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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 95. Beschränkungen des Grundeigenthums im Rayon der Festungen.

b) Renten, welche jährlich weniger als 3 Mark betragen, wer-
den mit dem 16 2/3 fachen Betrage kapitalisirt und sofort an die
Besitzer ausgezahlt 1). Außerdem hat der Besitzer das Recht, falls
die Werthsverminderung seines Grundstücks mindestens ein Drittel
des bisherigen Werthes beträgt, nach seiner Wahl die Entschädi-
gung in Rente oder in Kapital zu verlangen 2). Das Wahlrecht
muß bereits während des Abschätzungsverfahrens ausgeübt wer-
den. Sobald nach dem Gutachten eines Sachverständigen die
Werthsverminderung so groß ist, daß der Besitzer eine Entschädi-
gung in Kapital zu fordern berechtigt ist, muß er auf die Aufforde-
rung des Kommissarius binnen einer Präklusivfrist von 4 Wochen
erklären, daß er die Entschädigung in Kapital verlange, widrigen-
falls er nur die Abfindung durch Rente fordern kann 3). Die
Entschädigungssumme ist von demjenigen Tage an mit fünf Pro-
zent zu verzinsen, mit welchem der Lauf der Rente beginnen
würde 4).

c) Berechtigt zum Empfange der Entschädigungssumme und
Rente ist der Besitzer des Grundstücks; die Legitimation desselben
zum Empfange des Kapitals, sowie der einzelnen Raten der Rente
wird der Festungskasse gegenüber dadurch geführt, daß er im
Rayonkataster eingetragen ist 5). Inwieweit anderen Realberech-
tigten, insbesondere Pfandgläubigern, Nießbrauchsberechtigten, Mit-
eigenthümern u. s. w., Rechte an der Entschädigung zustehen, ist
nach Maßgabe der im concreten Falle bestehenden Rechtsverhält-
nisse nach den Landesgesetzen zu beurtheilen 6). Hierbei ist davon
auszugehen, daß von den sechs Prozent der Entschädigungssumme,
welche als Rente gezahlt werden, fünf Prozent als Verzinsung

1) §. 36 Abs. 5.
2) §. 36 Abs. 1. Ueber die Gründe, aus denen man dieses Wahlrecht be-
willigt hat, vgl. den Kommissions-Bericht S. 24.
3) §. 40 Abs. 6.
4) §. 36 Abs. 2. §. 38 Abs. 2.
5) §. 36 Abs. 4. Die Festungskommandantur ist nach §. 12 verpflichtet,
dafür Sorge zu tragen, daß Besitzveränderungen der Grundstücke im Kataster
nachgetragen werden. Unterläßt sie dies und wird in Folge dessen die Rente
an einen Unberechtigten ausgezahlt, so ist sie dem Rentenberechtigten zur Schad-
loshaltung verpflichtet. Vgl. auch Seydel a. a. O. S. 1080.
6) §. 37 des Ges.
§. 95. Beſchränkungen des Grundeigenthums im Rayon der Feſtungen.

b) Renten, welche jährlich weniger als 3 Mark betragen, wer-
den mit dem 16⅔fachen Betrage kapitaliſirt und ſofort an die
Beſitzer ausgezahlt 1). Außerdem hat der Beſitzer das Recht, falls
die Werthsverminderung ſeines Grundſtücks mindeſtens ein Drittel
des bisherigen Werthes beträgt, nach ſeiner Wahl die Entſchädi-
gung in Rente oder in Kapital zu verlangen 2). Das Wahlrecht
muß bereits während des Abſchätzungsverfahrens ausgeübt wer-
den. Sobald nach dem Gutachten eines Sachverſtändigen die
Werthsverminderung ſo groß iſt, daß der Beſitzer eine Entſchädi-
gung in Kapital zu fordern berechtigt iſt, muß er auf die Aufforde-
rung des Kommiſſarius binnen einer Präkluſivfriſt von 4 Wochen
erklären, daß er die Entſchädigung in Kapital verlange, widrigen-
falls er nur die Abfindung durch Rente fordern kann 3). Die
Entſchädigungsſumme iſt von demjenigen Tage an mit fünf Pro-
zent zu verzinſen, mit welchem der Lauf der Rente beginnen
würde 4).

c) Berechtigt zum Empfange der Entſchädigungsſumme und
Rente iſt der Beſitzer des Grundſtücks; die Legitimation desſelben
zum Empfange des Kapitals, ſowie der einzelnen Raten der Rente
wird der Feſtungskaſſe gegenüber dadurch geführt, daß er im
Rayonkataſter eingetragen iſt 5). Inwieweit anderen Realberech-
tigten, insbeſondere Pfandgläubigern, Nießbrauchsberechtigten, Mit-
eigenthümern u. ſ. w., Rechte an der Entſchädigung zuſtehen, iſt
nach Maßgabe der im concreten Falle beſtehenden Rechtsverhält-
niſſe nach den Landesgeſetzen zu beurtheilen 6). Hierbei iſt davon
auszugehen, daß von den ſechs Prozent der Entſchädigungsſumme,
welche als Rente gezahlt werden, fünf Prozent als Verzinſung

1) §. 36 Abſ. 5.
2) §. 36 Abſ. 1. Ueber die Gründe, aus denen man dieſes Wahlrecht be-
willigt hat, vgl. den Kommiſſions-Bericht S. 24.
3) §. 40 Abſ. 6.
4) §. 36 Abſ. 2. §. 38 Abſ. 2.
5) §. 36 Abſ. 4. Die Feſtungskommandantur iſt nach §. 12 verpflichtet,
dafür Sorge zu tragen, daß Beſitzveränderungen der Grundſtücke im Kataſter
nachgetragen werden. Unterläßt ſie dies und wird in Folge deſſen die Rente
an einen Unberechtigten ausgezahlt, ſo iſt ſie dem Rentenberechtigten zur Schad-
loshaltung verpflichtet. Vgl. auch Seydel a. a. O. S. 1080.
6) §. 37 des Geſ.
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[392/0402] §. 95. Beſchränkungen des Grundeigenthums im Rayon der Feſtungen. b) Renten, welche jährlich weniger als 3 Mark betragen, wer- den mit dem 16⅔fachen Betrage kapitaliſirt und ſofort an die Beſitzer ausgezahlt 1). Außerdem hat der Beſitzer das Recht, falls die Werthsverminderung ſeines Grundſtücks mindeſtens ein Drittel des bisherigen Werthes beträgt, nach ſeiner Wahl die Entſchädi- gung in Rente oder in Kapital zu verlangen 2). Das Wahlrecht muß bereits während des Abſchätzungsverfahrens ausgeübt wer- den. Sobald nach dem Gutachten eines Sachverſtändigen die Werthsverminderung ſo groß iſt, daß der Beſitzer eine Entſchädi- gung in Kapital zu fordern berechtigt iſt, muß er auf die Aufforde- rung des Kommiſſarius binnen einer Präkluſivfriſt von 4 Wochen erklären, daß er die Entſchädigung in Kapital verlange, widrigen- falls er nur die Abfindung durch Rente fordern kann 3). Die Entſchädigungsſumme iſt von demjenigen Tage an mit fünf Pro- zent zu verzinſen, mit welchem der Lauf der Rente beginnen würde 4). c) Berechtigt zum Empfange der Entſchädigungsſumme und Rente iſt der Beſitzer des Grundſtücks; die Legitimation desſelben zum Empfange des Kapitals, ſowie der einzelnen Raten der Rente wird der Feſtungskaſſe gegenüber dadurch geführt, daß er im Rayonkataſter eingetragen iſt 5). Inwieweit anderen Realberech- tigten, insbeſondere Pfandgläubigern, Nießbrauchsberechtigten, Mit- eigenthümern u. ſ. w., Rechte an der Entſchädigung zuſtehen, iſt nach Maßgabe der im concreten Falle beſtehenden Rechtsverhält- niſſe nach den Landesgeſetzen zu beurtheilen 6). Hierbei iſt davon auszugehen, daß von den ſechs Prozent der Entſchädigungsſumme, welche als Rente gezahlt werden, fünf Prozent als Verzinſung 1) §. 36 Abſ. 5. 2) §. 36 Abſ. 1. Ueber die Gründe, aus denen man dieſes Wahlrecht be- willigt hat, vgl. den Kommiſſions-Bericht S. 24. 3) §. 40 Abſ. 6. 4) §. 36 Abſ. 2. §. 38 Abſ. 2. 5) §. 36 Abſ. 4. Die Feſtungskommandantur iſt nach §. 12 verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, daß Beſitzveränderungen der Grundſtücke im Kataſter nachgetragen werden. Unterläßt ſie dies und wird in Folge deſſen die Rente an einen Unberechtigten ausgezahlt, ſo iſt ſie dem Rentenberechtigten zur Schad- loshaltung verpflichtet. Vgl. auch Seydel a. a. O. S. 1080. 6) §. 37 des Geſ.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/402>, abgerufen am 28.04.2024.