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Kugler, Franz: Die Incantada. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 81–146. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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hohem Schilf bewachsen war. Hierin suchte er sich zu verbergen. Doch schien es ihm nicht sicher genug. Bald fand er in der Nähe ein hohes Brombeergebüsch, das sich weit umher verbreitete; mit aller erdenklichen Sorgfalt kroch er, so tief es nur möglich war, in das Gebüsch hinein, dessen stachlige Wölbungen eine schützende Decke über ihm bildeten.

Nicht lange hatte er hier gerastet, als er verschiedene Lichtschimmer in der Nacht auftauchen sah. Es waren Trupps von Türken, die mit Fackeln in den Händen das Feld durchschwärmten. Sie kamen näher; bei einem derselben erkannte er bald jenen Diener, der die Kunde von seiner Flucht überbracht haben mußte. Man hatte die Spuren seiner Füße aufgefunden und war durch sie bis an den Fluß geleitet worden. Eilfertig wurde das ganze Uferschilf durchsucht. Da man nichts fand, so wandte man sich zu dem Brombeergebüsch. Das stachlige Geniste machte hier die Nachforschung schwieriger; nach einigen vergeblichen Versuchen, in das Innere desselben einzudringen, fingen die Verfolger an, große Reisbündel herbeizuschaffen, schichteten diese rings um das Gebüsch umher und zündeten sie an, das letztere selbst in Brand zu setzen oder Stuart doch an unbemerkter Flucht zu verhindern. Schon leckten die Flammen in das Gebüsch hinein, schon war der Verfolgte auf das Aeußerste gefaßt, als ein höherer Wille zu seiner Rettung eintrat. Ein plötzlicher Regen löschte die Feuerbrände aus und trieb die

hohem Schilf bewachsen war. Hierin suchte er sich zu verbergen. Doch schien es ihm nicht sicher genug. Bald fand er in der Nähe ein hohes Brombeergebüsch, das sich weit umher verbreitete; mit aller erdenklichen Sorgfalt kroch er, so tief es nur möglich war, in das Gebüsch hinein, dessen stachlige Wölbungen eine schützende Decke über ihm bildeten.

Nicht lange hatte er hier gerastet, als er verschiedene Lichtschimmer in der Nacht auftauchen sah. Es waren Trupps von Türken, die mit Fackeln in den Händen das Feld durchschwärmten. Sie kamen näher; bei einem derselben erkannte er bald jenen Diener, der die Kunde von seiner Flucht überbracht haben mußte. Man hatte die Spuren seiner Füße aufgefunden und war durch sie bis an den Fluß geleitet worden. Eilfertig wurde das ganze Uferschilf durchsucht. Da man nichts fand, so wandte man sich zu dem Brombeergebüsch. Das stachlige Geniste machte hier die Nachforschung schwieriger; nach einigen vergeblichen Versuchen, in das Innere desselben einzudringen, fingen die Verfolger an, große Reisbündel herbeizuschaffen, schichteten diese rings um das Gebüsch umher und zündeten sie an, das letztere selbst in Brand zu setzen oder Stuart doch an unbemerkter Flucht zu verhindern. Schon leckten die Flammen in das Gebüsch hinein, schon war der Verfolgte auf das Aeußerste gefaßt, als ein höherer Wille zu seiner Rettung eintrat. Ein plötzlicher Regen löschte die Feuerbrände aus und trieb die

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[0029] hohem Schilf bewachsen war. Hierin suchte er sich zu verbergen. Doch schien es ihm nicht sicher genug. Bald fand er in der Nähe ein hohes Brombeergebüsch, das sich weit umher verbreitete; mit aller erdenklichen Sorgfalt kroch er, so tief es nur möglich war, in das Gebüsch hinein, dessen stachlige Wölbungen eine schützende Decke über ihm bildeten. Nicht lange hatte er hier gerastet, als er verschiedene Lichtschimmer in der Nacht auftauchen sah. Es waren Trupps von Türken, die mit Fackeln in den Händen das Feld durchschwärmten. Sie kamen näher; bei einem derselben erkannte er bald jenen Diener, der die Kunde von seiner Flucht überbracht haben mußte. Man hatte die Spuren seiner Füße aufgefunden und war durch sie bis an den Fluß geleitet worden. Eilfertig wurde das ganze Uferschilf durchsucht. Da man nichts fand, so wandte man sich zu dem Brombeergebüsch. Das stachlige Geniste machte hier die Nachforschung schwieriger; nach einigen vergeblichen Versuchen, in das Innere desselben einzudringen, fingen die Verfolger an, große Reisbündel herbeizuschaffen, schichteten diese rings um das Gebüsch umher und zündeten sie an, das letztere selbst in Brand zu setzen oder Stuart doch an unbemerkter Flucht zu verhindern. Schon leckten die Flammen in das Gebüsch hinein, schon war der Verfolgte auf das Aeußerste gefaßt, als ein höherer Wille zu seiner Rettung eintrat. Ein plötzlicher Regen löschte die Feuerbrände aus und trieb die

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:01:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:01:39Z)

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Zitationshilfe: Kugler, Franz: Die Incantada. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 81–146. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kugler_incantada_1910/29>, abgerufen am 28.03.2024.