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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 94. Die Kriegsleistungen.
von dem Tage ab, an welchem die bewaffnete Macht mobil ge-
macht wird, und sie verlieren ihre Anwendbarkeit mit dem Zeit-
punkt, mit welchem der Friedenszustand wieder eintritt. Beides,
sowohl die Mobilmachung als die Zurückführung auf den Frie-
denszustand, kann für einzelne Theile des Heeres und der Ma-
rine angeordnet werden; wenn und insoweit dies der Fall ist, dür-
fen die Kriegsleistungen nur für die im mobilen Zustande befind-
lichen, augmentirten oder in Bewegung gesetzten Theile der be-
waffneten Macht, sowie zur Herstellung der nothwendigen Ver-
theidigungsanstalten in Anspruch genommen werden. Das Kriegs-
leistungsgesetz kann also partiell in Wirksamkeit und wieder außer
Wirksamkeit gesetzt werden. Die Abgränzung ist aber keine räum-
liche und ebensowenig eine sachliche d. h. auf einzelne Arten von
Kriegsleistungen beschränkte; sondern sie betrifft den Umfang, in
welchem die Leistungen erhoben werden dürfen, indem derselbe durch
das Bedürfniß der mobilgemachten Theile der bewaffneten Macht
sich bestimmt 1).

2. Dem allgemeinen Begriff der Militairlasten entsprechend

Bundesgebiet eingeführt durch Präsidial-Verordn. v. 7. Nov. 1867 (B.G.Bl.
1867 S. 125). Dasselbe Gesetz wurde eingeführt in Südhessen durch landesh.
Verordn. v. 29. Mai 1868 (Hess. Reg.Bl. S. 780), in Baden durch Landesges.
v. 26. Dez. 1870 (Bad. Ges. und Verordn.Bl. 1871 S. 5), in Elsaß-Lothringen
durch Kaiserl. Verordn. v. 22. Juni 1872 (Ges.Bl. f. Els.-Lothr. 1872 S. 445).
In Württemberg blieb zunächst das Ges. v. 18. Juni 1864, in Bayern die
Verordn. v. 22. Juli 1819 in Geltung. An die Stelle aller dieser Gesetze ist
getreten:
Das Reichsgesetz über die Kriegsleistungen v. 13. Juni 1873
(R.G.Bl. 1873 S. 129), in Elsaß-Lothringen eingeführt durch Gesetz v. 6. Okt.
1873 (G.Bl. f. E.-L. 1873 S. 262. Im Reichsgesetzbl. nicht verkündigt). Die
Motive zum Kriegsleistungsges. in den Drucksachen des Reichstages 1873
Nro. 26. Die Verhandlungen des Reichstages in den Stenogr. Berichten
S. 157 ff. 572--622. 785 ff. und 930 ff.
Zu diesem Gesetz ist eine vom Bundesrath beschlossene, vom Kaiser pro-
mulgirte Ausführungs-Verordnung v. 1. April 1876 ergangen und
im R.G.Bl. 1876 S. 137 verkündigt worden. Dieselbe gilt für das ganze
Reichsgebiet mit Einschluß Bayerns. (Vgl. Bd. II S. 88 Note 2.)
Literatur. Seydel in Hirth's Annalen 1874 S. 1050 ff. Thiel
Ges. über die Kriegsleistungen. Rostock 1877.
1) Kriegsl.Ges. §. 1. 32. Vgl. Stenogr. Berichte des Reichstags 1873
S. 573.

§. 94. Die Kriegsleiſtungen.
von dem Tage ab, an welchem die bewaffnete Macht mobil ge-
macht wird, und ſie verlieren ihre Anwendbarkeit mit dem Zeit-
punkt, mit welchem der Friedenszuſtand wieder eintritt. Beides,
ſowohl die Mobilmachung als die Zurückführung auf den Frie-
denszuſtand, kann für einzelne Theile des Heeres und der Ma-
rine angeordnet werden; wenn und inſoweit dies der Fall iſt, dür-
fen die Kriegsleiſtungen nur für die im mobilen Zuſtande befind-
lichen, augmentirten oder in Bewegung geſetzten Theile der be-
waffneten Macht, ſowie zur Herſtellung der nothwendigen Ver-
theidigungsanſtalten in Anſpruch genommen werden. Das Kriegs-
leiſtungsgeſetz kann alſo partiell in Wirkſamkeit und wieder außer
Wirkſamkeit geſetzt werden. Die Abgränzung iſt aber keine räum-
liche und ebenſowenig eine ſachliche d. h. auf einzelne Arten von
Kriegsleiſtungen beſchränkte; ſondern ſie betrifft den Umfang, in
welchem die Leiſtungen erhoben werden dürfen, indem derſelbe durch
das Bedürfniß der mobilgemachten Theile der bewaffneten Macht
ſich beſtimmt 1).

2. Dem allgemeinen Begriff der Militairlaſten entſprechend

Bundesgebiet eingeführt durch Präſidial-Verordn. v. 7. Nov. 1867 (B.G.Bl.
1867 S. 125). Daſſelbe Geſetz wurde eingeführt in Südheſſen durch landesh.
Verordn. v. 29. Mai 1868 (Heſſ. Reg.Bl. S. 780), in Baden durch Landesgeſ.
v. 26. Dez. 1870 (Bad. Geſ. und Verordn.Bl. 1871 S. 5), in Elſaß-Lothringen
durch Kaiſerl. Verordn. v. 22. Juni 1872 (Geſ.Bl. f. Elſ.-Lothr. 1872 S. 445).
In Württemberg blieb zunächſt das Geſ. v. 18. Juni 1864, in Bayern die
Verordn. v. 22. Juli 1819 in Geltung. An die Stelle aller dieſer Geſetze iſt
getreten:
Das Reichsgeſetz über die Kriegsleiſtungen v. 13. Juni 1873
(R.G.Bl. 1873 S. 129), in Elſaß-Lothringen eingeführt durch Geſetz v. 6. Okt.
1873 (G.Bl. f. E.-L. 1873 S. 262. Im Reichsgeſetzbl. nicht verkündigt). Die
Motive zum Kriegsleiſtungsgeſ. in den Druckſachen des Reichstages 1873
Nro. 26. Die Verhandlungen des Reichstages in den Stenogr. Berichten
S. 157 ff. 572—622. 785 ff. und 930 ff.
Zu dieſem Geſetz iſt eine vom Bundesrath beſchloſſene, vom Kaiſer pro-
mulgirte Ausführungs-Verordnung v. 1. April 1876 ergangen und
im R.G.Bl. 1876 S. 137 verkündigt worden. Dieſelbe gilt für das ganze
Reichsgebiet mit Einſchluß Bayerns. (Vgl. Bd. II S. 88 Note 2.)
Literatur. Seydel in Hirth’s Annalen 1874 S. 1050 ff. Thiel
Geſ. über die Kriegsleiſtungen. Roſtock 1877.
1) Kriegsl.Geſ. §. 1. 32. Vgl. Stenogr. Berichte des Reichstags 1873
S. 573.
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[343/0353] §. 94. Die Kriegsleiſtungen. von dem Tage ab, an welchem die bewaffnete Macht mobil ge- macht wird, und ſie verlieren ihre Anwendbarkeit mit dem Zeit- punkt, mit welchem der Friedenszuſtand wieder eintritt. Beides, ſowohl die Mobilmachung als die Zurückführung auf den Frie- denszuſtand, kann für einzelne Theile des Heeres und der Ma- rine angeordnet werden; wenn und inſoweit dies der Fall iſt, dür- fen die Kriegsleiſtungen nur für die im mobilen Zuſtande befind- lichen, augmentirten oder in Bewegung geſetzten Theile der be- waffneten Macht, ſowie zur Herſtellung der nothwendigen Ver- theidigungsanſtalten in Anſpruch genommen werden. Das Kriegs- leiſtungsgeſetz kann alſo partiell in Wirkſamkeit und wieder außer Wirkſamkeit geſetzt werden. Die Abgränzung iſt aber keine räum- liche und ebenſowenig eine ſachliche d. h. auf einzelne Arten von Kriegsleiſtungen beſchränkte; ſondern ſie betrifft den Umfang, in welchem die Leiſtungen erhoben werden dürfen, indem derſelbe durch das Bedürfniß der mobilgemachten Theile der bewaffneten Macht ſich beſtimmt 1). 2. Dem allgemeinen Begriff der Militairlaſten entſprechend *) 1) Kriegsl.Geſ. §. 1. 32. Vgl. Stenogr. Berichte des Reichstags 1873 S. 573. *) Bundesgebiet eingeführt durch Präſidial-Verordn. v. 7. Nov. 1867 (B.G.Bl. 1867 S. 125). Daſſelbe Geſetz wurde eingeführt in Südheſſen durch landesh. Verordn. v. 29. Mai 1868 (Heſſ. Reg.Bl. S. 780), in Baden durch Landesgeſ. v. 26. Dez. 1870 (Bad. Geſ. und Verordn.Bl. 1871 S. 5), in Elſaß-Lothringen durch Kaiſerl. Verordn. v. 22. Juni 1872 (Geſ.Bl. f. Elſ.-Lothr. 1872 S. 445). In Württemberg blieb zunächſt das Geſ. v. 18. Juni 1864, in Bayern die Verordn. v. 22. Juli 1819 in Geltung. An die Stelle aller dieſer Geſetze iſt getreten: Das Reichsgeſetz über die Kriegsleiſtungen v. 13. Juni 1873 (R.G.Bl. 1873 S. 129), in Elſaß-Lothringen eingeführt durch Geſetz v. 6. Okt. 1873 (G.Bl. f. E.-L. 1873 S. 262. Im Reichsgeſetzbl. nicht verkündigt). Die Motive zum Kriegsleiſtungsgeſ. in den Druckſachen des Reichstages 1873 Nro. 26. Die Verhandlungen des Reichstages in den Stenogr. Berichten S. 157 ff. 572—622. 785 ff. und 930 ff. Zu dieſem Geſetz iſt eine vom Bundesrath beſchloſſene, vom Kaiſer pro- mulgirte Ausführungs-Verordnung v. 1. April 1876 ergangen und im R.G.Bl. 1876 S. 137 verkündigt worden. Dieſelbe gilt für das ganze Reichsgebiet mit Einſchluß Bayerns. (Vgl. Bd. II S. 88 Note 2.) Literatur. Seydel in Hirth’s Annalen 1874 S. 1050 ff. Thiel Geſ. über die Kriegsleiſtungen. Roſtock 1877.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/353>, abgerufen am 29.04.2024.