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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.

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§. 70. Die Verwaltung der auswärtigen Angelegenheiten.

c) Der Reichskanzler hat die dem Kaiser zustehende Auf-
sicht über das Konsulatswesen auszuüben. Er überwacht die Ge-
schäftsführung der Konsulate, er ertheilt den Konsuln die erforder-
lichen Anweisungen in Angelegenheiten von allgemeinem Interesse
und an ihn haben die Konsuln ihre Berichte zu senden 1). Diese
Geschäftsthätigkeit des Kanzlers gehört zum Ressort des Auswär-
tigen Amtes und zwar zur zweiten Abtheilung desselben, mit
welchem die Konsulate in direktem Schriftenwechsel stehen und dem
sie dienstlich unmittelbar untergeordnet sind. Indessen stehen die
Konsulate in allen Angelegenheiten, denen ein politisches Interesse
zukömmt, auch in einem gewissen Unterordnungs-Verhältniß zu den
Kaiserlichen Gesandtschaften, welche in dem Staate ihres Amts-
bezirkes errichtet sind 2). Berichte allgemeinen Inhaltes sind durch
die Hand des Gesandten dem auswärtigen Amte einzureichen oder
dem Gesandten abschriftlich oder auszugsweise mitzutheilen 3). Zur
Wahrung völkerrechtlicher Befugnisse und politischer Interessen des
Reiches sind in erster Linie die Gesandtschaften berufen; die Kon-
suln dürfen denselben niemals entgegen handeln, sondern nur, so-
weit ihre Dienste in Anspruch genommen werden, sie unterstützen;
sie müssen daher den ihnen in dieser Beziehung ertheilten Anwei-
sungen Folge leisten.

d) Da zahlreiche von den Konsuln zu bearbeitende Angelegen-

erlassen. Nur bei dem ihr angehängten, durch das R.-G. v. 1. Juli 1872
außer Wirksamkeit gesetzten, provisorischen Gebühren-Tarif ist bemerkt, daß
derselbe im Einvernehmen mit dem Ausschusse für Handel und Verkehr erlassen
worden ist (Konsulatsges. §. 38). Dasselbe gilt von den Bestimmungen der
Nachtrags-Instruktion v. 23. Febr. 1873 §. 37 zur Ausführung des §. 47 der
Seemanns-Ordnung.
1) Konsulatsges. §. 3. Das Verhältniß des Reichskanzlers zu dem Bun-
desrath hinsichtlich der Instruktion der Konsuln ist demnach dahin zu bestim-
men, daß die Spezial-Anweisungen in den einzelnen Fällen vom Reichs-
kanzler selbstständig ertheilt, die allgemeinen Verwaltungsvorschriften da-
gegen vom Bundesrath beschlossen und vom Reichskanzler den Konsuln zur
Nachachtung mitgetheilt werden, dem dann die Kontrole ihrer Befolgung obliegt.
2) König, Handb. S. 34. Vgl. auch Esperson II. Nro. 23 S. 22.
Wo General-Konsulate bestehen, hat der General-Konsul über die
Thätigkeit der zu seinem Sprengel gehörigen Konsuln und Vicekonsuln eine
Ueberwachung und Leitung auszuüben. (Motive zum Konsulatsges. §. 2. Druck-
sachen des Reichst. 1867 Nro. 79 S. 138.)
3) Allgem. Dienst-Instrukt. zu §. 3.
§. 70. Die Verwaltung der auswärtigen Angelegenheiten.

c) Der Reichskanzler hat die dem Kaiſer zuſtehende Auf-
ſicht über das Konſulatsweſen auszuüben. Er überwacht die Ge-
ſchäftsführung der Konſulate, er ertheilt den Konſuln die erforder-
lichen Anweiſungen in Angelegenheiten von allgemeinem Intereſſe
und an ihn haben die Konſuln ihre Berichte zu ſenden 1). Dieſe
Geſchäftsthätigkeit des Kanzlers gehört zum Reſſort des Auswär-
tigen Amtes und zwar zur zweiten Abtheilung deſſelben, mit
welchem die Konſulate in direktem Schriftenwechſel ſtehen und dem
ſie dienſtlich unmittelbar untergeordnet ſind. Indeſſen ſtehen die
Konſulate in allen Angelegenheiten, denen ein politiſches Intereſſe
zukömmt, auch in einem gewiſſen Unterordnungs-Verhältniß zu den
Kaiſerlichen Geſandtſchaften, welche in dem Staate ihres Amts-
bezirkes errichtet ſind 2). Berichte allgemeinen Inhaltes ſind durch
die Hand des Geſandten dem auswärtigen Amte einzureichen oder
dem Geſandten abſchriftlich oder auszugsweiſe mitzutheilen 3). Zur
Wahrung völkerrechtlicher Befugniſſe und politiſcher Intereſſen des
Reiches ſind in erſter Linie die Geſandtſchaften berufen; die Kon-
ſuln dürfen denſelben niemals entgegen handeln, ſondern nur, ſo-
weit ihre Dienſte in Anſpruch genommen werden, ſie unterſtützen;
ſie müſſen daher den ihnen in dieſer Beziehung ertheilten Anwei-
ſungen Folge leiſten.

d) Da zahlreiche von den Konſuln zu bearbeitende Angelegen-

erlaſſen. Nur bei dem ihr angehängten, durch das R.-G. v. 1. Juli 1872
außer Wirkſamkeit geſetzten, proviſoriſchen Gebühren-Tarif iſt bemerkt, daß
derſelbe im Einvernehmen mit dem Ausſchuſſe für Handel und Verkehr erlaſſen
worden iſt (Konſulatsgeſ. §. 38). Daſſelbe gilt von den Beſtimmungen der
Nachtrags-Inſtruktion v. 23. Febr. 1873 §. 37 zur Ausführung des §. 47 der
Seemanns-Ordnung.
1) Konſulatsgeſ. §. 3. Das Verhältniß des Reichskanzlers zu dem Bun-
desrath hinſichtlich der Inſtruktion der Konſuln iſt demnach dahin zu beſtim-
men, daß die Spezial-Anweiſungen in den einzelnen Fällen vom Reichs-
kanzler ſelbſtſtändig ertheilt, die allgemeinen Verwaltungsvorſchriften da-
gegen vom Bundesrath beſchloſſen und vom Reichskanzler den Konſuln zur
Nachachtung mitgetheilt werden, dem dann die Kontrole ihrer Befolgung obliegt.
2) König, Handb. S. 34. Vgl. auch Esperson II. Nro. 23 S. 22.
Wo General-Konſulate beſtehen, hat der General-Konſul über die
Thätigkeit der zu ſeinem Sprengel gehörigen Konſuln und Vicekonſuln eine
Ueberwachung und Leitung auszuüben. (Motive zum Konſulatsgeſ. §. 2. Druck-
ſachen des Reichst. 1867 Nro. 79 S. 138.)
3) Allgem. Dienſt-Inſtrukt. zu §. 3.
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[279/0293] §. 70. Die Verwaltung der auswärtigen Angelegenheiten. c) Der Reichskanzler hat die dem Kaiſer zuſtehende Auf- ſicht über das Konſulatsweſen auszuüben. Er überwacht die Ge- ſchäftsführung der Konſulate, er ertheilt den Konſuln die erforder- lichen Anweiſungen in Angelegenheiten von allgemeinem Intereſſe und an ihn haben die Konſuln ihre Berichte zu ſenden 1). Dieſe Geſchäftsthätigkeit des Kanzlers gehört zum Reſſort des Auswär- tigen Amtes und zwar zur zweiten Abtheilung deſſelben, mit welchem die Konſulate in direktem Schriftenwechſel ſtehen und dem ſie dienſtlich unmittelbar untergeordnet ſind. Indeſſen ſtehen die Konſulate in allen Angelegenheiten, denen ein politiſches Intereſſe zukömmt, auch in einem gewiſſen Unterordnungs-Verhältniß zu den Kaiſerlichen Geſandtſchaften, welche in dem Staate ihres Amts- bezirkes errichtet ſind 2). Berichte allgemeinen Inhaltes ſind durch die Hand des Geſandten dem auswärtigen Amte einzureichen oder dem Geſandten abſchriftlich oder auszugsweiſe mitzutheilen 3). Zur Wahrung völkerrechtlicher Befugniſſe und politiſcher Intereſſen des Reiches ſind in erſter Linie die Geſandtſchaften berufen; die Kon- ſuln dürfen denſelben niemals entgegen handeln, ſondern nur, ſo- weit ihre Dienſte in Anſpruch genommen werden, ſie unterſtützen; ſie müſſen daher den ihnen in dieſer Beziehung ertheilten Anwei- ſungen Folge leiſten. d) Da zahlreiche von den Konſuln zu bearbeitende Angelegen- 7) 1) Konſulatsgeſ. §. 3. Das Verhältniß des Reichskanzlers zu dem Bun- desrath hinſichtlich der Inſtruktion der Konſuln iſt demnach dahin zu beſtim- men, daß die Spezial-Anweiſungen in den einzelnen Fällen vom Reichs- kanzler ſelbſtſtändig ertheilt, die allgemeinen Verwaltungsvorſchriften da- gegen vom Bundesrath beſchloſſen und vom Reichskanzler den Konſuln zur Nachachtung mitgetheilt werden, dem dann die Kontrole ihrer Befolgung obliegt. 2) König, Handb. S. 34. Vgl. auch Esperson II. Nro. 23 S. 22. Wo General-Konſulate beſtehen, hat der General-Konſul über die Thätigkeit der zu ſeinem Sprengel gehörigen Konſuln und Vicekonſuln eine Ueberwachung und Leitung auszuüben. (Motive zum Konſulatsgeſ. §. 2. Druck- ſachen des Reichst. 1867 Nro. 79 S. 138.) 3) Allgem. Dienſt-Inſtrukt. zu §. 3. 7) erlaſſen. Nur bei dem ihr angehängten, durch das R.-G. v. 1. Juli 1872 außer Wirkſamkeit geſetzten, proviſoriſchen Gebühren-Tarif iſt bemerkt, daß derſelbe im Einvernehmen mit dem Ausſchuſſe für Handel und Verkehr erlaſſen worden iſt (Konſulatsgeſ. §. 38). Daſſelbe gilt von den Beſtimmungen der Nachtrags-Inſtruktion v. 23. Febr. 1873 §. 37 zur Ausführung des §. 47 der Seemanns-Ordnung.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/293>, abgerufen am 16.04.2024.