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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.

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§. 70. Die Verwaltung der auswärtigen Angelegenheiten.
lich ertheilt; sie ist für die rechtliche Wirksamkeit der vom Konsul
aufgenommenen Verhandlungen eine wesentliche Voraussetzung 1).

d) Eine volle, auf Civil- und Strafsachen sich erstreckende
Jurisdiktion über Reichsangehörige und Schutzgenossen steht den
Konsuln in der Türkei und einigen Staaten Asiens zu (vgl. Bd. I.
S. 366 ff.).

g) Führung der Matrikel.

Jeder Reichskonsul hat ein Verzeichniß der in seinem Amts-
bezirke wohnenden und zu diesem Behufe bei ihm angemeldeten
Reichsangehörigen zu führen 2). Hierin liegt ursprünglich keine
Ausübung einer obrigkeitlichen Funktion; es gibt keine juri-
stische Pflicht der Reichsangehörigen zur Meldung und die Ein-
tragung hat in sehr vielen Fällen gar keine juristische Wirkung 3).
Es kann aber eine solche mit derselben verknüpft sein und in
der Eintragung in die Matrikel eine Aeußerung der Reichsgewalt
verwirklicht werden, indem einem Reichsangehörigen, so lange er
in die Matrikel eingetragen ist, sein heimathliches Staatsbürger-
recht erhalten bleibt 4). Da durch die Eintragung das Staats-
bürgerrecht und die Reichs-Angehörigkeit nicht erworben werden
kann, so muß der Konsul, bevor er die Eintragung vornimmt,
prüfen, ob der sich Meldende auch in der That ein Reichsange-
höriger ist. Gewöhnlich wird dieser Nachweis durch Heimaths-
scheine oder Pässe erbracht werden 5). Ueber die erfolgte Ein-
tragung erhält der Eingetragene auf sein Verlangen ein vom Kon-

1) Es ist nicht gesetzlich vorgeschrieben, daß die Ermächtigung einem Kon-
sul generell ertheilt werden muß; sie kann auch auf einen einzelnen Fall
beschränkt sein. Die näheren Vorschriften über das von den Justizbehörden
einzuhaltende Verfahren, wenn sie eine solche spezielle Ermächtigung eines
Konsuls zur Abnahme eines Eides oder zur eidlichen Vernehmung eines Zeu-
gen herbeiführen wollen, sind enthalten in den Verfügungen des Preuß. Justiz-
Ministers v. 20. Nov. 1869 und vom 10. April 1870 (Justiz-Ministerial-Bl.
1869 S. 230. 1870 S. 111).
2) Konsulatsges. §. 12 Abs. 1.
3) Vgl. über die Frage nach der fakultativen oder obligatorischen An-
meldepflicht und über die im Orient bestehenden Einrichtungen und Vorschriften
F. Martens S. 555 ff.
4) Konsulatsges. §. 12 Abs. 2. Ges. v. 1. Juli 1870 §. 21. Vgl. dar-
über Bd. I. S. 173 fg.
5) Nähere Angaben enthält die Instruktion zu §. 12 cit. Vgl. auch
König, Handb. S. 91 fg.

§. 70. Die Verwaltung der auswärtigen Angelegenheiten.
lich ertheilt; ſie iſt für die rechtliche Wirkſamkeit der vom Konſul
aufgenommenen Verhandlungen eine weſentliche Vorausſetzung 1).

δ) Eine volle, auf Civil- und Strafſachen ſich erſtreckende
Jurisdiktion über Reichsangehörige und Schutzgenoſſen ſteht den
Konſuln in der Türkei und einigen Staaten Aſiens zu (vgl. Bd. I.
S. 366 ff.).

g) Führung der Matrikel.

Jeder Reichskonſul hat ein Verzeichniß der in ſeinem Amts-
bezirke wohnenden und zu dieſem Behufe bei ihm angemeldeten
Reichsangehörigen zu führen 2). Hierin liegt urſprünglich keine
Ausübung einer obrigkeitlichen Funktion; es gibt keine juri-
ſtiſche Pflicht der Reichsangehörigen zur Meldung und die Ein-
tragung hat in ſehr vielen Fällen gar keine juriſtiſche Wirkung 3).
Es kann aber eine ſolche mit derſelben verknüpft ſein und in
der Eintragung in die Matrikel eine Aeußerung der Reichsgewalt
verwirklicht werden, indem einem Reichsangehörigen, ſo lange er
in die Matrikel eingetragen iſt, ſein heimathliches Staatsbürger-
recht erhalten bleibt 4). Da durch die Eintragung das Staats-
bürgerrecht und die Reichs-Angehörigkeit nicht erworben werden
kann, ſo muß der Konſul, bevor er die Eintragung vornimmt,
prüfen, ob der ſich Meldende auch in der That ein Reichsange-
höriger iſt. Gewöhnlich wird dieſer Nachweis durch Heimaths-
ſcheine oder Päſſe erbracht werden 5). Ueber die erfolgte Ein-
tragung erhält der Eingetragene auf ſein Verlangen ein vom Kon-

1) Es iſt nicht geſetzlich vorgeſchrieben, daß die Ermächtigung einem Kon-
ſul generell ertheilt werden muß; ſie kann auch auf einen einzelnen Fall
beſchränkt ſein. Die näheren Vorſchriften über das von den Juſtizbehörden
einzuhaltende Verfahren, wenn ſie eine ſolche ſpezielle Ermächtigung eines
Konſuls zur Abnahme eines Eides oder zur eidlichen Vernehmung eines Zeu-
gen herbeiführen wollen, ſind enthalten in den Verfügungen des Preuß. Juſtiz-
Miniſters v. 20. Nov. 1869 und vom 10. April 1870 (Juſtiz-Miniſterial-Bl.
1869 S. 230. 1870 S. 111).
2) Konſulatsgeſ. §. 12 Abſ. 1.
3) Vgl. über die Frage nach der fakultativen oder obligatoriſchen An-
meldepflicht und über die im Orient beſtehenden Einrichtungen und Vorſchriften
F. Martens S. 555 ff.
4) Konſulatsgeſ. §. 12 Abſ. 2. Geſ. v. 1. Juli 1870 §. 21. Vgl. dar-
über Bd. I. S. 173 fg.
5) Nähere Angaben enthält die Inſtruktion zu §. 12 cit. Vgl. auch
König, Handb. S. 91 fg.
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[271/0285] §. 70. Die Verwaltung der auswärtigen Angelegenheiten. lich ertheilt; ſie iſt für die rechtliche Wirkſamkeit der vom Konſul aufgenommenen Verhandlungen eine weſentliche Vorausſetzung 1). δ) Eine volle, auf Civil- und Strafſachen ſich erſtreckende Jurisdiktion über Reichsangehörige und Schutzgenoſſen ſteht den Konſuln in der Türkei und einigen Staaten Aſiens zu (vgl. Bd. I. S. 366 ff.). g) Führung der Matrikel. Jeder Reichskonſul hat ein Verzeichniß der in ſeinem Amts- bezirke wohnenden und zu dieſem Behufe bei ihm angemeldeten Reichsangehörigen zu führen 2). Hierin liegt urſprünglich keine Ausübung einer obrigkeitlichen Funktion; es gibt keine juri- ſtiſche Pflicht der Reichsangehörigen zur Meldung und die Ein- tragung hat in ſehr vielen Fällen gar keine juriſtiſche Wirkung 3). Es kann aber eine ſolche mit derſelben verknüpft ſein und in der Eintragung in die Matrikel eine Aeußerung der Reichsgewalt verwirklicht werden, indem einem Reichsangehörigen, ſo lange er in die Matrikel eingetragen iſt, ſein heimathliches Staatsbürger- recht erhalten bleibt 4). Da durch die Eintragung das Staats- bürgerrecht und die Reichs-Angehörigkeit nicht erworben werden kann, ſo muß der Konſul, bevor er die Eintragung vornimmt, prüfen, ob der ſich Meldende auch in der That ein Reichsange- höriger iſt. Gewöhnlich wird dieſer Nachweis durch Heimaths- ſcheine oder Päſſe erbracht werden 5). Ueber die erfolgte Ein- tragung erhält der Eingetragene auf ſein Verlangen ein vom Kon- 1) Es iſt nicht geſetzlich vorgeſchrieben, daß die Ermächtigung einem Kon- ſul generell ertheilt werden muß; ſie kann auch auf einen einzelnen Fall beſchränkt ſein. Die näheren Vorſchriften über das von den Juſtizbehörden einzuhaltende Verfahren, wenn ſie eine ſolche ſpezielle Ermächtigung eines Konſuls zur Abnahme eines Eides oder zur eidlichen Vernehmung eines Zeu- gen herbeiführen wollen, ſind enthalten in den Verfügungen des Preuß. Juſtiz- Miniſters v. 20. Nov. 1869 und vom 10. April 1870 (Juſtiz-Miniſterial-Bl. 1869 S. 230. 1870 S. 111). 2) Konſulatsgeſ. §. 12 Abſ. 1. 3) Vgl. über die Frage nach der fakultativen oder obligatoriſchen An- meldepflicht und über die im Orient beſtehenden Einrichtungen und Vorſchriften F. Martens S. 555 ff. 4) Konſulatsgeſ. §. 12 Abſ. 2. Geſ. v. 1. Juli 1870 §. 21. Vgl. dar- über Bd. I. S. 173 fg. 5) Nähere Angaben enthält die Inſtruktion zu §. 12 cit. Vgl. auch König, Handb. S. 91 fg.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/285>, abgerufen am 28.03.2024.