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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 84. Die Landwehr.
wehr"; die Verpflichtung zum Dienst in derselben dauert 5 Jahre
nach abgeleisteter Dienstpflicht im stehenden Heere 1).

Die Organisation der Landwehr ist nach Art. 63 Abs. 4 der
R.V. vom Kaiser zu bestimmen; in Bayern vom König von
Bayern in Uebereinstimmung mit den für das Bundesheer erlassenen
Anordnungen. Diese Regelung ist ergangen für das Preußische
Heer und die unter Preuß. Verwaltung stehenden Kontingente durch
die Heerordnung vom 28. Septemb. 1875, deren zweiter Theil
als "Landwehrordnung" bezeichnet ist 2). Die Heerordnung ist nach
Vorschrift des Art. 63 Abs. 5 der R.V. (siehe oben S. 22 fg.) auch
in Sachsen und Württemberg in Kraft getreten. Für das Baye-
rische Heer ist eine übereinstimmende Heerordnung vom König von
Bayern am 20. Dezember 1875 erlassen worden 3).

Für die Organisation der Landwehr giebt es aber gewisse
gesetzliche Grundlagen, welche für die Anordnungen des Kaisers
maßgebend sind. Dieselben bestehen in folgenden zwei Sätzen:

1. Für die Landwehr-Infanterie gilt die Regel unbedingt,
daß sie in besonderen Truppenkörpern formirt und zur
Vertheidigung des Vaterlandes als Reserve für das stehende Heer
verwandt wird 4). Für die Mannschaften der Landwehr-Kaval-
lerie
ist zwar prinzipiell derselbe Grundsatz in Kraft, jedoch mit
der Einschränkung, daß die Formirung in besondere Truppenkörper
nach Maßgabe des Bedarfs erfolgt 5). Für die Landwehrmann-
schaften der übrigen Waffen ist die Regel ausgeschlossen; sie werden
bei eintretender Kriegsgefahr nach Maßgabe des Bedarfs zu den
Fahnen des stehenden Heeres einberufen. Hieraus ergiebt sich,
daß nicht allen Kadres des stehenden Heeres auch Landwehr-Kadres
entsprechen und daß die regelmäßige Organisation der Land-
wehr eine Organisation der Landwehr-Infanterie ist.

2. Die Militair-Territorial-Eintheilung ist die Grundlage für

1) Wehrges. §. 7.
2) Durch die Kabin.-Ordre vom 28. Sept. 1875 ist die Verordn. be-
treffend die Organisation der Landwehrbehörden und die Dienstverhältnisse der
Mannschaften des Beurlaubtenstandes vom 5. Sept. 1867 aufgehoben worden;
an ihre Stelle ist die Landwehrordnung getreten.
3) Vgl. "Militairgesetze" Bd. I Abth. II S. 2.
4) Wehrges. §. 5 Abs. 2.
5) Wehrges. §. 5 Abs. 4.
7*

§. 84. Die Landwehr.
wehr“; die Verpflichtung zum Dienſt in derſelben dauert 5 Jahre
nach abgeleiſteter Dienſtpflicht im ſtehenden Heere 1).

Die Organiſation der Landwehr iſt nach Art. 63 Abſ. 4 der
R.V. vom Kaiſer zu beſtimmen; in Bayern vom König von
Bayern in Uebereinſtimmung mit den für das Bundesheer erlaſſenen
Anordnungen. Dieſe Regelung iſt ergangen für das Preußiſche
Heer und die unter Preuß. Verwaltung ſtehenden Kontingente durch
die Heerordnung vom 28. Septemb. 1875, deren zweiter Theil
als „Landwehrordnung“ bezeichnet iſt 2). Die Heerordnung iſt nach
Vorſchrift des Art. 63 Abſ. 5 der R.V. (ſiehe oben S. 22 fg.) auch
in Sachſen und Württemberg in Kraft getreten. Für das Baye-
riſche Heer iſt eine übereinſtimmende Heerordnung vom König von
Bayern am 20. Dezember 1875 erlaſſen worden 3).

Für die Organiſation der Landwehr giebt es aber gewiſſe
geſetzliche Grundlagen, welche für die Anordnungen des Kaiſers
maßgebend ſind. Dieſelben beſtehen in folgenden zwei Sätzen:

1. Für die Landwehr-Infanterie gilt die Regel unbedingt,
daß ſie in beſonderen Truppenkörpern formirt und zur
Vertheidigung des Vaterlandes als Reſerve für das ſtehende Heer
verwandt wird 4). Für die Mannſchaften der Landwehr-Kaval-
lerie
iſt zwar prinzipiell derſelbe Grundſatz in Kraft, jedoch mit
der Einſchränkung, daß die Formirung in beſondere Truppenkörper
nach Maßgabe des Bedarfs erfolgt 5). Für die Landwehrmann-
ſchaften der übrigen Waffen iſt die Regel ausgeſchloſſen; ſie werden
bei eintretender Kriegsgefahr nach Maßgabe des Bedarfs zu den
Fahnen des ſtehenden Heeres einberufen. Hieraus ergiebt ſich,
daß nicht allen Kadres des ſtehenden Heeres auch Landwehr-Kadres
entſprechen und daß die regelmäßige Organiſation der Land-
wehr eine Organiſation der Landwehr-Infanterie iſt.

2. Die Militair-Territorial-Eintheilung iſt die Grundlage für

1) Wehrgeſ. §. 7.
2) Durch die Kabin.-Ordre vom 28. Sept. 1875 iſt die Verordn. be-
treffend die Organiſation der Landwehrbehörden und die Dienſtverhältniſſe der
Mannſchaften des Beurlaubtenſtandes vom 5. Sept. 1867 aufgehoben worden;
an ihre Stelle iſt die Landwehrordnung getreten.
3) Vgl. „Militairgeſetze“ Bd. I Abth. II S. 2.
4) Wehrgeſ. §. 5 Abſ. 2.
5) Wehrgeſ. §. 5 Abſ. 4.
7*
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[99/0109] §. 84. Die Landwehr. wehr“; die Verpflichtung zum Dienſt in derſelben dauert 5 Jahre nach abgeleiſteter Dienſtpflicht im ſtehenden Heere 1). Die Organiſation der Landwehr iſt nach Art. 63 Abſ. 4 der R.V. vom Kaiſer zu beſtimmen; in Bayern vom König von Bayern in Uebereinſtimmung mit den für das Bundesheer erlaſſenen Anordnungen. Dieſe Regelung iſt ergangen für das Preußiſche Heer und die unter Preuß. Verwaltung ſtehenden Kontingente durch die Heerordnung vom 28. Septemb. 1875, deren zweiter Theil als „Landwehrordnung“ bezeichnet iſt 2). Die Heerordnung iſt nach Vorſchrift des Art. 63 Abſ. 5 der R.V. (ſiehe oben S. 22 fg.) auch in Sachſen und Württemberg in Kraft getreten. Für das Baye- riſche Heer iſt eine übereinſtimmende Heerordnung vom König von Bayern am 20. Dezember 1875 erlaſſen worden 3). Für die Organiſation der Landwehr giebt es aber gewiſſe geſetzliche Grundlagen, welche für die Anordnungen des Kaiſers maßgebend ſind. Dieſelben beſtehen in folgenden zwei Sätzen: 1. Für die Landwehr-Infanterie gilt die Regel unbedingt, daß ſie in beſonderen Truppenkörpern formirt und zur Vertheidigung des Vaterlandes als Reſerve für das ſtehende Heer verwandt wird 4). Für die Mannſchaften der Landwehr-Kaval- lerie iſt zwar prinzipiell derſelbe Grundſatz in Kraft, jedoch mit der Einſchränkung, daß die Formirung in beſondere Truppenkörper nach Maßgabe des Bedarfs erfolgt 5). Für die Landwehrmann- ſchaften der übrigen Waffen iſt die Regel ausgeſchloſſen; ſie werden bei eintretender Kriegsgefahr nach Maßgabe des Bedarfs zu den Fahnen des ſtehenden Heeres einberufen. Hieraus ergiebt ſich, daß nicht allen Kadres des ſtehenden Heeres auch Landwehr-Kadres entſprechen und daß die regelmäßige Organiſation der Land- wehr eine Organiſation der Landwehr-Infanterie iſt. 2. Die Militair-Territorial-Eintheilung iſt die Grundlage für 1) Wehrgeſ. §. 7. 2) Durch die Kabin.-Ordre vom 28. Sept. 1875 iſt die Verordn. be- treffend die Organiſation der Landwehrbehörden und die Dienſtverhältniſſe der Mannſchaften des Beurlaubtenſtandes vom 5. Sept. 1867 aufgehoben worden; an ihre Stelle iſt die Landwehrordnung getreten. 3) Vgl. „Militairgeſetze“ Bd. I Abth. II S. 2. 4) Wehrgeſ. §. 5 Abſ. 2. 5) Wehrgeſ. §. 5 Abſ. 4. 7*

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/109>, abgerufen am 07.05.2024.