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Lachmann, Karl: Über die ursprüngliche Gestalt des Gedichts von der Nibelungen Noth. Berlin, 1816.

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Strophe von den Nibelungen, die ich wieder dem Ordner
zuschreibe. Der Schluß (Z. 2772) lautet:
So endete sich du hochzit; ez schiet von dannen ma-
nic degen;

oder nach der Sanct-Galler Handschrift: "Daz wolde
Gunther der degen."

In der folgenden Aventüre, in der die Darstellung
wieder sehr kurz und wenig geschmückt ist, nehmen Sieg-
fried und Kriemhilde von Worms Abschied und reisen nach
Niederland. Der Verfasser findet nöthig uns noch mit
Xanten bekannt zu machen (Z. 2847):
Unze daz si komen z' einer burge wit,
Du was geheizen Santen, da si krone trugen sit.

Eine Strophe (Z. 2857 -- 2860), in der uns, im Gegen-
satze mit der Pracht des Festes zu Worms, gesagt wird,
nie habe man den Helden besser Gewand gegeben als bei
Siegmund, und eine frühere (Z. 2793 -- 2796), die eben-
falls Kriemhildens Herrlichkeit zu Xanten weiter ausführt,
so wie eine spätere (Z. 2889 -- 2892) von der Erziehung
des jungen Siegfried, gehören der Sanct-Galler Recen-
sion: an die erste schließt sich eine andere (Z. 2861 --
2864), die Kriemhildens und ihres Gesindes Pracht be-
schreibt und sich mit ihren inneren Reimen dem Ordner
aneignet. Außer den drei Königen erwähnt das Lied Ha-
gen und Ortwin, und vorzüglich noch Eckewart. Es zeich-
net sich durch die oft wiederhohlte Redensart aus: Das
war ihm lieb, als ers erfuhr, und dergl. (Z. 2776. 2780.
2785. 2828. 2838. 2868. 2876). Übrigens beweist es auch,
daß wir vorher ganz richtig die Nibelungen aus dem Liede
von Brünhild ausgesondert haben; denn indem der Ver-

Strophe von den Nibelungen, die ich wieder dem Ordner
zuſchreibe. Der Schluß (Z. 2772) lautet:
So endete ſich du̓ hochzit; ez ſchiet von dannen ma-
nic degen;

oder nach der Sanct-Galler Handſchrift: »Daz wolde
Gu̓nther der degen.«

In der folgenden Aventüre, in der die Darſtellung
wieder ſehr kurz und wenig geſchmückt iſt, nehmen Sieg-
fried und Kriemhilde von Worms Abſchied und reiſen nach
Niederland. Der Verfaſſer findet nöthig uns noch mit
Xanten bekannt zu machen (Z. 2847):
Unze daz ſi komen z’ einer burge wit,
Du̓ was geheizen Santen, da ſi krone trůgen ſit.

Eine Strophe (Z. 2857 — 2860), in der uns, im Gegen-
ſatze mit der Pracht des Feſtes zu Worms, geſagt wird,
nie habe man den Helden beſſer Gewand gegeben als bei
Siegmund, und eine frühere (Z. 2793 — 2796), die eben-
falls Kriemhildens Herrlichkeit zu Xanten weiter ausführt,
ſo wie eine ſpätere (Z. 2889 — 2892) von der Erziehung
des jungen Siegfried, gehören der Sanct-Galler Recen-
ſion: an die erſte ſchließt ſich eine andere (Z. 2861 —
2864), die Kriemhildens und ihres Geſindes Pracht be-
ſchreibt und ſich mit ihren inneren Reimen dem Ordner
aneignet. Außer den drei Königen erwähnt das Lied Ha-
gen und Ortwin, und vorzüglich noch Eckewart. Es zeich-
net ſich durch die oft wiederhohlte Redensart aus: Das
war ihm lieb, als ers erfuhr, und dergl. (Z. 2776. 2780.
2785. 2828. 2838. 2868. 2876). Übrigens beweiſt es auch,
daß wir vorher ganz richtig die Nibelungen aus dem Liede
von Brünhild ausgeſondert haben; denn indem der Ver-

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[77/0085] Strophe von den Nibelungen, die ich wieder dem Ordner zuſchreibe. Der Schluß (Z. 2772) lautet: So endete ſich du̓ hochzit; ez ſchiet von dannen ma- nic degen; oder nach der Sanct-Galler Handſchrift: »Daz wolde Gu̓nther der degen.« In der folgenden Aventüre, in der die Darſtellung wieder ſehr kurz und wenig geſchmückt iſt, nehmen Sieg- fried und Kriemhilde von Worms Abſchied und reiſen nach Niederland. Der Verfaſſer findet nöthig uns noch mit Xanten bekannt zu machen (Z. 2847): Unze daz ſi komen z’ einer burge wit, Du̓ was geheizen Santen, da ſi krone trůgen ſit. Eine Strophe (Z. 2857 — 2860), in der uns, im Gegen- ſatze mit der Pracht des Feſtes zu Worms, geſagt wird, nie habe man den Helden beſſer Gewand gegeben als bei Siegmund, und eine frühere (Z. 2793 — 2796), die eben- falls Kriemhildens Herrlichkeit zu Xanten weiter ausführt, ſo wie eine ſpätere (Z. 2889 — 2892) von der Erziehung des jungen Siegfried, gehören der Sanct-Galler Recen- ſion: an die erſte ſchließt ſich eine andere (Z. 2861 — 2864), die Kriemhildens und ihres Geſindes Pracht be- ſchreibt und ſich mit ihren inneren Reimen dem Ordner aneignet. Außer den drei Königen erwähnt das Lied Ha- gen und Ortwin, und vorzüglich noch Eckewart. Es zeich- net ſich durch die oft wiederhohlte Redensart aus: Das war ihm lieb, als ers erfuhr, und dergl. (Z. 2776. 2780. 2785. 2828. 2838. 2868. 2876). Übrigens beweiſt es auch, daß wir vorher ganz richtig die Nibelungen aus dem Liede von Brünhild ausgeſondert haben; denn indem der Ver-

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Zitationshilfe: Lachmann, Karl: Über die ursprüngliche Gestalt des Gedichts von der Nibelungen Noth. Berlin, 1816, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lachmann_nibelungen_1816/85>, abgerufen am 16.04.2024.