Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite


Kein Mensch kann mir was von ihrem
Schicksal sagen; aber mein Herz sagt mir,
daß sie unglücklich ist. Dieser Gedanke
frißt das Herz, in welchem er sich ernährt.
Aber ich sage Jhnen unbegreifliche Dinge!
ich muß mich verständlich machen; Sie
wissen, wie misvergnügt ich von dem
Feste des Grafen F. zurück kam, und daß
ich von diesem Augenblick mich aller Ge-
sellschaft entäußerte. Meine Liebe war
verwundet, aber nicht getödtet; ich
dachte, sie würde durch Verachtung und
Fliehen geheilt werden; ich wollte so-
gar nichts von dem Fräulein reden hö-
ren; als endlich mein Oheim meine Lei-
denschaften auf einmal zu löschen glaubte,
da er mir die Nachricht gab: "daß auf
"das Geburtsfest des Fürsten ein Masken-
"ball angestellt wäre; daß der Fürst die
"Maske des Fräuleins tragen würde, und
"sie Kleidung und Schmuck von ihm be-
"komme. Jch könnte also schliessen, daß
"sie sich aufgeopfert habe; sie hätte schon
"vorher Gnaden von ihm erbeten, und
"alles erhalten, was sie verlangt habe;

"der


Kein Menſch kann mir was von ihrem
Schickſal ſagen; aber mein Herz ſagt mir,
daß ſie ungluͤcklich iſt. Dieſer Gedanke
frißt das Herz, in welchem er ſich ernaͤhrt.
Aber ich ſage Jhnen unbegreifliche Dinge!
ich muß mich verſtaͤndlich machen; Sie
wiſſen, wie misvergnuͤgt ich von dem
Feſte des Grafen F. zuruͤck kam, und daß
ich von dieſem Augenblick mich aller Ge-
ſellſchaft entaͤußerte. Meine Liebe war
verwundet, aber nicht getoͤdtet; ich
dachte, ſie wuͤrde durch Verachtung und
Fliehen geheilt werden; ich wollte ſo-
gar nichts von dem Fraͤulein reden hoͤ-
ren; als endlich mein Oheim meine Lei-
denſchaften auf einmal zu loͤſchen glaubte,
da er mir die Nachricht gab: „daß auf
„das Geburtsfeſt des Fuͤrſten ein Masken-
„ball angeſtellt waͤre; daß der Fuͤrſt die
„Maske des Fraͤuleins tragen wuͤrde, und
„ſie Kleidung und Schmuck von ihm be-
„komme. Jch koͤnnte alſo ſchlieſſen, daß
„ſie ſich aufgeopfert habe; ſie haͤtte ſchon
„vorher Gnaden von ihm erbeten, und
„alles erhalten, was ſie verlangt habe;

„der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0008" n="2"/><fw place="top" type="header"><lb/></fw> Kein Men&#x017F;ch kann mir was von ihrem<lb/>
Schick&#x017F;al &#x017F;agen; aber mein Herz &#x017F;agt mir,<lb/>
daß &#x017F;ie unglu&#x0364;cklich i&#x017F;t. Die&#x017F;er Gedanke<lb/>
frißt das Herz, in welchem er &#x017F;ich erna&#x0364;hrt.<lb/>
Aber ich &#x017F;age Jhnen unbegreifliche Dinge!<lb/>
ich muß mich ver&#x017F;ta&#x0364;ndlich machen; Sie<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en, wie misvergnu&#x0364;gt ich von dem<lb/>
Fe&#x017F;te des Grafen F. zuru&#x0364;ck kam, und daß<lb/>
ich von die&#x017F;em Augenblick mich aller Ge-<lb/>
&#x017F;ell&#x017F;chaft enta&#x0364;ußerte. Meine Liebe war<lb/>
verwundet, aber nicht geto&#x0364;dtet; ich<lb/>
dachte, &#x017F;ie wu&#x0364;rde durch Verachtung und<lb/>
Fliehen geheilt werden; ich wollte &#x017F;o-<lb/>
gar nichts von dem Fra&#x0364;ulein reden ho&#x0364;-<lb/>
ren; als endlich mein Oheim meine Lei-<lb/>
den&#x017F;chaften auf einmal zu lo&#x0364;&#x017F;chen glaubte,<lb/>
da er mir die Nachricht gab: &#x201E;daß auf<lb/>
&#x201E;das Geburtsfe&#x017F;t des Fu&#x0364;r&#x017F;ten ein Masken-<lb/>
&#x201E;ball ange&#x017F;tellt wa&#x0364;re; daß der Fu&#x0364;r&#x017F;t die<lb/>
&#x201E;Maske des Fra&#x0364;uleins tragen wu&#x0364;rde, und<lb/>
&#x201E;&#x017F;ie Kleidung und Schmuck von ihm be-<lb/>
&#x201E;komme. Jch ko&#x0364;nnte al&#x017F;o &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en, daß<lb/>
&#x201E;&#x017F;ie &#x017F;ich aufgeopfert habe; &#x017F;ie ha&#x0364;tte &#x017F;chon<lb/>
&#x201E;vorher Gnaden von ihm erbeten, und<lb/>
&#x201E;alles erhalten, was &#x017F;ie verlangt habe;<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x201E;der</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[2/0008] Kein Menſch kann mir was von ihrem Schickſal ſagen; aber mein Herz ſagt mir, daß ſie ungluͤcklich iſt. Dieſer Gedanke frißt das Herz, in welchem er ſich ernaͤhrt. Aber ich ſage Jhnen unbegreifliche Dinge! ich muß mich verſtaͤndlich machen; Sie wiſſen, wie misvergnuͤgt ich von dem Feſte des Grafen F. zuruͤck kam, und daß ich von dieſem Augenblick mich aller Ge- ſellſchaft entaͤußerte. Meine Liebe war verwundet, aber nicht getoͤdtet; ich dachte, ſie wuͤrde durch Verachtung und Fliehen geheilt werden; ich wollte ſo- gar nichts von dem Fraͤulein reden hoͤ- ren; als endlich mein Oheim meine Lei- denſchaften auf einmal zu loͤſchen glaubte, da er mir die Nachricht gab: „daß auf „das Geburtsfeſt des Fuͤrſten ein Masken- „ball angeſtellt waͤre; daß der Fuͤrſt die „Maske des Fraͤuleins tragen wuͤrde, und „ſie Kleidung und Schmuck von ihm be- „komme. Jch koͤnnte alſo ſchlieſſen, daß „ſie ſich aufgeopfert habe; ſie haͤtte ſchon „vorher Gnaden von ihm erbeten, und „alles erhalten, was ſie verlangt habe; „der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/8
Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/8>, abgerufen am 19.04.2024.