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Kugler, Franz: Die Incantada. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 81–146. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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was er doch nicht auszusprechen wage. Stuart leitete das Gespräch, mit unbedeutenden Dingen beginnend, ein; dann fragte er ihn, was er auf dem Herzen habe.

Ach ja! begann Jener, ich hab' es wohl gesehen, Bruder, du bist nicht von hier, du bist aus fernem Lande, du sprichst nicht wie die Andern, du weißt viel, was die Andern nicht wissen, du besitzest geheime Wissenschaften, die sie nicht kennen! Sieh, Bruder, fuhr er zutraulicher fort, der Dimitri muß ein bitteres Geheimniß mit sich umhertragen, und er sucht und sucht, und kann es nicht lösen. Darum bin ich mit den Männern hingegangen zum heiligen Berge, ihr Gehülfe zu sein bei ihren Einkäufen; aber ich gedachte, den guten Vätern auf dem heiligen Berge, die so viel Bücher haben, in denen viele Wissenschaften ausgezeichnet sind, und deren Geschäft es ist, Tag für Tag in den Büchern zu lesen und die Wissenschaften zu lernen, -- ihnen gedachte ich mein Geheimniß vorzulegen und sie um die Auflösung zu bitten. Aber sie wollten mich an ihrer Wissenschaft nicht Theil nehmen lassen. Einen fragte ich, und noch einen, und noch einen, und jeder sagte mir, ich sei ein Thor, daß ich in solche Dinge eindringen wolle.

Er hielt inne. Und in welche Dinge wolltest du eindringen? fragte Stuart.

O sieh, Bruder, fuhr der junge Grieche fort, es giebt manchen Zauber in der Welt, manchen bösen, übermächtigen Zauber, und wer ihn lösen soll, von dem

was er doch nicht auszusprechen wage. Stuart leitete das Gespräch, mit unbedeutenden Dingen beginnend, ein; dann fragte er ihn, was er auf dem Herzen habe.

Ach ja! begann Jener, ich hab' es wohl gesehen, Bruder, du bist nicht von hier, du bist aus fernem Lande, du sprichst nicht wie die Andern, du weißt viel, was die Andern nicht wissen, du besitzest geheime Wissenschaften, die sie nicht kennen! Sieh, Bruder, fuhr er zutraulicher fort, der Dimitri muß ein bitteres Geheimniß mit sich umhertragen, und er sucht und sucht, und kann es nicht lösen. Darum bin ich mit den Männern hingegangen zum heiligen Berge, ihr Gehülfe zu sein bei ihren Einkäufen; aber ich gedachte, den guten Vätern auf dem heiligen Berge, die so viel Bücher haben, in denen viele Wissenschaften ausgezeichnet sind, und deren Geschäft es ist, Tag für Tag in den Büchern zu lesen und die Wissenschaften zu lernen, — ihnen gedachte ich mein Geheimniß vorzulegen und sie um die Auflösung zu bitten. Aber sie wollten mich an ihrer Wissenschaft nicht Theil nehmen lassen. Einen fragte ich, und noch einen, und noch einen, und jeder sagte mir, ich sei ein Thor, daß ich in solche Dinge eindringen wolle.

Er hielt inne. Und in welche Dinge wolltest du eindringen? fragte Stuart.

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:01:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:01:39Z)

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Zitationshilfe: Kugler, Franz: Die Incantada. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 81–146. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kugler_incantada_1910/12>, abgerufen am 28.03.2024.