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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.

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§. 104. Der Gerichtsdienst.
Mitglieder eines Gerichtes sich verschwägern, eines von ihnen sein
Amt niederlegen oder eine Versetzung sich gefallen lassen muß,
sowie die Bestimmungen über die Emeritirung von Richtern bei
Erreichung eines gewissen Lebensalters 1).

2. Das Dienstverhältniß der richterlichen Reichs-
beamten
.

Richterliche Reichsbeamte sind nur der Präsident, die Senats-
präsidenten und die Räthe des Reichsgerichts 2); dagegen sind
die mit Gerichtsbarkeit ausgestatteten Reichskonsuln nicht richter-
liche Beamte 3). Für die richterlichen Reichsbeamten gelten die
Vorschriften des Reichsbeamten-Gesetzes v. 31. März 1873, welche
jedoch durch folgende, dem Gesetz v. 12. Juni 1869 über die Er-
richtung des Reichsoberhandelsgerichts nachgebildete, Bestimmungen
modifizirt sind:

a) Befähigt zum Mitgliede des Reichsgerichts ernannt zu
werden, ist jeder, welcher in einem Bundesstaate die Fähigkeit zum
Richteramte erlangt und das fünfunddreißigste Lebens-
jahr vollendet
hat 4). Die Ernennung erfolgt vom Kaiser
auf Vorschlag des Bundesrathes 5); Präsentationsrechte ein-
zelner Staaten für gewisse Stellen oder nach einem bestimmten
Turnus sind gesetzlich nicht anerkannt.

b) Die Anstellung geschieht auf Lebenszeit und gegen ein
festes Gehalt 6).

c) Die vorläufige Enthebung (Suspension) vom Amte tritt

§. 67. Lübeck §. 5. Hinsichtl. Elsaß-Lothr. siehe Keller Note 4 zu §. 8 des
Gerichtsverf.Gesetzes. Auch die Verträge über die Errichtung gemeinsamer Ge-
richte enthalten z. Th. Bestimmungen dieser Art.
1) Protok. I. Les. S. 575 (Hahn S. 753 vgl. auch S. 919).
2) Zu den "richterlichen Reichsbeamten" gehören allerdings auch die Marine-
Auditeure, vgl. Bd. I. S. 369, auf dieselben finden aber nicht die Vorschriften
des Gerichtsverf.Gesetzes, sondern die Regeln des Militärrechts Anwendung.
Siehe oben Bd. III. 1. S. 119 ff. S. 134.
3) Dies wird im §. 13 des Konsulargerichtsbarkeits-Gesetzes durch das
argumentum e contrario bestätigt, indem nur Titel 13--16, nicht auch
Titel 1 und 9 des G.V.G. auf die Konsulargerichte für anwendbar erklärt werden.
4) Gerichtsverf.Ges. §. 127 Abs. 2.
5) §. 127 Abs. 1 ebenda. Diese Mitwirkung des Bundesrathes ist Gegen-
stand lebhafter Verhandlungen gewesen. Vgl. Protok. I. Les. S. 391 ff. (Hahn
S. 612 ff.)
6) Ger.Verf.Ges. §. 6. u. 7.

§. 104. Der Gerichtsdienſt.
Mitglieder eines Gerichtes ſich verſchwägern, eines von ihnen ſein
Amt niederlegen oder eine Verſetzung ſich gefallen laſſen muß,
ſowie die Beſtimmungen über die Emeritirung von Richtern bei
Erreichung eines gewiſſen Lebensalters 1).

2. Das Dienſtverhältniß der richterlichen Reichs-
beamten
.

Richterliche Reichsbeamte ſind nur der Präſident, die Senats-
präſidenten und die Räthe des Reichsgerichts 2); dagegen ſind
die mit Gerichtsbarkeit ausgeſtatteten Reichskonſuln nicht richter-
liche Beamte 3). Für die richterlichen Reichsbeamten gelten die
Vorſchriften des Reichsbeamten-Geſetzes v. 31. März 1873, welche
jedoch durch folgende, dem Geſetz v. 12. Juni 1869 über die Er-
richtung des Reichsoberhandelsgerichts nachgebildete, Beſtimmungen
modifizirt ſind:

a) Befähigt zum Mitgliede des Reichsgerichts ernannt zu
werden, iſt jeder, welcher in einem Bundesſtaate die Fähigkeit zum
Richteramte erlangt und das fünfunddreißigſte Lebens-
jahr vollendet
hat 4). Die Ernennung erfolgt vom Kaiſer
auf Vorſchlag des Bundesrathes 5); Präſentationsrechte ein-
zelner Staaten für gewiſſe Stellen oder nach einem beſtimmten
Turnus ſind geſetzlich nicht anerkannt.

b) Die Anſtellung geſchieht auf Lebenszeit und gegen ein
feſtes Gehalt 6).

c) Die vorläufige Enthebung (Suſpenſion) vom Amte tritt

§. 67. Lübeck §. 5. Hinſichtl. Elſaß-Lothr. ſiehe Keller Note 4 zu §. 8 des
Gerichtsverf.Geſetzes. Auch die Verträge über die Errichtung gemeinſamer Ge-
richte enthalten z. Th. Beſtimmungen dieſer Art.
1) Protok. I. Leſ. S. 575 (Hahn S. 753 vgl. auch S. 919).
2) Zu den „richterlichen Reichsbeamten“ gehören allerdings auch die Marine-
Auditeure, vgl. Bd. I. S. 369, auf dieſelben finden aber nicht die Vorſchriften
des Gerichtsverf.Geſetzes, ſondern die Regeln des Militärrechts Anwendung.
Siehe oben Bd. III. 1. S. 119 ff. S. 134.
3) Dies wird im §. 13 des Konſulargerichtsbarkeits-Geſetzes durch das
argumentum e contrario beſtätigt, indem nur Titel 13—16, nicht auch
Titel 1 und 9 des G.V.G. auf die Konſulargerichte für anwendbar erklärt werden.
4) Gerichtsverf.Geſ. §. 127 Abſ. 2.
5) §. 127 Abſ. 1 ebenda. Dieſe Mitwirkung des Bundesrathes iſt Gegen-
ſtand lebhafter Verhandlungen geweſen. Vgl. Protok. I. Leſ. S. 391 ff. (Hahn
S. 612 ff.)
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[149/0159] §. 104. Der Gerichtsdienſt. Mitglieder eines Gerichtes ſich verſchwägern, eines von ihnen ſein Amt niederlegen oder eine Verſetzung ſich gefallen laſſen muß, ſowie die Beſtimmungen über die Emeritirung von Richtern bei Erreichung eines gewiſſen Lebensalters 1). 2. Das Dienſtverhältniß der richterlichen Reichs- beamten. Richterliche Reichsbeamte ſind nur der Präſident, die Senats- präſidenten und die Räthe des Reichsgerichts 2); dagegen ſind die mit Gerichtsbarkeit ausgeſtatteten Reichskonſuln nicht richter- liche Beamte 3). Für die richterlichen Reichsbeamten gelten die Vorſchriften des Reichsbeamten-Geſetzes v. 31. März 1873, welche jedoch durch folgende, dem Geſetz v. 12. Juni 1869 über die Er- richtung des Reichsoberhandelsgerichts nachgebildete, Beſtimmungen modifizirt ſind: a) Befähigt zum Mitgliede des Reichsgerichts ernannt zu werden, iſt jeder, welcher in einem Bundesſtaate die Fähigkeit zum Richteramte erlangt und das fünfunddreißigſte Lebens- jahr vollendet hat 4). Die Ernennung erfolgt vom Kaiſer auf Vorſchlag des Bundesrathes 5); Präſentationsrechte ein- zelner Staaten für gewiſſe Stellen oder nach einem beſtimmten Turnus ſind geſetzlich nicht anerkannt. b) Die Anſtellung geſchieht auf Lebenszeit und gegen ein feſtes Gehalt 6). c) Die vorläufige Enthebung (Suſpenſion) vom Amte tritt 3) 1) Protok. I. Leſ. S. 575 (Hahn S. 753 vgl. auch S. 919). 2) Zu den „richterlichen Reichsbeamten“ gehören allerdings auch die Marine- Auditeure, vgl. Bd. I. S. 369, auf dieſelben finden aber nicht die Vorſchriften des Gerichtsverf.Geſetzes, ſondern die Regeln des Militärrechts Anwendung. Siehe oben Bd. III. 1. S. 119 ff. S. 134. 3) Dies wird im §. 13 des Konſulargerichtsbarkeits-Geſetzes durch das argumentum e contrario beſtätigt, indem nur Titel 13—16, nicht auch Titel 1 und 9 des G.V.G. auf die Konſulargerichte für anwendbar erklärt werden. 4) Gerichtsverf.Geſ. §. 127 Abſ. 2. 5) §. 127 Abſ. 1 ebenda. Dieſe Mitwirkung des Bundesrathes iſt Gegen- ſtand lebhafter Verhandlungen geweſen. Vgl. Protok. I. Leſ. S. 391 ff. (Hahn S. 612 ff.) 6) Ger.Verf.Geſ. §. 6. u. 7. 3) §. 67. Lübeck §. 5. Hinſichtl. Elſaß-Lothr. ſiehe Keller Note 4 zu §. 8 des Gerichtsverf.Geſetzes. Auch die Verträge über die Errichtung gemeinſamer Ge- richte enthalten z. Th. Beſtimmungen dieſer Art.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/159>, abgerufen am 24.04.2024.