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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.

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§. 75. Die Verwaltung des Maß- und Gewichtswesens.

c) Messen und Wägen bedeuten nach allgemeinem Sprachge-
brauch nur die Feststellung räumlicher Dimensionen beziehungs-
weise der Schwere eines Gegenstandes. Die M.- u. Gew.-Ordu.
hat aber außerdem in zwei Fällen den Gebrauch gestempelter
Apparate angeordnet, nämlich um bei dem Verkaufe weingeistiger
Flüssigkeiten nach Stärkegraden den Alkoholgehalt zu ermitteln,
und für Gasmesser, nach welchen die Vergütung für den Verbrauch
von Leuchtgas bestimmt wird 1).

5. Die Verletzung des vorstehend erwähnten Verbotes ist
in der Maß- und Gewichts-Ordnung mit Rechtsfolgen nicht be-
droht; dagegen enthält das R.-St.-G.-B. § 369 § 2 folgenden
Satz 2):

"Gewerbetreibende, bei denen zum Gebrauche in ihrem Ge-
werbe geeignete, mit dem gesetzlichen Eichungsstempel nicht ver-
sehene oder unrichtige Maße, Gewichte oder Waagen vorgefunden
werden, oder welche sich einer anderen Verletzung der Vorschriften
über die Maß- und Gewichtspolizei schuldig machen -- werden
mit Geldstrafe bis zu 100 M. oder mit Haft bis zu vier Wochen
bestraft. Neben der Geldstrafe ist auf die Einziehung der vor-
schriftswidrigen Maaße, Gewichte, Waagen oder sonstigen Meßwerk-
zeuge zu erkennen." Der Thatbestand dieser Uebertretung unter-
scheidet sich von dem Thatbestand des in der M.- und Gew.-Ordn.
enthaltenen Verbotes in drei Beziehungen:

a) Die M.- u. Gew.-Ordn. verbietet allgemein den Gebrauch
ungestempelter Maße und Gewichte im öffentlichen Verkehr, das
Strafgesetzb. dagegen bedroht nur Gewerbetreibende mit
Strafe. Wenn daher öffentliche Behörden (z. B. Postanstalten)
sich ungestempelter Waagen und Gewichte bedienen sollten, so
würden die Beamten im Verwaltungswege dafür zur Verantwor-

bei der Zubereitung der Arzneien beruht bis jetzt nicht auf einem gemeinrecht-
lichen Gesetz sondern auf den partikulären Apotheker-Ordnungen. Vgl. f. Preußen
die Nachweisungen in v. Rönne's Preuß. Staatsr. II. 2. S. 236. -- Die Maß-
u. Gew.-Ordn. Art. 7 hat aber die partikulären Medizinal-Gewichte durch das
Reichs-Gewichtssystem ersetzt und ein Erl. der Normal-Eichungskomm. v. 1. Mai
1872 R.-G.-Bl. 1872 Beilage zu Nro. 14 hat angeordnet, daß die Apotheker
sowohl für die Rezeptur als auch für den Handverkauf von Medizinal-
waaren sich geeichter Präzisionswaagen bedienen müssen.
1) M.- u. G.-O. Art. 11. 13.
2) In der Fassung v. 26. Febr. 1876.
§. 75. Die Verwaltung des Maß- und Gewichtsweſens.

c) Meſſen und Wägen bedeuten nach allgemeinem Sprachge-
brauch nur die Feſtſtellung räumlicher Dimenſionen beziehungs-
weiſe der Schwere eines Gegenſtandes. Die M.- u. Gew.-Ordu.
hat aber außerdem in zwei Fällen den Gebrauch geſtempelter
Apparate angeordnet, nämlich um bei dem Verkaufe weingeiſtiger
Flüſſigkeiten nach Stärkegraden den Alkoholgehalt zu ermitteln,
und für Gasmeſſer, nach welchen die Vergütung für den Verbrauch
von Leuchtgas beſtimmt wird 1).

5. Die Verletzung des vorſtehend erwähnten Verbotes iſt
in der Maß- und Gewichts-Ordnung mit Rechtsfolgen nicht be-
droht; dagegen enthält das R.-St.-G.-B. § 369 § 2 folgenden
Satz 2):

„Gewerbetreibende, bei denen zum Gebrauche in ihrem Ge-
werbe geeignete, mit dem geſetzlichen Eichungsſtempel nicht ver-
ſehene oder unrichtige Maße, Gewichte oder Waagen vorgefunden
werden, oder welche ſich einer anderen Verletzung der Vorſchriften
über die Maß- und Gewichtspolizei ſchuldig machen — werden
mit Geldſtrafe bis zu 100 M. oder mit Haft bis zu vier Wochen
beſtraft. Neben der Geldſtrafe iſt auf die Einziehung der vor-
ſchriftswidrigen Maaße, Gewichte, Waagen oder ſonſtigen Meßwerk-
zeuge zu erkennen.“ Der Thatbeſtand dieſer Uebertretung unter-
ſcheidet ſich von dem Thatbeſtand des in der M.- und Gew.-Ordn.
enthaltenen Verbotes in drei Beziehungen:

a) Die M.- u. Gew.-Ordn. verbietet allgemein den Gebrauch
ungeſtempelter Maße und Gewichte im öffentlichen Verkehr, das
Strafgeſetzb. dagegen bedroht nur Gewerbetreibende mit
Strafe. Wenn daher öffentliche Behörden (z. B. Poſtanſtalten)
ſich ungeſtempelter Waagen und Gewichte bedienen ſollten, ſo
würden die Beamten im Verwaltungswege dafür zur Verantwor-

bei der Zubereitung der Arzneien beruht bis jetzt nicht auf einem gemeinrecht-
lichen Geſetz ſondern auf den partikulären Apotheker-Ordnungen. Vgl. f. Preußen
die Nachweiſungen in v. Rönne’s Preuß. Staatsr. II. 2. S. 236. — Die Maß-
u. Gew.-Ordn. Art. 7 hat aber die partikulären Medizinal-Gewichte durch das
Reichs-Gewichtsſyſtem erſetzt und ein Erl. der Normal-Eichungskomm. v. 1. Mai
1872 R.-G.-Bl. 1872 Beilage zu Nro. 14 hat angeordnet, daß die Apotheker
ſowohl für die Rezeptur als auch für den Handverkauf von Medizinal-
waaren ſich geeichter Präziſionswaagen bedienen müſſen.
1) M.- u. G.-O. Art. 11. 13.
2) In der Faſſung v. 26. Febr. 1876.
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[445/0459] §. 75. Die Verwaltung des Maß- und Gewichtsweſens. c) Meſſen und Wägen bedeuten nach allgemeinem Sprachge- brauch nur die Feſtſtellung räumlicher Dimenſionen beziehungs- weiſe der Schwere eines Gegenſtandes. Die M.- u. Gew.-Ordu. hat aber außerdem in zwei Fällen den Gebrauch geſtempelter Apparate angeordnet, nämlich um bei dem Verkaufe weingeiſtiger Flüſſigkeiten nach Stärkegraden den Alkoholgehalt zu ermitteln, und für Gasmeſſer, nach welchen die Vergütung für den Verbrauch von Leuchtgas beſtimmt wird 1). 5. Die Verletzung des vorſtehend erwähnten Verbotes iſt in der Maß- und Gewichts-Ordnung mit Rechtsfolgen nicht be- droht; dagegen enthält das R.-St.-G.-B. § 369 § 2 folgenden Satz 2): „Gewerbetreibende, bei denen zum Gebrauche in ihrem Ge- werbe geeignete, mit dem geſetzlichen Eichungsſtempel nicht ver- ſehene oder unrichtige Maße, Gewichte oder Waagen vorgefunden werden, oder welche ſich einer anderen Verletzung der Vorſchriften über die Maß- und Gewichtspolizei ſchuldig machen — werden mit Geldſtrafe bis zu 100 M. oder mit Haft bis zu vier Wochen beſtraft. Neben der Geldſtrafe iſt auf die Einziehung der vor- ſchriftswidrigen Maaße, Gewichte, Waagen oder ſonſtigen Meßwerk- zeuge zu erkennen.“ Der Thatbeſtand dieſer Uebertretung unter- ſcheidet ſich von dem Thatbeſtand des in der M.- und Gew.-Ordn. enthaltenen Verbotes in drei Beziehungen: a) Die M.- u. Gew.-Ordn. verbietet allgemein den Gebrauch ungeſtempelter Maße und Gewichte im öffentlichen Verkehr, das Strafgeſetzb. dagegen bedroht nur Gewerbetreibende mit Strafe. Wenn daher öffentliche Behörden (z. B. Poſtanſtalten) ſich ungeſtempelter Waagen und Gewichte bedienen ſollten, ſo würden die Beamten im Verwaltungswege dafür zur Verantwor- 5) 1) M.- u. G.-O. Art. 11. 13. 2) In der Faſſung v. 26. Febr. 1876. 5) bei der Zubereitung der Arzneien beruht bis jetzt nicht auf einem gemeinrecht- lichen Geſetz ſondern auf den partikulären Apotheker-Ordnungen. Vgl. f. Preußen die Nachweiſungen in v. Rönne’s Preuß. Staatsr. II. 2. S. 236. — Die Maß- u. Gew.-Ordn. Art. 7 hat aber die partikulären Medizinal-Gewichte durch das Reichs-Gewichtsſyſtem erſetzt und ein Erl. der Normal-Eichungskomm. v. 1. Mai 1872 R.-G.-Bl. 1872 Beilage zu Nro. 14 hat angeordnet, daß die Apotheker ſowohl für die Rezeptur als auch für den Handverkauf von Medizinal- waaren ſich geeichter Präziſionswaagen bedienen müſſen.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877, S. 445. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/459>, abgerufen am 25.04.2024.