Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

geheiligte Andenken der Tugend und Güte
einer Person, welche unserm Geschlechte
und der Menschheit Ehre gemacht, in
mir erneuert wird.

Der Vater meiner geliebten Lady
Sidney
war der Oberste von Stern-
heim,
einziger Sohn eines Professors in
W., von welchem er die sorgfältigste Er-
ziehung genoß. Edelmuth, Größe des
Geistes, Güte des Herzens, waren die
Grundzüge seines Charakters. Auf der
Universität L. verband ihm die Freund-
schaft mit dem jüngern Baron von P. so
sehr, daß er nicht nur alle Reisen mit
ihm machte, sondern auch aus Liebe zu
ihm mit in Kriegsdienste trat. Durch
seinen Umgang und durch sein Beyspiel
wurde der vorher unbändige Geist des
Barons so biegsam und wohldenkend, daß
die ganze Familie dem jungen Mann dank-
te, der ihren geliebten Sohn auf die Wege
des Guten gebracht hatte. Ein Zufall
trennte sie. Der Baron mußte nach dem
Tode seines ältern Bruders die Kriegs-
dienste verlassen, und sich zu Ueberneh-

mung

geheiligte Andenken der Tugend und Guͤte
einer Perſon, welche unſerm Geſchlechte
und der Menſchheit Ehre gemacht, in
mir erneuert wird.

Der Vater meiner geliebten Lady
Sidney
war der Oberſte von Stern-
heim,
einziger Sohn eines Profeſſors in
W., von welchem er die ſorgfaͤltigſte Er-
ziehung genoß. Edelmuth, Groͤße des
Geiſtes, Guͤte des Herzens, waren die
Grundzuͤge ſeines Charakters. Auf der
Univerſitaͤt L. verband ihm die Freund-
ſchaft mit dem juͤngern Baron von P. ſo
ſehr, daß er nicht nur alle Reiſen mit
ihm machte, ſondern auch aus Liebe zu
ihm mit in Kriegsdienſte trat. Durch
ſeinen Umgang und durch ſein Beyſpiel
wurde der vorher unbaͤndige Geiſt des
Barons ſo biegſam und wohldenkend, daß
die ganze Familie dem jungen Mann dank-
te, der ihren geliebten Sohn auf die Wege
des Guten gebracht hatte. Ein Zufall
trennte ſie. Der Baron mußte nach dem
Tode ſeines aͤltern Bruders die Kriegs-
dienſte verlaſſen, und ſich zu Ueberneh-

mung
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0028" n="2"/>
geheiligte Andenken der Tugend und Gu&#x0364;te<lb/>
einer Per&#x017F;on, welche un&#x017F;erm Ge&#x017F;chlechte<lb/>
und der Men&#x017F;chheit Ehre gemacht, in<lb/>
mir erneuert wird.</p><lb/>
        <p>Der Vater meiner geliebten <hi rendition="#fr">Lady<lb/>
Sidney</hi> war der Ober&#x017F;te <hi rendition="#fr">von Stern-<lb/>
heim,</hi> einziger Sohn eines Profe&#x017F;&#x017F;ors in<lb/>
W., von welchem er die &#x017F;orgfa&#x0364;ltig&#x017F;te Er-<lb/>
ziehung genoß. Edelmuth, Gro&#x0364;ße des<lb/>
Gei&#x017F;tes, Gu&#x0364;te des Herzens, waren die<lb/>
Grundzu&#x0364;ge &#x017F;eines Charakters. Auf der<lb/>
Univer&#x017F;ita&#x0364;t L. verband ihm die Freund-<lb/>
&#x017F;chaft mit dem ju&#x0364;ngern Baron von P. &#x017F;o<lb/>
&#x017F;ehr, daß er nicht nur alle Rei&#x017F;en mit<lb/>
ihm machte, &#x017F;ondern auch aus Liebe zu<lb/>
ihm mit in Kriegsdien&#x017F;te trat. Durch<lb/>
&#x017F;einen Umgang und durch &#x017F;ein Bey&#x017F;piel<lb/>
wurde der vorher unba&#x0364;ndige Gei&#x017F;t des<lb/>
Barons &#x017F;o bieg&#x017F;am und wohldenkend, daß<lb/>
die ganze Familie dem jungen Mann dank-<lb/>
te, der ihren geliebten Sohn auf die Wege<lb/>
des Guten gebracht hatte. Ein Zufall<lb/>
trennte &#x017F;ie. Der Baron mußte nach dem<lb/>
Tode &#x017F;eines a&#x0364;ltern Bruders die Kriegs-<lb/>
dien&#x017F;te verla&#x017F;&#x017F;en, und &#x017F;ich zu Ueberneh-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">mung</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[2/0028] geheiligte Andenken der Tugend und Guͤte einer Perſon, welche unſerm Geſchlechte und der Menſchheit Ehre gemacht, in mir erneuert wird. Der Vater meiner geliebten Lady Sidney war der Oberſte von Stern- heim, einziger Sohn eines Profeſſors in W., von welchem er die ſorgfaͤltigſte Er- ziehung genoß. Edelmuth, Groͤße des Geiſtes, Guͤte des Herzens, waren die Grundzuͤge ſeines Charakters. Auf der Univerſitaͤt L. verband ihm die Freund- ſchaft mit dem juͤngern Baron von P. ſo ſehr, daß er nicht nur alle Reiſen mit ihm machte, ſondern auch aus Liebe zu ihm mit in Kriegsdienſte trat. Durch ſeinen Umgang und durch ſein Beyſpiel wurde der vorher unbaͤndige Geiſt des Barons ſo biegſam und wohldenkend, daß die ganze Familie dem jungen Mann dank- te, der ihren geliebten Sohn auf die Wege des Guten gebracht hatte. Ein Zufall trennte ſie. Der Baron mußte nach dem Tode ſeines aͤltern Bruders die Kriegs- dienſte verlaſſen, und ſich zu Ueberneh- mung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/28
Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/28>, abgerufen am 29.03.2024.