Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite
§. 73. Die Verwaltung des Bankwesens.
IV. Die Vorrechte der Reichsbank.
1. Das Notenprivilegium.

"Die Reichsbank hat das Recht, nach Bedürfniß ihres Ver-
kehrs Banknoten auszugeben. Die An- und Ausfertigung, Ein-
ziehung und Vernichtung derselben erfolgt unter Kontrole der Reichs-
schulden-Kommission 1), welcher zu diesem Zwecke ein vom Kaiser er-
nanntes Mitglied hinzutritt". Bankgesetz §. 16. Hinsichtlich dieses
Vorrechtes gelten folgende Regeln:

a) Dem Umfange nach ist das Privilegium un-
beschränkt
; die Reichsbank kann so viele Banknoten ausgeben,
als das Bedürfniß ihres Verkehrs verlangt. Die Ausübung dieses
Rechtes ist aber durch zwei Verpflichtungen erschwert, welche
thatsächlich eine Beschränkung der Banknoten-Emission (sogenannte
indirekte Kontigentirung) bewirken, nämlich durch die Deckung und
durch die Besteuerung.

a) Die Banknoten-Deckung. Von dem Gesammtbetrage
der im Umlauf befindlichen Reichsbanknoten muß mindestens ein
Drittel jederzeit durch kursfähiges deutsches Geld mit Einschluß
der Reichskassenscheine oder durch Gold 2) und der Rest durch dis-
kontirte Wechsel, welche eine Verfallzeit von höchstens drei Monaten
haben, und aus welchen in der Regel drei, mindestens aber zwei
als zahlungsfähig bekannte Verpflichtete haften, in den Kassen der
Reichsbank gedeckt sein 3).

Dieser Satz ist eine Verwaltungsvorschrift, die ihre Sicherung
lediglich in der Verantwortlichkeit der Bankbeamten und des Reichs-
kanzlers findet. Die von dem Zentral-Ausschuß und dem Bank-
kuratorium 4) geübte Aufsicht, sowie die gesetzlich vorgeschriebene
Veröffentlichung des Standes der Bankgeschäfte 5) und die dadurch
ermöglichte Kontrole der Bank durch das Publikum bieten that-

1) Vgl. Bd. I. S. 354.
2) entweder in Barren oder in ausländischen Münzen, das Pfund fein
zu 1392 Mark gerechnet.
3) Bankges. §. 17.
4) Vgl. Bd. I. S. 345.
5) Bankges. §. 8. Die Verletzung dieser Vorschrift durch unwahre Dar-
stellungen oder Verschleierung des Standes der Verhältnisse der Bank ist mit
Gefängnißstrafe bis zu 3 Monaten bedroht. Bankges. §. 59 Z. 1.
§. 73. Die Verwaltung des Bankweſens.
IV. Die Vorrechte der Reichsbank.
1. Das Notenprivilegium.

„Die Reichsbank hat das Recht, nach Bedürfniß ihres Ver-
kehrs Banknoten auszugeben. Die An- und Ausfertigung, Ein-
ziehung und Vernichtung derſelben erfolgt unter Kontrole der Reichs-
ſchulden-Kommiſſion 1), welcher zu dieſem Zwecke ein vom Kaiſer er-
nanntes Mitglied hinzutritt“. Bankgeſetz §. 16. Hinſichtlich dieſes
Vorrechtes gelten folgende Regeln:

a) Dem Umfange nach iſt das Privilegium un-
beſchränkt
; die Reichsbank kann ſo viele Banknoten ausgeben,
als das Bedürfniß ihres Verkehrs verlangt. Die Ausübung dieſes
Rechtes iſt aber durch zwei Verpflichtungen erſchwert, welche
thatſächlich eine Beſchränkung der Banknoten-Emiſſion (ſogenannte
indirekte Kontigentirung) bewirken, nämlich durch die Deckung und
durch die Beſteuerung.

α) Die Banknoten-Deckung. Von dem Geſammtbetrage
der im Umlauf befindlichen Reichsbanknoten muß mindeſtens ein
Drittel jederzeit durch kursfähiges deutſches Geld mit Einſchluß
der Reichskaſſenſcheine oder durch Gold 2) und der Reſt durch dis-
kontirte Wechſel, welche eine Verfallzeit von höchſtens drei Monaten
haben, und aus welchen in der Regel drei, mindeſtens aber zwei
als zahlungsfähig bekannte Verpflichtete haften, in den Kaſſen der
Reichsbank gedeckt ſein 3).

Dieſer Satz iſt eine Verwaltungsvorſchrift, die ihre Sicherung
lediglich in der Verantwortlichkeit der Bankbeamten und des Reichs-
kanzlers findet. Die von dem Zentral-Ausſchuß und dem Bank-
kuratorium 4) geübte Aufſicht, ſowie die geſetzlich vorgeſchriebene
Veröffentlichung des Standes der Bankgeſchäfte 5) und die dadurch
ermöglichte Kontrole der Bank durch das Publikum bieten that-

1) Vgl. Bd. I. S. 354.
2) entweder in Barren oder in ausländiſchen Münzen, das Pfund fein
zu 1392 Mark gerechnet.
3) Bankgeſ. §. 17.
4) Vgl. Bd. I. S. 345.
5) Bankgeſ. §. 8. Die Verletzung dieſer Vorſchrift durch unwahre Dar-
ſtellungen oder Verſchleierung des Standes der Verhältniſſe der Bank iſt mit
Gefängnißſtrafe bis zu 3 Monaten bedroht. Bankgeſ. §. 59 Z. 1.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0410" n="396"/>
              <fw place="top" type="header">§. 73. Die Verwaltung des Bankwe&#x017F;ens.</fw><lb/>
              <div n="5">
                <head><hi rendition="#aq">IV.</hi><hi rendition="#g">Die Vorrechte der Reichsbank</hi>.</head><lb/>
                <div n="6">
                  <head>1. <hi rendition="#g">Das Notenprivilegium</hi>.</head><lb/>
                  <p>&#x201E;Die Reichsbank hat das Recht, nach Bedürfniß ihres Ver-<lb/>
kehrs Banknoten auszugeben. Die An- und Ausfertigung, Ein-<lb/>
ziehung und Vernichtung der&#x017F;elben erfolgt unter Kontrole der Reichs-<lb/>
&#x017F;chulden-Kommi&#x017F;&#x017F;ion <note place="foot" n="1)">Vgl. Bd. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 354.</note>, welcher zu die&#x017F;em Zwecke ein vom Kai&#x017F;er er-<lb/>
nanntes Mitglied hinzutritt&#x201C;. Bankge&#x017F;etz §. 16. Hin&#x017F;ichtlich die&#x017F;es<lb/>
Vorrechtes gelten folgende Regeln:</p><lb/>
                  <p><hi rendition="#aq">a</hi>) <hi rendition="#g">Dem Umfange nach i&#x017F;t das Privilegium un-<lb/>
be&#x017F;chränkt</hi>; die Reichsbank kann &#x017F;o viele Banknoten ausgeben,<lb/>
als das Bedürfniß ihres Verkehrs verlangt. Die Ausübung die&#x017F;es<lb/>
Rechtes i&#x017F;t aber durch zwei Verpflichtungen er&#x017F;chwert, welche<lb/>
that&#x017F;ächlich eine Be&#x017F;chränkung der Banknoten-Emi&#x017F;&#x017F;ion (&#x017F;ogenannte<lb/>
indirekte Kontigentirung) bewirken, nämlich durch die Deckung und<lb/>
durch die Be&#x017F;teuerung.</p><lb/>
                  <p>&#x03B1;) Die <hi rendition="#g">Banknoten-Deckung</hi>. Von dem Ge&#x017F;ammtbetrage<lb/>
der im Umlauf befindlichen Reichsbanknoten muß minde&#x017F;tens ein<lb/>
Drittel jederzeit durch kursfähiges deut&#x017F;ches Geld mit Ein&#x017F;chluß<lb/>
der Reichska&#x017F;&#x017F;en&#x017F;cheine oder durch Gold <note place="foot" n="2)">entweder in Barren oder in ausländi&#x017F;chen Münzen, das Pfund fein<lb/>
zu 1392 Mark gerechnet.</note> und der Re&#x017F;t durch dis-<lb/>
kontirte Wech&#x017F;el, welche eine Verfallzeit von höch&#x017F;tens drei Monaten<lb/>
haben, und aus welchen in der Regel drei, minde&#x017F;tens aber zwei<lb/>
als zahlungsfähig bekannte Verpflichtete haften, in den Ka&#x017F;&#x017F;en der<lb/>
Reichsbank gedeckt &#x017F;ein <note place="foot" n="3)">Bankge&#x017F;. §. 17.</note>.</p><lb/>
                  <p>Die&#x017F;er Satz i&#x017F;t eine Verwaltungsvor&#x017F;chrift, die ihre Sicherung<lb/>
lediglich in der Verantwortlichkeit der Bankbeamten und des Reichs-<lb/>
kanzlers findet. Die von dem Zentral-Aus&#x017F;chuß und dem Bank-<lb/>
kuratorium <note place="foot" n="4)">Vgl. Bd. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 345.</note> geübte Auf&#x017F;icht, &#x017F;owie die ge&#x017F;etzlich vorge&#x017F;chriebene<lb/>
Veröffentlichung des Standes der Bankge&#x017F;chäfte <note place="foot" n="5)">Bankge&#x017F;. §. 8. Die Verletzung die&#x017F;er Vor&#x017F;chrift durch unwahre Dar-<lb/>
&#x017F;tellungen oder Ver&#x017F;chleierung des Standes der Verhältni&#x017F;&#x017F;e der Bank i&#x017F;t mit<lb/>
Gefängniß&#x017F;trafe bis zu 3 Monaten bedroht. Bankge&#x017F;. §. 59 Z. 1.</note> und die dadurch<lb/>
ermöglichte Kontrole der Bank durch das Publikum bieten that-<lb/></p>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[396/0410] §. 73. Die Verwaltung des Bankweſens. IV. Die Vorrechte der Reichsbank. 1. Das Notenprivilegium. „Die Reichsbank hat das Recht, nach Bedürfniß ihres Ver- kehrs Banknoten auszugeben. Die An- und Ausfertigung, Ein- ziehung und Vernichtung derſelben erfolgt unter Kontrole der Reichs- ſchulden-Kommiſſion 1), welcher zu dieſem Zwecke ein vom Kaiſer er- nanntes Mitglied hinzutritt“. Bankgeſetz §. 16. Hinſichtlich dieſes Vorrechtes gelten folgende Regeln: a) Dem Umfange nach iſt das Privilegium un- beſchränkt; die Reichsbank kann ſo viele Banknoten ausgeben, als das Bedürfniß ihres Verkehrs verlangt. Die Ausübung dieſes Rechtes iſt aber durch zwei Verpflichtungen erſchwert, welche thatſächlich eine Beſchränkung der Banknoten-Emiſſion (ſogenannte indirekte Kontigentirung) bewirken, nämlich durch die Deckung und durch die Beſteuerung. α) Die Banknoten-Deckung. Von dem Geſammtbetrage der im Umlauf befindlichen Reichsbanknoten muß mindeſtens ein Drittel jederzeit durch kursfähiges deutſches Geld mit Einſchluß der Reichskaſſenſcheine oder durch Gold 2) und der Reſt durch dis- kontirte Wechſel, welche eine Verfallzeit von höchſtens drei Monaten haben, und aus welchen in der Regel drei, mindeſtens aber zwei als zahlungsfähig bekannte Verpflichtete haften, in den Kaſſen der Reichsbank gedeckt ſein 3). Dieſer Satz iſt eine Verwaltungsvorſchrift, die ihre Sicherung lediglich in der Verantwortlichkeit der Bankbeamten und des Reichs- kanzlers findet. Die von dem Zentral-Ausſchuß und dem Bank- kuratorium 4) geübte Aufſicht, ſowie die geſetzlich vorgeſchriebene Veröffentlichung des Standes der Bankgeſchäfte 5) und die dadurch ermöglichte Kontrole der Bank durch das Publikum bieten that- 1) Vgl. Bd. I. S. 354. 2) entweder in Barren oder in ausländiſchen Münzen, das Pfund fein zu 1392 Mark gerechnet. 3) Bankgeſ. §. 17. 4) Vgl. Bd. I. S. 345. 5) Bankgeſ. §. 8. Die Verletzung dieſer Vorſchrift durch unwahre Dar- ſtellungen oder Verſchleierung des Standes der Verhältniſſe der Bank iſt mit Gefängnißſtrafe bis zu 3 Monaten bedroht. Bankgeſ. §. 59 Z. 1.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/410
Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877, S. 396. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/410>, abgerufen am 28.03.2024.