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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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war sie schon weit weg. Aber ich würde
auch gestottert haben, denn Sie können
nicht glauben, was für einen Schmerzen
der Seele ich bey dem wahren Accent der
englischen Sprache fühlte; schnell wie die
Würkung des Blitzes fühlte ich ihn, und
eben so schnell drangen sich traurige Erin-
nerungen und Bilder in meine Seele.
Gut war es, Emilia, daß die Lady mich
nicht gleich mit sich begehrte, meine Verle-
genheit war zu sichtbar. Abends speisete
Madam Hills und Herr B. mit mir bey
der Lady; sie war sehr gütig, aber mit
untersuchenden Blicken war ihr Auge bey
allem was ich vornahm und redete. Sie
lobte Madam Hills wegen der Stiftung
des Gesindhauses, und setzte hinzu, daß
sie ihrem Beyspiel folgen, und auch eins
in England errichten wollte. Herr B.,
welcher der Madam Hills dieses übersetzte,
machte der guten Frau viele Freude da-
mit, und ihr redliches Herz lächelte durch
thränende Augen, da sie schnell meine
Hand nahm und zu Herrn B. sagte: er
möchte die Lady unterrichten: daß sie nur

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war ſie ſchon weit weg. Aber ich wuͤrde
auch geſtottert haben, denn Sie koͤnnen
nicht glauben, was fuͤr einen Schmerzen
der Seele ich bey dem wahren Accent der
engliſchen Sprache fuͤhlte; ſchnell wie die
Wuͤrkung des Blitzes fuͤhlte ich ihn, und
eben ſo ſchnell drangen ſich traurige Erin-
nerungen und Bilder in meine Seele.
Gut war es, Emilia, daß die Lady mich
nicht gleich mit ſich begehrte, meine Verle-
genheit war zu ſichtbar. Abends ſpeiſete
Madam Hills und Herr B. mit mir bey
der Lady; ſie war ſehr guͤtig, aber mit
unterſuchenden Blicken war ihr Auge bey
allem was ich vornahm und redete. Sie
lobte Madam Hills wegen der Stiftung
des Geſindhauſes, und ſetzte hinzu, daß
ſie ihrem Beyſpiel folgen, und auch eins
in England errichten wollte. Herr B.,
welcher der Madam Hills dieſes uͤberſetzte,
machte der guten Frau viele Freude da-
mit, und ihr redliches Herz laͤchelte durch
thraͤnende Augen, da ſie ſchnell meine
Hand nahm und zu Herrn B. ſagte: er
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[151/0157] war ſie ſchon weit weg. Aber ich wuͤrde auch geſtottert haben, denn Sie koͤnnen nicht glauben, was fuͤr einen Schmerzen der Seele ich bey dem wahren Accent der engliſchen Sprache fuͤhlte; ſchnell wie die Wuͤrkung des Blitzes fuͤhlte ich ihn, und eben ſo ſchnell drangen ſich traurige Erin- nerungen und Bilder in meine Seele. Gut war es, Emilia, daß die Lady mich nicht gleich mit ſich begehrte, meine Verle- genheit war zu ſichtbar. Abends ſpeiſete Madam Hills und Herr B. mit mir bey der Lady; ſie war ſehr guͤtig, aber mit unterſuchenden Blicken war ihr Auge bey allem was ich vornahm und redete. Sie lobte Madam Hills wegen der Stiftung des Geſindhauſes, und ſetzte hinzu, daß ſie ihrem Beyſpiel folgen, und auch eins in England errichten wollte. Herr B., welcher der Madam Hills dieſes uͤberſetzte, machte der guten Frau viele Freude da- mit, und ihr redliches Herz laͤchelte durch thraͤnende Augen, da ſie ſchnell meine Hand nahm und zu Herrn B. ſagte: er moͤchte die Lady unterrichten: daß ſie nur ein K 4

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/157>, abgerufen am 18.04.2024.