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Lassalle, Ferdinand: Die indirekte Steuer und die Lage der arbeitenden Klassen. Zürich, 1863.

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ersehen daraus (p. 80), daß im Jahre 1854 im Zollverein ein-
geführt wurden:

43,086 Centner Wein in Flaschen mit
einem Zollertrag von ... 344,688 Thlr.
191,236 Centner Wein in Fässern mit
einem Zollertrag von ... 1,147,578 "
also mit einem Gesammtzollertrag von .. 1,492,266 Thlr.

Das ist zunächst wieder die auf den ganzen Zollverein,
nicht auf Preußen, kommende Summe.

Sie finden indessen in demselben statistischen Jahrbuch,
p. 87, in Decimalen berechnet, welches bei den verschiedenen
Artikeln der Steuerertrag auf den Kopf der Bevölkerung des
gesammten Zollvereins gewesen ist. Er betrug hiernach beim
Wein in jenem Jahr (1854) 1,3 Sgr. per Kopf.

Berechnen wir nun für den vorliegenden Zweck die preußi-
sche Bevölkerung auf 17 Millionen, so giebt das a 1,3 Sgr.
Steuerertrag per Kopf 733,333 Thlr. Steuerertrag von fremdem
Wein auf ganz Preußen.

Hierzu könnte man noch verlangen die Steuern vom in-
ländischen Weinbau in Preußen gerechnet zu sehen. Diese be-
ziehen sich hauptsächlich auf die Moselgegenden, und der Mosel-
wein wird keineswegs ausschließlich von den besitzenden Klassen
verbraucht. Die niederen Sorten des Moselweins werden viel-
mehr an der Mosel und in der Rheinprovinz überhaupt auch
vom Kleinbürger und Bauern in bedeutenden Quantitäten con-
sumirt. Jnzwischen, lassen wir das unberücksichtigt und rechnen
wir ihren ganzen Consum den besitzenden Klassen zu gut. Die
Steuer vom inländischen Weinbau beträgt, wie wieder der
Staatshaushaltsetat pro 1855 selbst angiebt, 73,421 Thaler.
Fremder und inländischer Wein -- der Artikel, welcher der bei
weitem stärkste Artikel des ausschließlichen Consums der Besitzen-
den ist -- geben somit einen Steuerertrag von 806,754 Thlr. ab.

Sie sehen, wir rücken immer nicht von der Stelle.

Der Staatsanwalt hat mit besonderer Betonung der
Seide Erwähnung gethan, welche die besitzenden Klassen an-
geblich allein consumiren.

Es ist das nicht richtig. Manche Köchin, z. B. die meinige,
trägt, wenn sie Sonntags ausgeht, ein seidnes Kleid. Seidne
Bänder und Halstücher endlich sind in sehr ausgebreiteter
Weise in den untern Volksklassen, zumal bei ihren Weibern

erſehen daraus (p. 80), daß im Jahre 1854 im Zollverein ein-
geführt wurden:

43,086 Centner Wein in Flaſchen mit
einem Zollertrag von ... 344,688 Thlr.
191,236 Centner Wein in Fäſſern mit
einem Zollertrag von ... 1,147,578 „
alſo mit einem Geſammtzollertrag von .. 1,492,266 Thlr.

Das iſt zunächſt wieder die auf den ganzen Zollverein,
nicht auf Preußen, kommende Summe.

Sie finden indeſſen in demſelben ſtatiſtiſchen Jahrbuch,
p. 87, in Decimalen berechnet, welches bei den verſchiedenen
Artikeln der Steuerertrag auf den Kopf der Bevölkerung des
geſammten Zollvereins geweſen iſt. Er betrug hiernach beim
Wein in jenem Jahr (1854) 1,3 Sgr. per Kopf.

Berechnen wir nun für den vorliegenden Zweck die preußi-
ſche Bevölkerung auf 17 Millionen, ſo giebt das à 1,3 Sgr.
Steuerertrag per Kopf 733,333 Thlr. Steuerertrag von fremdem
Wein auf ganz Preußen.

Hierzu könnte man noch verlangen die Steuern vom in-
ländiſchen Weinbau in Preußen gerechnet zu ſehen. Dieſe be-
ziehen ſich hauptſächlich auf die Moſelgegenden, und der Moſel-
wein wird keineswegs ausſchließlich von den beſitzenden Klaſſen
verbraucht. Die niederen Sorten des Moſelweins werden viel-
mehr an der Moſel und in der Rheinprovinz überhaupt auch
vom Kleinbürger und Bauern in bedeutenden Quantitäten con-
ſumirt. Jnzwiſchen, laſſen wir das unberückſichtigt und rechnen
wir ihren ganzen Conſum den beſitzenden Klaſſen zu gut. Die
Steuer vom inländiſchen Weinbau beträgt, wie wieder der
Staatshaushaltsetat pro 1855 ſelbſt angiebt, 73,421 Thaler.
Fremder und inländiſcher Wein — der Artikel, welcher der bei
weitem ſtärkſte Artikel des ausſchließlichen Conſums der Beſitzen-
den iſt — geben ſomit einen Steuerertrag von 806,754 Thlr. ab.

Sie ſehen, wir rücken immer nicht von der Stelle.

Der Staatsanwalt hat mit beſonderer Betonung der
Seide Erwähnung gethan, welche die beſitzenden Klaſſen an-
geblich allein conſumiren.

Es iſt das nicht richtig. Manche Köchin, z. B. die meinige,
trägt, wenn ſie Sonntags ausgeht, ein ſeidnes Kleid. Seidne
Bänder und Halstücher endlich ſind in ſehr ausgebreiteter
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[69/0075] erſehen daraus (p. 80), daß im Jahre 1854 im Zollverein ein- geführt wurden: 43,086 Centner Wein in Flaſchen mit einem Zollertrag von ... 344,688 Thlr. 191,236 Centner Wein in Fäſſern mit einem Zollertrag von ... 1,147,578 „ alſo mit einem Geſammtzollertrag von .. 1,492,266 Thlr. Das iſt zunächſt wieder die auf den ganzen Zollverein, nicht auf Preußen, kommende Summe. Sie finden indeſſen in demſelben ſtatiſtiſchen Jahrbuch, p. 87, in Decimalen berechnet, welches bei den verſchiedenen Artikeln der Steuerertrag auf den Kopf der Bevölkerung des geſammten Zollvereins geweſen iſt. Er betrug hiernach beim Wein in jenem Jahr (1854) 1,3 Sgr. per Kopf. Berechnen wir nun für den vorliegenden Zweck die preußi- ſche Bevölkerung auf 17 Millionen, ſo giebt das à 1,3 Sgr. Steuerertrag per Kopf 733,333 Thlr. Steuerertrag von fremdem Wein auf ganz Preußen. Hierzu könnte man noch verlangen die Steuern vom in- ländiſchen Weinbau in Preußen gerechnet zu ſehen. Dieſe be- ziehen ſich hauptſächlich auf die Moſelgegenden, und der Moſel- wein wird keineswegs ausſchließlich von den beſitzenden Klaſſen verbraucht. Die niederen Sorten des Moſelweins werden viel- mehr an der Moſel und in der Rheinprovinz überhaupt auch vom Kleinbürger und Bauern in bedeutenden Quantitäten con- ſumirt. Jnzwiſchen, laſſen wir das unberückſichtigt und rechnen wir ihren ganzen Conſum den beſitzenden Klaſſen zu gut. Die Steuer vom inländiſchen Weinbau beträgt, wie wieder der Staatshaushaltsetat pro 1855 ſelbſt angiebt, 73,421 Thaler. Fremder und inländiſcher Wein — der Artikel, welcher der bei weitem ſtärkſte Artikel des ausſchließlichen Conſums der Beſitzen- den iſt — geben ſomit einen Steuerertrag von 806,754 Thlr. ab. Sie ſehen, wir rücken immer nicht von der Stelle. Der Staatsanwalt hat mit beſonderer Betonung der Seide Erwähnung gethan, welche die beſitzenden Klaſſen an- geblich allein conſumiren. Es iſt das nicht richtig. Manche Köchin, z. B. die meinige, trägt, wenn ſie Sonntags ausgeht, ein ſeidnes Kleid. Seidne Bänder und Halstücher endlich ſind in ſehr ausgebreiteter Weiſe in den untern Volksklaſſen, zumal bei ihren Weibern

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Zitationshilfe: Lassalle, Ferdinand: Die indirekte Steuer und die Lage der arbeitenden Klassen. Zürich, 1863, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lassalle_steuer_1863/75>, abgerufen am 19.04.2024.