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Lachmann, Karl: Über die ursprüngliche Gestalt des Gedichts von der Nibelungen Noth. Berlin, 1816.

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Lügen und läßt Rüdiger vor den König tragen. Dahin-
gegen sagt Volker nachher (Z. 9174 f.), als Dieterichs
Mannen Rüdigers Leichnam fordern, sie sollen ihn aus
dem Hause hohlen, wo er liegt,
Mit starken verchwunden gevallen in daz blut.
Noch mehr: in der letzten Stelle verlangt Hildebrand den
Leichnam von den Burgunden auf Dieterichs Geheiß (Z.
9156 ff.). Dieterich hatte ihm in dem eben ausgezeichneten
Liede nichts dergleichen aufgetragen, sondern er bat (Z.
9099 f.):
Hildebranden zu den gesten gan,
Daz er an in erfunde, waz da woere getan;

und in dem folgenden Liede 40). als Hildebrand wieder-
kommt und Rüdigers Tod meldet, sagt er (Z. 9369):
So we mir dirre leide! ist Rüdeger doch tot?
Endlich sagt Wolfhart, Dieterichs Mann, eben wo sie mit
den Fremden über Rüdigers Leichnam rechten (Z. 9179 f.):
Getörst' ich vor minem herren, so kömet irs in
not;
Des müzen wir ez lazen, wand' er uns striten hie
verbot.

Dasselbe Verbot Dietrichs erwähnt die Klage (Z. 4082 f.),
und Dieterich selbst sagt in den Nibelungen (Z. 9356) zu
Hildebrand, als er zurückkommt:
Ich woene, ir mit den gesten zem huse habt gestri-
ten;
Ich verbot ez u so sere, ir het ez billiche vermiten.

Dennoch kommt auch hiervon in jenem Liede nichts vor;
und als sich Dieterichs Mannen rüsten, um mit Hildebrand
zu gehen, verbietet er es ihnen nicht; ja es ist nicht ein-

Lügen und läßt Rüdiger vor den König tragen. Dahin-
gegen ſagt Volker nachher (Z. 9174 f.), als Dieterichs
Mannen Rüdigers Leichnam fordern, ſie ſollen ihn aus
dem Hauſe hohlen, wo er liegt,
Mit ſtarken verchwunden gevallen in daz blůt.
Noch mehr: in der letzten Stelle verlangt Hildebrand den
Leichnam von den Burgunden auf Dieterichs Geheiß (Z.
9156 ff.). Dieterich hatte ihm in dem eben ausgezeichneten
Liede nichts dergleichen aufgetragen, ſondern er bat (Z.
9099 f.):
Hildebranden zů den geſten gan,
Daz er an in erfu̓nde, waz da wœre getan;

und in dem folgenden Liede 40). als Hildebrand wieder-
kommt und Rüdigers Tod meldet, ſagt er (Z. 9369):
So we mir dirre leide! iſt Rüdeger doch tot?
Endlich ſagt Wolfhart, Dieterichs Mann, eben wo ſie mit
den Fremden über Rüdigers Leichnam rechten (Z. 9179 f.):
Getörſt’ ich vor minem herren, ſo kömet irs in
not;
Des müzen wir ez lazen, wand’ er uns ſtriten hie
verbot.

Daſſelbe Verbot Dietrichs erwähnt die Klage (Z. 4082 f.),
und Dieterich ſelbſt ſagt in den Nibelungen (Z. 9356) zu
Hildebrand, als er zurückkommt:
Ich wœne, ir mit den geſten zem huſe habt geſtri-
ten;
Ich verbot ez u̓ ſo ſere, ir het ez billiche vermiten.

Dennoch kommt auch hiervon in jenem Liede nichts vor;
und als ſich Dieterichs Mannen rüſten, um mit Hildebrand
zu gehen, verbietet er es ihnen nicht; ja es iſt nicht ein-

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[53/0061] Lügen und läßt Rüdiger vor den König tragen. Dahin- gegen ſagt Volker nachher (Z. 9174 f.), als Dieterichs Mannen Rüdigers Leichnam fordern, ſie ſollen ihn aus dem Hauſe hohlen, wo er liegt, Mit ſtarken verchwunden gevallen in daz blůt. Noch mehr: in der letzten Stelle verlangt Hildebrand den Leichnam von den Burgunden auf Dieterichs Geheiß (Z. 9156 ff.). Dieterich hatte ihm in dem eben ausgezeichneten Liede nichts dergleichen aufgetragen, ſondern er bat (Z. 9099 f.): Hildebranden zů den geſten gan, Daz er an in erfu̓nde, waz da wœre getan; und in dem folgenden Liede ⁴⁰⁾ . als Hildebrand wieder- kommt und Rüdigers Tod meldet, ſagt er (Z. 9369): So we mir dirre leide! iſt Rüdeger doch tot? Endlich ſagt Wolfhart, Dieterichs Mann, eben wo ſie mit den Fremden über Rüdigers Leichnam rechten (Z. 9179 f.): Getörſt’ ich vor minem herren, ſo kömet irs in not; Des müzen wir ez lazen, wand’ er uns ſtriten hie verbot. Daſſelbe Verbot Dietrichs erwähnt die Klage (Z. 4082 f.), und Dieterich ſelbſt ſagt in den Nibelungen (Z. 9356) zu Hildebrand, als er zurückkommt: Ich wœne, ir mit den geſten zem huſe habt geſtri- ten; Ich verbot ez u̓ ſo ſere, ir het ez billiche vermiten. Dennoch kommt auch hiervon in jenem Liede nichts vor; und als ſich Dieterichs Mannen rüſten, um mit Hildebrand zu gehen, verbietet er es ihnen nicht; ja es iſt nicht ein-

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Zitationshilfe: Lachmann, Karl: Über die ursprüngliche Gestalt des Gedichts von der Nibelungen Noth. Berlin, 1816, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lachmann_nibelungen_1816/61>, abgerufen am 24.04.2024.