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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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dem Nahmen des Grafen F* dem Fräu-
lein von Sternheim eine Fete auf dem
Lande, welche die Nachahmung auf den
höchsten Grad der Gleichheit führte, denn
die Kleidungen, die Musik, der Platz wo
die Lustbarkeit gegeben wurde, alles be-
zeichnete das Landfest. Mitten auf einer
Matte waren eigne Bauerhänser und ei-
ne Tanzscheure erbaut. Der Gedanke
und die Ausführung entzückte mich, in
den ersten zwo Stunden, da ich nichts als
die Schönheit des Festes und die alles
übertreffende Liebenswürdigkeit des Fräu-
leins von Sternheim vor mir sah. Nie-
mals, mein Freund, niemals wird das
Bild der lautern Unschuld, der reinen
Freude wieder so vollkommen erscheinen,
als es diese zwo Stunden durch, in der
edeln schönen Figur von Sternheim abge-
zeichnet war! Verdammt seyn die Künste,
welche es an ihr auszulöschen wußten!
Aber in einer Person von so vielem Geiste,
von einer so vortrefflichen Erziehung,
muß der Wille dabey gewesen seyn; es
war unmöglich sie zu berücken; unmöglich

ist

dem Nahmen des Grafen F* dem Fraͤu-
lein von Sternheim eine Fête auf dem
Lande, welche die Nachahmung auf den
hoͤchſten Grad der Gleichheit fuͤhrte, denn
die Kleidungen, die Muſik, der Platz wo
die Luſtbarkeit gegeben wurde, alles be-
zeichnete das Landfeſt. Mitten auf einer
Matte waren eigne Bauerhaͤnſer und ei-
ne Tanzſcheure erbaut. Der Gedanke
und die Ausfuͤhrung entzuͤckte mich, in
den erſten zwo Stunden, da ich nichts als
die Schoͤnheit des Feſtes und die alles
uͤbertreffende Liebenswuͤrdigkeit des Fraͤu-
leins von Sternheim vor mir ſah. Nie-
mals, mein Freund, niemals wird das
Bild der lautern Unſchuld, der reinen
Freude wieder ſo vollkommen erſcheinen,
als es dieſe zwo Stunden durch, in der
edeln ſchoͤnen Figur von Sternheim abge-
zeichnet war! Verdammt ſeyn die Kuͤnſte,
welche es an ihr auszuloͤſchen wußten!
Aber in einer Perſon von ſo vielem Geiſte,
von einer ſo vortrefflichen Erziehung,
muß der Wille dabey geweſen ſeyn; es
war unmoͤglich ſie zu beruͤcken; unmoͤglich

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[253/0279] dem Nahmen des Grafen F* dem Fraͤu- lein von Sternheim eine Fête auf dem Lande, welche die Nachahmung auf den hoͤchſten Grad der Gleichheit fuͤhrte, denn die Kleidungen, die Muſik, der Platz wo die Luſtbarkeit gegeben wurde, alles be- zeichnete das Landfeſt. Mitten auf einer Matte waren eigne Bauerhaͤnſer und ei- ne Tanzſcheure erbaut. Der Gedanke und die Ausfuͤhrung entzuͤckte mich, in den erſten zwo Stunden, da ich nichts als die Schoͤnheit des Feſtes und die alles uͤbertreffende Liebenswuͤrdigkeit des Fraͤu- leins von Sternheim vor mir ſah. Nie- mals, mein Freund, niemals wird das Bild der lautern Unſchuld, der reinen Freude wieder ſo vollkommen erſcheinen, als es dieſe zwo Stunden durch, in der edeln ſchoͤnen Figur von Sternheim abge- zeichnet war! Verdammt ſeyn die Kuͤnſte, welche es an ihr auszuloͤſchen wußten! Aber in einer Perſon von ſo vielem Geiſte, von einer ſo vortrefflichen Erziehung, muß der Wille dabey geweſen ſeyn; es war unmoͤglich ſie zu beruͤcken; unmoͤglich iſt

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/279>, abgerufen am 28.03.2024.