um praktisches Lernen, sondern zugleich

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[16/0026] hauswirtschaftliche Ausbildung der Töchter aller solcher Fa- milien, in denen die Mutter außer dem Hause arbeitet oder selbst nichts von einer geordneten Haushaltung versteht. Auch bei Mädchen, die in fremdem Haushalte Stellung annehmen, darf man nicht ohne weiteres voraussetzen, daß wenigstens sie die für das Gedeihen eines späteren eigenen Haushaltes notwendigen Kenntnisse erwürben, eine Annahme, der wir häufig begegnen. Jn verwöhnten Haushaltungen, das leuchtet ohne weiteres ein, ist das keineswegs der Fall. Und auch der Haushalt des mittleren Bürgerstandes ist auf ganz anderer Grundlage aufgebaut als der des Arbeiters, ganz abgesehen davon, daß durchaus nicht jede Hausfrau ge- neigt und fähig ist und daß auch nicht eine jede Hausfrau Zeit hat, das in ihren Diensten stehende Mädchen zu Selbständigkeit anzuleiten, ihr wirklich Einblick in die Haushaltsführung zu gewähren. Eine an einen Haushalt größeren Stiles ge- wöhnte Frau würde auch bei gutem Willen meist nur eine unvollkommene Lehrmeisterin sein. Denn der Aufgabe, die das Dienstmädchen nach seiner Verheiratung fast durchweg er- wartet, der Aufgabe, mit beschränktesten Mitteln alle Haus- frauenpflichten und zugleich alle Pflichten als Gattin und Mutter ohne irgendwelche Hilfskraft zu erfüllen, sie selbst dann zu erfüllen, wenn sie als Frau mitverdienend tätig sein muß, dieser Aufgabe wäre eine Hausfrau, die an Dienstboten gewöhnt ist, nur selten gewachsen. Dafür bedarf es beson- derer, den Verhältnissen angepaßter Vorbildung, die die Durch- schnittshausfrau nicht zu geben vermag. Auch Vervollständigung der Allgemeinbildung der schon mit 14 Jahren aus der Schule entlassenen Mädchen ist drin- gend zu wünschen. Handelt es sich doch in der Fortbildungs- schule nicht lediglich um praktisches Lernen, sondern zugleich

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-11-13T13:59:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-08-20T13:59:15Z)
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Zitationshilfe: Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krukenberg_frauenbewegung_1905/26>, abgerufen am 18.04.2024.