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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.

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§. 101. Die Gerichte.
angestellte Einzelrichter 1). In zweiter Instanz entscheiden
als Berufungs- und Beschwerdegerichte die Civilkammern der
Landgerichte 2); es sind dies Collegien, welche aus drei zum Richter-
amt befähigten, berufsmäßigen Richtern bestehen 3). Ein Rechts-
mittel gegen Endurtheile der Civilkammern und eine Entscheidung
in dritter Instanz findet nicht statt.

b) Die zweite Kategorie umfaßt alle bürgerlichen Rechts-
streitigkeiten, welche nicht den Amtsgerichten (Einzelrichtern) zuge-
wiesen sind 4), also alle vorstehend nicht aufgeführten civilrechtlichen
Ansprüche.

Dieselben werden in erster Instanz abgeurtheilt von den
Civilkammern der Landgerichte in der Besetzung von drei be-
rufsmäßigen Richtern oder, wenn durch die Klage ein Anspruch
geltend gemacht wird, der aus einem der in §. 101 des Gerichts-
Verf.Ges. aufgeführten Rechtsverhältnisse herrührt, von den Kam-
mern für Handelssachen
, wo solche von der Landesjustiz-
verwaltung gebildet worden sind 5). Die Kammern für Handels-
sachen als entscheidende Collegien bestehen aus einem berufsmäßigen
Richter als Vorsitzenden und zwei dem Kaufmannsstande angehö-
renden Handelsrichtern; sämmtliche Mitglieder haben gleiches
Stimmrecht. In Streitigkeiten, welche sich auf das Rechtsverhält-

1) Gerichtsverf.Ges. §. 22 Abs. 2.
2) Gerichtsverf.Ges. §. 71.
3) Gerichtsverf.Ges. §. 77.
4) Gerichtsverf.Ges. §. 70.
5) Gerichtsverf.Ges. §. 100. -- Die Verhandlung des Rechtsstreites erfolgt
aber nur dann vor der Kammer für Handelssachen, wenn der Kläger dies
in der Klageschrift beantragt hat, oder wenn bei einer vor die Kammer
für Handelssachen gehörigen, aber vor die Civilkammer gebrachten Klage der
Beklagte die Verweisung des Rechtsstreits an die Kammer für Handelssachen
beantragt hat; auch ist der Prozeß auf Antrag vor die Civilkammer zu
verweisen, wenn die Klage durch Antrag auf Feststellung eines Rechtsverhält-
nisses erweitert oder eine Widerklage erhoben wird und die erweiterte Klage
oder die Widerklage als Klage nicht vor die Kammer für Handelssachen ge-
hört. Gerichtsverf.Ges. §. 102. 104. 105. Das Nähere über die Zuständig-
keitsverhältnisse der Civilkammern und der Kammern f. Handelssachen gehört
in die Darstellung des Civilprozesses; hier ist nur der Grundsatz hervorzuheben,
daß die Civilkammern die regelmäßigen Gerichte sind, denen eine all-
gemeine
Kompetenz zusteht, während die Kammern für Handelssachen als
Spezial-Kommissionen für besondere Arten von Rechtsstreitigkeiten an-
zusehen sind.

§. 101. Die Gerichte.
angeſtellte Einzelrichter 1). In zweiter Inſtanz entſcheiden
als Berufungs- und Beſchwerdegerichte die Civilkammern der
Landgerichte 2); es ſind dies Collegien, welche aus drei zum Richter-
amt befähigten, berufsmäßigen Richtern beſtehen 3). Ein Rechts-
mittel gegen Endurtheile der Civilkammern und eine Entſcheidung
in dritter Inſtanz findet nicht ſtatt.

b) Die zweite Kategorie umfaßt alle bürgerlichen Rechts-
ſtreitigkeiten, welche nicht den Amtsgerichten (Einzelrichtern) zuge-
wieſen ſind 4), alſo alle vorſtehend nicht aufgeführten civilrechtlichen
Anſprüche.

Dieſelben werden in erſter Inſtanz abgeurtheilt von den
Civilkammern der Landgerichte in der Beſetzung von drei be-
rufsmäßigen Richtern oder, wenn durch die Klage ein Anſpruch
geltend gemacht wird, der aus einem der in §. 101 des Gerichts-
Verf.Geſ. aufgeführten Rechtsverhältniſſe herrührt, von den Kam-
mern für Handelsſachen
, wo ſolche von der Landesjuſtiz-
verwaltung gebildet worden ſind 5). Die Kammern für Handels-
ſachen als entſcheidende Collegien beſtehen aus einem berufsmäßigen
Richter als Vorſitzenden und zwei dem Kaufmannsſtande angehö-
renden Handelsrichtern; ſämmtliche Mitglieder haben gleiches
Stimmrecht. In Streitigkeiten, welche ſich auf das Rechtsverhält-

1) Gerichtsverf.Geſ. §. 22 Abſ. 2.
2) Gerichtsverf.Geſ. §. 71.
3) Gerichtsverf.Geſ. §. 77.
4) Gerichtsverf.Geſ. §. 70.
5) Gerichtsverf.Geſ. §. 100. — Die Verhandlung des Rechtsſtreites erfolgt
aber nur dann vor der Kammer für Handelsſachen, wenn der Kläger dies
in der Klageſchrift beantragt hat, oder wenn bei einer vor die Kammer
für Handelsſachen gehörigen, aber vor die Civilkammer gebrachten Klage der
Beklagte die Verweiſung des Rechtsſtreits an die Kammer für Handelsſachen
beantragt hat; auch iſt der Prozeß auf Antrag vor die Civilkammer zu
verweiſen, wenn die Klage durch Antrag auf Feſtſtellung eines Rechtsverhält-
niſſes erweitert oder eine Widerklage erhoben wird und die erweiterte Klage
oder die Widerklage als Klage nicht vor die Kammer für Handelsſachen ge-
hört. Gerichtsverf.Geſ. §. 102. 104. 105. Das Nähere über die Zuſtändig-
keitsverhältniſſe der Civilkammern und der Kammern f. Handelsſachen gehört
in die Darſtellung des Civilprozeſſes; hier iſt nur der Grundſatz hervorzuheben,
daß die Civilkammern die regelmäßigen Gerichte ſind, denen eine all-
gemeine
Kompetenz zuſteht, während die Kammern für Handelsſachen als
Spezial-Kommiſſionen für beſondere Arten von Rechtsſtreitigkeiten an-
zuſehen ſind.
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[78/0088] §. 101. Die Gerichte. angeſtellte Einzelrichter 1). In zweiter Inſtanz entſcheiden als Berufungs- und Beſchwerdegerichte die Civilkammern der Landgerichte 2); es ſind dies Collegien, welche aus drei zum Richter- amt befähigten, berufsmäßigen Richtern beſtehen 3). Ein Rechts- mittel gegen Endurtheile der Civilkammern und eine Entſcheidung in dritter Inſtanz findet nicht ſtatt. b) Die zweite Kategorie umfaßt alle bürgerlichen Rechts- ſtreitigkeiten, welche nicht den Amtsgerichten (Einzelrichtern) zuge- wieſen ſind 4), alſo alle vorſtehend nicht aufgeführten civilrechtlichen Anſprüche. Dieſelben werden in erſter Inſtanz abgeurtheilt von den Civilkammern der Landgerichte in der Beſetzung von drei be- rufsmäßigen Richtern oder, wenn durch die Klage ein Anſpruch geltend gemacht wird, der aus einem der in §. 101 des Gerichts- Verf.Geſ. aufgeführten Rechtsverhältniſſe herrührt, von den Kam- mern für Handelsſachen, wo ſolche von der Landesjuſtiz- verwaltung gebildet worden ſind 5). Die Kammern für Handels- ſachen als entſcheidende Collegien beſtehen aus einem berufsmäßigen Richter als Vorſitzenden und zwei dem Kaufmannsſtande angehö- renden Handelsrichtern; ſämmtliche Mitglieder haben gleiches Stimmrecht. In Streitigkeiten, welche ſich auf das Rechtsverhält- 1) Gerichtsverf.Geſ. §. 22 Abſ. 2. 2) Gerichtsverf.Geſ. §. 71. 3) Gerichtsverf.Geſ. §. 77. 4) Gerichtsverf.Geſ. §. 70. 5) Gerichtsverf.Geſ. §. 100. — Die Verhandlung des Rechtsſtreites erfolgt aber nur dann vor der Kammer für Handelsſachen, wenn der Kläger dies in der Klageſchrift beantragt hat, oder wenn bei einer vor die Kammer für Handelsſachen gehörigen, aber vor die Civilkammer gebrachten Klage der Beklagte die Verweiſung des Rechtsſtreits an die Kammer für Handelsſachen beantragt hat; auch iſt der Prozeß auf Antrag vor die Civilkammer zu verweiſen, wenn die Klage durch Antrag auf Feſtſtellung eines Rechtsverhält- niſſes erweitert oder eine Widerklage erhoben wird und die erweiterte Klage oder die Widerklage als Klage nicht vor die Kammer für Handelsſachen ge- hört. Gerichtsverf.Geſ. §. 102. 104. 105. Das Nähere über die Zuſtändig- keitsverhältniſſe der Civilkammern und der Kammern f. Handelsſachen gehört in die Darſtellung des Civilprozeſſes; hier iſt nur der Grundſatz hervorzuheben, daß die Civilkammern die regelmäßigen Gerichte ſind, denen eine all- gemeine Kompetenz zuſteht, während die Kammern für Handelsſachen als Spezial-Kommiſſionen für beſondere Arten von Rechtsſtreitigkeiten an- zuſehen ſind.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/88>, abgerufen am 28.03.2024.