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Kugler, Franz: Die Incantada. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 81–146. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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vorüber ritt, näher zu betrachten. Was ziemte es doch dem Giaur, vom Wege abzulenken und eignem Willen zu folgen! Auch fügte es sich auf allen Stationen des Weges, wo die Pferde gewechselt wurden, daß Stuart stets das schlechteste Pferd erhielt und daher den Uebrigen entweder nur mühsam zu folgen im Stande oder allen möglichen Eigensinn des Thieres zu bekämpfen genöthigt war.

Die siebente Nacht der Reise hatte man zu Ortho gerastet, nicht sehr fern von Salonichi, das rechter Hand liegen bleiben sollte. Als man hier am Morgen ausritt, erhielt Stuart zufälliger Weise ein erträgliches Pferd, was jedoch so heftigen Zorn von Seiten des Aga's erregte, daß er sich schleunigst und bescheiden erbot, dasselbe gegen irgend ein andres umzutauschen. Mit großem Lärm ward der Vorschlag angenommen; Stuart aber beschloß im Stillen, die Gesellschaft, die ihm bald ernsthaft gefährlich werden konnte, bei der ersten passenden Gelegenheit zu verlassen. Gegen Abend kam man in ein Dorf, Langathia, wo wiederum die Pferde gewechselt wurden. Stuart begann hier wegen eines bequemeren Pferdes zu unterhandeln; aber kaum war dasselbe gesattelt, so war auch der Aga schon zur Hand, machte dem Stallknecht heftige Vorwürfe, daß er einem Giaur ein so gutes Pferd geben wolle, wie einem Muselmann, und befahl dann dem Pferdehalter, der zugleich der Wirth der Dorfherberge war, die schlechtesten Pferde, die er im Stall habe, vorzuführen.

vorüber ritt, näher zu betrachten. Was ziemte es doch dem Giaur, vom Wege abzulenken und eignem Willen zu folgen! Auch fügte es sich auf allen Stationen des Weges, wo die Pferde gewechselt wurden, daß Stuart stets das schlechteste Pferd erhielt und daher den Uebrigen entweder nur mühsam zu folgen im Stande oder allen möglichen Eigensinn des Thieres zu bekämpfen genöthigt war.

Die siebente Nacht der Reise hatte man zu Ortho gerastet, nicht sehr fern von Salonichi, das rechter Hand liegen bleiben sollte. Als man hier am Morgen ausritt, erhielt Stuart zufälliger Weise ein erträgliches Pferd, was jedoch so heftigen Zorn von Seiten des Aga's erregte, daß er sich schleunigst und bescheiden erbot, dasselbe gegen irgend ein andres umzutauschen. Mit großem Lärm ward der Vorschlag angenommen; Stuart aber beschloß im Stillen, die Gesellschaft, die ihm bald ernsthaft gefährlich werden konnte, bei der ersten passenden Gelegenheit zu verlassen. Gegen Abend kam man in ein Dorf, Langathia, wo wiederum die Pferde gewechselt wurden. Stuart begann hier wegen eines bequemeren Pferdes zu unterhandeln; aber kaum war dasselbe gesattelt, so war auch der Aga schon zur Hand, machte dem Stallknecht heftige Vorwürfe, daß er einem Giaur ein so gutes Pferd geben wolle, wie einem Muselmann, und befahl dann dem Pferdehalter, der zugleich der Wirth der Dorfherberge war, die schlechtesten Pferde, die er im Stall habe, vorzuführen.

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[0025] vorüber ritt, näher zu betrachten. Was ziemte es doch dem Giaur, vom Wege abzulenken und eignem Willen zu folgen! Auch fügte es sich auf allen Stationen des Weges, wo die Pferde gewechselt wurden, daß Stuart stets das schlechteste Pferd erhielt und daher den Uebrigen entweder nur mühsam zu folgen im Stande oder allen möglichen Eigensinn des Thieres zu bekämpfen genöthigt war. Die siebente Nacht der Reise hatte man zu Ortho gerastet, nicht sehr fern von Salonichi, das rechter Hand liegen bleiben sollte. Als man hier am Morgen ausritt, erhielt Stuart zufälliger Weise ein erträgliches Pferd, was jedoch so heftigen Zorn von Seiten des Aga's erregte, daß er sich schleunigst und bescheiden erbot, dasselbe gegen irgend ein andres umzutauschen. Mit großem Lärm ward der Vorschlag angenommen; Stuart aber beschloß im Stillen, die Gesellschaft, die ihm bald ernsthaft gefährlich werden konnte, bei der ersten passenden Gelegenheit zu verlassen. Gegen Abend kam man in ein Dorf, Langathia, wo wiederum die Pferde gewechselt wurden. Stuart begann hier wegen eines bequemeren Pferdes zu unterhandeln; aber kaum war dasselbe gesattelt, so war auch der Aga schon zur Hand, machte dem Stallknecht heftige Vorwürfe, daß er einem Giaur ein so gutes Pferd geben wolle, wie einem Muselmann, und befahl dann dem Pferdehalter, der zugleich der Wirth der Dorfherberge war, die schlechtesten Pferde, die er im Stall habe, vorzuführen.

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:01:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:01:39Z)

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Zitationshilfe: Kugler, Franz: Die Incantada. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 81–146. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kugler_incantada_1910/25>, abgerufen am 24.04.2024.