Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 88. Die gesetzliche Wehrpflicht.
Landwehr-Mannschaften, welche das 32. Lebensjahr überschritten
haben, können zu den gesetzlichen Uebungen nur ausnahmsweise,
auf Grund besonderer Kaiserlicher Verordnung einberufen werden,
ausgenommen wenn sie in Folge eigenen Verschuldens 1) verspätet
in den aktiven Dienst getreten sind, oder wenn sie wegen Kontrol-
entziehung oder in Folge einer erlittenen Freiheitsstrafe von mehr
als sechswöchentlicher Dauer nachdienen müssen, oder wenn sie auf
ihren Antrag von den zuletzt vorhergegangenen Landwehr-Uebungen
befreit worden sind 2). Die Schifffahrt treibenden Mannschaften
der Reserve und der Landwehr sollen zu Uebungen im Sommer
nicht einberufen werden 3).

Die Seewehr wird in Friedenszeiten in der Regel zu Uebungen
nicht einberufen 4).

Während der Zeit, in welcher die Reserve- und Landwehr-
Mannschaften zum Dienst einberufen sind und zwar von dem Tage,
zu welchem sie einberufen sind bis zum Ablauf des Tages ihrer
Wiederentlassung, gehören diese Personen zum aktiven Heere 5);
die Regeln über die aktive Dienstpflicht finden auf sie Anwendung,
insbesondere die Vorschriften des Militairstrafgesetzbuchs und der
Disciplinar-Ordnung 6); sie haben den Militair-Gerichtsstand 7).

Die Einberufung zu den Uebungen erfolgt hinsichtlich aller
Personen des Beurlaubtenstandes auf Anordnung der komman-
direnden Generale, resp. des Chefs der Kaiserl. Admiralität durch
die Landwehr-Bezirkskommandos und zwar stets durch Gestellungs-
Ordres 8).

Ungehorsam gegen die Einberufungs-Ordre wird nach §. 113
des Milit.-Strafgesetzb. bestraft; im Disciplinarwege ist die Be-
strafung nur dann zulässig, wenn der Einberufene nur zu spät sich
an den ihm bestimmten Ort gestellt hat, oder wenn die Umstände
sonst eine milde Beurtheilung zulassen 9). Außerdem können die

1) Also nicht in Folge von Zurückstellungen durch die Ersatzbehörden.
2) Kontrolges. §. 4 Abs. 1.
3) ebendas. Abs. 2.
4) W.O. II §. 12 Z. 8.
5) Mil.Ges. §. 38 B. 1.
6) Mil.Strafgesetzb. §. 6 und Discipl.Strafordn. §. 2.
7) Preuß. Mil.Strafgerichts-Ordn. vom 3. April 1845 §. 7.
8) W.G. §. 8. Heer-Ordn. II §. 19 Z. 1 und 17.
9) Discipl.St.Ordn. §. 25.
12*

§. 88. Die geſetzliche Wehrpflicht.
Landwehr-Mannſchaften, welche das 32. Lebensjahr überſchritten
haben, können zu den geſetzlichen Uebungen nur ausnahmsweiſe,
auf Grund beſonderer Kaiſerlicher Verordnung einberufen werden,
ausgenommen wenn ſie in Folge eigenen Verſchuldens 1) verſpätet
in den aktiven Dienſt getreten ſind, oder wenn ſie wegen Kontrol-
entziehung oder in Folge einer erlittenen Freiheitsſtrafe von mehr
als ſechswöchentlicher Dauer nachdienen müſſen, oder wenn ſie auf
ihren Antrag von den zuletzt vorhergegangenen Landwehr-Uebungen
befreit worden ſind 2). Die Schifffahrt treibenden Mannſchaften
der Reſerve und der Landwehr ſollen zu Uebungen im Sommer
nicht einberufen werden 3).

Die Seewehr wird in Friedenszeiten in der Regel zu Uebungen
nicht einberufen 4).

Während der Zeit, in welcher die Reſerve- und Landwehr-
Mannſchaften zum Dienſt einberufen ſind und zwar von dem Tage,
zu welchem ſie einberufen ſind bis zum Ablauf des Tages ihrer
Wiederentlaſſung, gehören dieſe Perſonen zum aktiven Heere 5);
die Regeln über die aktive Dienſtpflicht finden auf ſie Anwendung,
insbeſondere die Vorſchriften des Militairſtrafgeſetzbuchs und der
Disciplinar-Ordnung 6); ſie haben den Militair-Gerichtsſtand 7).

Die Einberufung zu den Uebungen erfolgt hinſichtlich aller
Perſonen des Beurlaubtenſtandes auf Anordnung der komman-
direnden Generale, reſp. des Chefs der Kaiſerl. Admiralität durch
die Landwehr-Bezirkskommandos und zwar ſtets durch Geſtellungs-
Ordres 8).

Ungehorſam gegen die Einberufungs-Ordre wird nach §. 113
des Milit.-Strafgeſetzb. beſtraft; im Disciplinarwege iſt die Be-
ſtrafung nur dann zuläſſig, wenn der Einberufene nur zu ſpät ſich
an den ihm beſtimmten Ort geſtellt hat, oder wenn die Umſtände
ſonſt eine milde Beurtheilung zulaſſen 9). Außerdem können die

1) Alſo nicht in Folge von Zurückſtellungen durch die Erſatzbehörden.
2) Kontrolgeſ. §. 4 Abſ. 1.
3) ebendaſ. Abſ. 2.
4) W.O. II §. 12 Z. 8.
5) Mil.Geſ. §. 38 B. 1.
6) Mil.Strafgeſetzb. §. 6 und Discipl.Strafordn. §. 2.
7) Preuß. Mil.Strafgerichts-Ordn. vom 3. April 1845 §. 7.
8) W.G. §. 8. Heer-Ordn. II §. 19 Z. 1 und 17.
9) Discipl.St.Ordn. §. 25.
12*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0189" n="179"/><fw place="top" type="header">§. 88. Die ge&#x017F;etzliche Wehrpflicht.</fw><lb/>
Landwehr-Mann&#x017F;chaften, welche das 32. Lebensjahr über&#x017F;chritten<lb/>
haben, können zu den ge&#x017F;etzlichen Uebungen nur ausnahmswei&#x017F;e,<lb/>
auf Grund be&#x017F;onderer Kai&#x017F;erlicher Verordnung einberufen werden,<lb/>
ausgenommen wenn &#x017F;ie in Folge eigenen Ver&#x017F;chuldens <note place="foot" n="1)">Al&#x017F;o nicht in Folge von Zurück&#x017F;tellungen durch die Er&#x017F;atzbehörden.</note> ver&#x017F;pätet<lb/>
in den aktiven Dien&#x017F;t getreten &#x017F;ind, oder wenn &#x017F;ie wegen Kontrol-<lb/>
entziehung oder in Folge einer erlittenen Freiheits&#x017F;trafe von mehr<lb/>
als &#x017F;echswöchentlicher Dauer nachdienen mü&#x017F;&#x017F;en, oder wenn &#x017F;ie auf<lb/>
ihren Antrag von den zuletzt vorhergegangenen Landwehr-Uebungen<lb/>
befreit worden &#x017F;ind <note place="foot" n="2)">Kontrolge&#x017F;. §. 4 Ab&#x017F;. 1.</note>. Die Schifffahrt treibenden Mann&#x017F;chaften<lb/>
der Re&#x017F;erve und der Landwehr &#x017F;ollen zu Uebungen im Sommer<lb/>
nicht einberufen werden <note place="foot" n="3)">ebenda&#x017F;. Ab&#x017F;. 2.</note>.</p><lb/>
              <p>Die Seewehr wird in Friedenszeiten in der Regel zu Uebungen<lb/>
nicht einberufen <note place="foot" n="4)">W.O. <hi rendition="#aq">II</hi> §. 12 Z. 8.</note>.</p><lb/>
              <p>Während der Zeit, in welcher die Re&#x017F;erve- und Landwehr-<lb/>
Mann&#x017F;chaften zum Dien&#x017F;t einberufen &#x017F;ind und zwar von dem Tage,<lb/>
zu welchem &#x017F;ie einberufen &#x017F;ind bis zum <hi rendition="#g">Ablauf</hi> des Tages ihrer<lb/>
Wiederentla&#x017F;&#x017F;ung, gehören die&#x017F;e Per&#x017F;onen zum aktiven Heere <note place="foot" n="5)">Mil.Ge&#x017F;. §. 38 <hi rendition="#aq">B.</hi> 1.</note>;<lb/>
die Regeln über die aktive Dien&#x017F;tpflicht finden auf &#x017F;ie Anwendung,<lb/>
insbe&#x017F;ondere die Vor&#x017F;chriften des Militair&#x017F;trafge&#x017F;etzbuchs und der<lb/>
Disciplinar-Ordnung <note place="foot" n="6)">Mil.Strafge&#x017F;etzb. §. 6 und Discipl.Strafordn. §. 2.</note>; &#x017F;ie haben den Militair-Gerichts&#x017F;tand <note place="foot" n="7)">Preuß. Mil.Strafgerichts-Ordn. vom 3. April 1845 §. 7.</note>.</p><lb/>
              <p>Die Einberufung zu den Uebungen erfolgt hin&#x017F;ichtlich aller<lb/>
Per&#x017F;onen des Beurlaubten&#x017F;tandes auf Anordnung der komman-<lb/>
direnden Generale, re&#x017F;p. des Chefs der Kai&#x017F;erl. Admiralität durch<lb/>
die Landwehr-Bezirkskommandos und zwar &#x017F;tets durch Ge&#x017F;tellungs-<lb/>
Ordres <note place="foot" n="8)">W.G. §. 8. Heer-Ordn. <hi rendition="#aq">II</hi> §. 19 Z. 1 und 17.</note>.</p><lb/>
              <p>Ungehor&#x017F;am gegen die Einberufungs-Ordre wird nach §. 113<lb/>
des Milit.-Strafge&#x017F;etzb. be&#x017F;traft; im Disciplinarwege i&#x017F;t die Be-<lb/>
&#x017F;trafung nur dann zulä&#x017F;&#x017F;ig, wenn der Einberufene nur zu &#x017F;pät &#x017F;ich<lb/>
an den ihm be&#x017F;timmten Ort ge&#x017F;tellt hat, oder wenn die Um&#x017F;tände<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t eine milde Beurtheilung zula&#x017F;&#x017F;en <note place="foot" n="9)">Discipl.St.Ordn. §. 25.</note>. Außerdem können die<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">12*</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[179/0189] §. 88. Die geſetzliche Wehrpflicht. Landwehr-Mannſchaften, welche das 32. Lebensjahr überſchritten haben, können zu den geſetzlichen Uebungen nur ausnahmsweiſe, auf Grund beſonderer Kaiſerlicher Verordnung einberufen werden, ausgenommen wenn ſie in Folge eigenen Verſchuldens 1) verſpätet in den aktiven Dienſt getreten ſind, oder wenn ſie wegen Kontrol- entziehung oder in Folge einer erlittenen Freiheitsſtrafe von mehr als ſechswöchentlicher Dauer nachdienen müſſen, oder wenn ſie auf ihren Antrag von den zuletzt vorhergegangenen Landwehr-Uebungen befreit worden ſind 2). Die Schifffahrt treibenden Mannſchaften der Reſerve und der Landwehr ſollen zu Uebungen im Sommer nicht einberufen werden 3). Die Seewehr wird in Friedenszeiten in der Regel zu Uebungen nicht einberufen 4). Während der Zeit, in welcher die Reſerve- und Landwehr- Mannſchaften zum Dienſt einberufen ſind und zwar von dem Tage, zu welchem ſie einberufen ſind bis zum Ablauf des Tages ihrer Wiederentlaſſung, gehören dieſe Perſonen zum aktiven Heere 5); die Regeln über die aktive Dienſtpflicht finden auf ſie Anwendung, insbeſondere die Vorſchriften des Militairſtrafgeſetzbuchs und der Disciplinar-Ordnung 6); ſie haben den Militair-Gerichtsſtand 7). Die Einberufung zu den Uebungen erfolgt hinſichtlich aller Perſonen des Beurlaubtenſtandes auf Anordnung der komman- direnden Generale, reſp. des Chefs der Kaiſerl. Admiralität durch die Landwehr-Bezirkskommandos und zwar ſtets durch Geſtellungs- Ordres 8). Ungehorſam gegen die Einberufungs-Ordre wird nach §. 113 des Milit.-Strafgeſetzb. beſtraft; im Disciplinarwege iſt die Be- ſtrafung nur dann zuläſſig, wenn der Einberufene nur zu ſpät ſich an den ihm beſtimmten Ort geſtellt hat, oder wenn die Umſtände ſonſt eine milde Beurtheilung zulaſſen 9). Außerdem können die 1) Alſo nicht in Folge von Zurückſtellungen durch die Erſatzbehörden. 2) Kontrolgeſ. §. 4 Abſ. 1. 3) ebendaſ. Abſ. 2. 4) W.O. II §. 12 Z. 8. 5) Mil.Geſ. §. 38 B. 1. 6) Mil.Strafgeſetzb. §. 6 und Discipl.Strafordn. §. 2. 7) Preuß. Mil.Strafgerichts-Ordn. vom 3. April 1845 §. 7. 8) W.G. §. 8. Heer-Ordn. II §. 19 Z. 1 und 17. 9) Discipl.St.Ordn. §. 25. 12*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/189
Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/189>, abgerufen am 16.05.2024.