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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 88. Die gesetzliche Wehrpflicht.
werden 1), stets in die jüngste Jahresklasse der Reserve ein 2).
Wegen Kontrolentziehung oder Ungehorsams gegen Einberufungs-
Ordres kann eine Versetzung in die nächst jüngere Jahresklasse zur
Strafe verhängt werden, was einer Verlängerung der gesetzlichen
Dienstzeit gleichkömmt 3). Reservisten oder Landwehrleute, welche
nach erfolgter Auswanderung vor vollendetem 31. Lebensjahr wie-
der naturalisirt werden, treten in denjenigen Jahrgang, welchem
sie ohne die stattgehabte Auswanderung angehört haben würden,
wieder ein, d. h. sie rücken während der Zeit der Auswanderung
durch die Jahresklassen mit fort 4). Die Versetzung aus der Re-
serve in die Landwehr, sowie die Entlassung aus der Landwehr
erfolgt bei den Herbst-Kontrolversammlungen des betreffenden
Jahres 5), auch wenn die zwölfjährige Gesammtdienstzeit gemäß
Art. 59 der R.V. schon vor diesem Tage abgelaufen sein sollte 6).

Die Dienstzeit in der Reserve beträgt zwar nach der Aus-
drucksweise des Art. 59 der R.V. vier Jahre; dieser Ausdruck ist
indessen nicht correct, da die Dauer der Reservepflicht davon ab-
hängig ist, wann die Beurlaubung des Wehrpflichtigen von den
Fahnen eintritt. Fest bestimmt ist nur die Gesammtdienstpflicht
im stehenden Heere und zwar auf sieben Jahre. Treffender sagt
das Wehrgesetz §. 6 Abs. 5, daß nach der Entlassung aus dem
aktiven Dienst während des Restes der siebenjährigen Dienstzeit
die Mannschaften zur Reserve gehören. Die Dienstzeit in der
Landwehr und in der Seewehr umfaßt die (auf die Versetzung aus
der Reserve zur Land- oder Seewehr) folgenden fünf Lebensjahre 7).
Mannschaften der Kavallerie, welche sich freiwillig zu einer vier-
jährigen aktiven
Dienstzeit verpflichtet haben, dienen in der
Landwehr nur drei Jahre.

In denjenigen Bundesstaaten, in denen vor Einführung der

1) Nämlich auf Grund des §. 18 des R.Mil.Straf-Gesetzbuchs.
2) Mil.Ges. §. 62 Abs. 3.
3) Mil.Ges. §. 67.
4) Mil.Ges. §. 68.
5) Mil.Ges. §. 62 Abs. 2.
6) Zur Landwehrpflicht gehört demnach auch die Verpflichtung, sich behufs
Entlassung aus der Landwehr zu dieser Herbst-Kontrolversammlung zu gestellen.
(Motive zu §. 55 des Entwurfs des Mil.Ges.)
7) R.V. Art. 59. W.G. §. 7 Abs. 1 und 2.

§. 88. Die geſetzliche Wehrpflicht.
werden 1), ſtets in die jüngſte Jahresklaſſe der Reſerve ein 2).
Wegen Kontrolentziehung oder Ungehorſams gegen Einberufungs-
Ordres kann eine Verſetzung in die nächſt jüngere Jahresklaſſe zur
Strafe verhängt werden, was einer Verlängerung der geſetzlichen
Dienſtzeit gleichkömmt 3). Reſerviſten oder Landwehrleute, welche
nach erfolgter Auswanderung vor vollendetem 31. Lebensjahr wie-
der naturaliſirt werden, treten in denjenigen Jahrgang, welchem
ſie ohne die ſtattgehabte Auswanderung angehört haben würden,
wieder ein, d. h. ſie rücken während der Zeit der Auswanderung
durch die Jahresklaſſen mit fort 4). Die Verſetzung aus der Re-
ſerve in die Landwehr, ſowie die Entlaſſung aus der Landwehr
erfolgt bei den Herbſt-Kontrolverſammlungen des betreffenden
Jahres 5), auch wenn die zwölfjährige Geſammtdienſtzeit gemäß
Art. 59 der R.V. ſchon vor dieſem Tage abgelaufen ſein ſollte 6).

Die Dienſtzeit in der Reſerve beträgt zwar nach der Aus-
drucksweiſe des Art. 59 der R.V. vier Jahre; dieſer Ausdruck iſt
indeſſen nicht correct, da die Dauer der Reſervepflicht davon ab-
hängig iſt, wann die Beurlaubung des Wehrpflichtigen von den
Fahnen eintritt. Feſt beſtimmt iſt nur die Geſammtdienſtpflicht
im ſtehenden Heere und zwar auf ſieben Jahre. Treffender ſagt
das Wehrgeſetz §. 6 Abſ. 5, daß nach der Entlaſſung aus dem
aktiven Dienſt während des Reſtes der ſiebenjährigen Dienſtzeit
die Mannſchaften zur Reſerve gehören. Die Dienſtzeit in der
Landwehr und in der Seewehr umfaßt die (auf die Verſetzung aus
der Reſerve zur Land- oder Seewehr) folgenden fünf Lebensjahre 7).
Mannſchaften der Kavallerie, welche ſich freiwillig zu einer vier-
jährigen aktiven
Dienſtzeit verpflichtet haben, dienen in der
Landwehr nur drei Jahre.

In denjenigen Bundesſtaaten, in denen vor Einführung der

1) Nämlich auf Grund des §. 18 des R.Mil.Straf-Geſetzbuchs.
2) Mil.Geſ. §. 62 Abſ. 3.
3) Mil.Geſ. §. 67.
4) Mil.Geſ. §. 68.
5) Mil.Geſ. §. 62 Abſ. 2.
6) Zur Landwehrpflicht gehört demnach auch die Verpflichtung, ſich behufs
Entlaſſung aus der Landwehr zu dieſer Herbſt-Kontrolverſammlung zu geſtellen.
(Motive zu §. 55 des Entwurfs des Mil.Geſ.)
7) R.V. Art. 59. W.G. §. 7 Abſ. 1 und 2.
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[189/0199] §. 88. Die geſetzliche Wehrpflicht. werden 1), ſtets in die jüngſte Jahresklaſſe der Reſerve ein 2). Wegen Kontrolentziehung oder Ungehorſams gegen Einberufungs- Ordres kann eine Verſetzung in die nächſt jüngere Jahresklaſſe zur Strafe verhängt werden, was einer Verlängerung der geſetzlichen Dienſtzeit gleichkömmt 3). Reſerviſten oder Landwehrleute, welche nach erfolgter Auswanderung vor vollendetem 31. Lebensjahr wie- der naturaliſirt werden, treten in denjenigen Jahrgang, welchem ſie ohne die ſtattgehabte Auswanderung angehört haben würden, wieder ein, d. h. ſie rücken während der Zeit der Auswanderung durch die Jahresklaſſen mit fort 4). Die Verſetzung aus der Re- ſerve in die Landwehr, ſowie die Entlaſſung aus der Landwehr erfolgt bei den Herbſt-Kontrolverſammlungen des betreffenden Jahres 5), auch wenn die zwölfjährige Geſammtdienſtzeit gemäß Art. 59 der R.V. ſchon vor dieſem Tage abgelaufen ſein ſollte 6). Die Dienſtzeit in der Reſerve beträgt zwar nach der Aus- drucksweiſe des Art. 59 der R.V. vier Jahre; dieſer Ausdruck iſt indeſſen nicht correct, da die Dauer der Reſervepflicht davon ab- hängig iſt, wann die Beurlaubung des Wehrpflichtigen von den Fahnen eintritt. Feſt beſtimmt iſt nur die Geſammtdienſtpflicht im ſtehenden Heere und zwar auf ſieben Jahre. Treffender ſagt das Wehrgeſetz §. 6 Abſ. 5, daß nach der Entlaſſung aus dem aktiven Dienſt während des Reſtes der ſiebenjährigen Dienſtzeit die Mannſchaften zur Reſerve gehören. Die Dienſtzeit in der Landwehr und in der Seewehr umfaßt die (auf die Verſetzung aus der Reſerve zur Land- oder Seewehr) folgenden fünf Lebensjahre 7). Mannſchaften der Kavallerie, welche ſich freiwillig zu einer vier- jährigen aktiven Dienſtzeit verpflichtet haben, dienen in der Landwehr nur drei Jahre. In denjenigen Bundesſtaaten, in denen vor Einführung der 1) Nämlich auf Grund des §. 18 des R.Mil.Straf-Geſetzbuchs. 2) Mil.Geſ. §. 62 Abſ. 3. 3) Mil.Geſ. §. 67. 4) Mil.Geſ. §. 68. 5) Mil.Geſ. §. 62 Abſ. 2. 6) Zur Landwehrpflicht gehört demnach auch die Verpflichtung, ſich behufs Entlaſſung aus der Landwehr zu dieſer Herbſt-Kontrolverſammlung zu geſtellen. (Motive zu §. 55 des Entwurfs des Mil.Geſ.) 7) R.V. Art. 59. W.G. §. 7 Abſ. 1 und 2.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/199>, abgerufen am 29.04.2024.