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Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897.

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Siebzehntes Kapitel.
jene selbst in unsern Ländern eintreffen. Man muß
in Europa wie in Amerika vorbereitet sein."

Saltner nickte nachdenklich. "Wenn wir unsre
Brieftauben noch hätten! Aber die armen Dinger
sind alle ertrunken."

"Sehen Sie", fuhr Grunthe noch leiser fort, "ich
fürchte, wir können die Sachlage nicht ernst genug
nehmen. Wir haben eine wissenschaftliche Pflicht; in
dieser Hinsicht könnte man vielleicht sagen, daß wir
ein Recht hätten, die sicherste Heimkehr zu wählen,
auch daß der Besuch des Mars eine so unerhörte That
wäre, daß sie die Uebertretung unserer Jnstruktion
entschuldigen könnte, obwohl sie dies für mein Ge-
wissen nicht thut -- Bitte, lassen Sie mich aussprechen.
Wir haben aber nach meiner Ueberzeugung außerdem
eine politische und kulturgeschichtliche Pflicht, wenn
man so sagen darf, die uns zwingt, alles daran zu
setzen, selbst den geringsten Umstand auszunutzen, der
uns eine Chance bietet, der Ankunft der Martier zu-
vorzukommen. Wer garantiert Jhnen, was die Ver-
einigten Staaten des Mars beschließen, wenn sie erst
im vollen Besitz der Nachrichten über die Erdbewohner
sind? Und selbst, wenn sie uns Wort halten, durch welche
unbekannten Einflüsse können sie uns nicht verhindern,
das zu thun, was für die Menschen das Richtige wäre?
Wenn wir erst zugleich mit ihnen in Europa an-
kommen, wenn die Regierungen überrascht werden, ist
es vielleicht zu spät, die geeigneten Maßregeln zu treffen."

"Jch hätte unsre Stellung nicht für so verantwort-
lich gehalten", sagte Saltner.

Siebzehntes Kapitel.
jene ſelbſt in unſern Ländern eintreffen. Man muß
in Europa wie in Amerika vorbereitet ſein.‟

Saltner nickte nachdenklich. „Wenn wir unſre
Brieftauben noch hätten! Aber die armen Dinger
ſind alle ertrunken.‟

„Sehen Sie‟, fuhr Grunthe noch leiſer fort, „ich
fürchte, wir können die Sachlage nicht ernſt genug
nehmen. Wir haben eine wiſſenſchaftliche Pflicht; in
dieſer Hinſicht könnte man vielleicht ſagen, daß wir
ein Recht hätten, die ſicherſte Heimkehr zu wählen,
auch daß der Beſuch des Mars eine ſo unerhörte That
wäre, daß ſie die Uebertretung unſerer Jnſtruktion
entſchuldigen könnte, obwohl ſie dies für mein Ge-
wiſſen nicht thut — Bitte, laſſen Sie mich ausſprechen.
Wir haben aber nach meiner Ueberzeugung außerdem
eine politiſche und kulturgeſchichtliche Pflicht, wenn
man ſo ſagen darf, die uns zwingt, alles daran zu
ſetzen, ſelbſt den geringſten Umſtand auszunutzen, der
uns eine Chance bietet, der Ankunft der Martier zu-
vorzukommen. Wer garantiert Jhnen, was die Ver-
einigten Staaten des Mars beſchließen, wenn ſie erſt
im vollen Beſitz der Nachrichten über die Erdbewohner
ſind? Und ſelbſt, wenn ſie uns Wort halten, durch welche
unbekannten Einflüſſe können ſie uns nicht verhindern,
das zu thun, was für die Menſchen das Richtige wäre?
Wenn wir erſt zugleich mit ihnen in Europa an-
kommen, wenn die Regierungen überraſcht werden, iſt
es vielleicht zu ſpät, die geeigneten Maßregeln zu treffen.‟

„Jch hätte unſre Stellung nicht für ſo verantwort-
lich gehalten‟, ſagte Saltner.

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[258/0266] Siebzehntes Kapitel. jene ſelbſt in unſern Ländern eintreffen. Man muß in Europa wie in Amerika vorbereitet ſein.‟ Saltner nickte nachdenklich. „Wenn wir unſre Brieftauben noch hätten! Aber die armen Dinger ſind alle ertrunken.‟ „Sehen Sie‟, fuhr Grunthe noch leiſer fort, „ich fürchte, wir können die Sachlage nicht ernſt genug nehmen. Wir haben eine wiſſenſchaftliche Pflicht; in dieſer Hinſicht könnte man vielleicht ſagen, daß wir ein Recht hätten, die ſicherſte Heimkehr zu wählen, auch daß der Beſuch des Mars eine ſo unerhörte That wäre, daß ſie die Uebertretung unſerer Jnſtruktion entſchuldigen könnte, obwohl ſie dies für mein Ge- wiſſen nicht thut — Bitte, laſſen Sie mich ausſprechen. Wir haben aber nach meiner Ueberzeugung außerdem eine politiſche und kulturgeſchichtliche Pflicht, wenn man ſo ſagen darf, die uns zwingt, alles daran zu ſetzen, ſelbſt den geringſten Umſtand auszunutzen, der uns eine Chance bietet, der Ankunft der Martier zu- vorzukommen. Wer garantiert Jhnen, was die Ver- einigten Staaten des Mars beſchließen, wenn ſie erſt im vollen Beſitz der Nachrichten über die Erdbewohner ſind? Und ſelbſt, wenn ſie uns Wort halten, durch welche unbekannten Einflüſſe können ſie uns nicht verhindern, das zu thun, was für die Menſchen das Richtige wäre? Wenn wir erſt zugleich mit ihnen in Europa an- kommen, wenn die Regierungen überraſcht werden, iſt es vielleicht zu ſpät, die geeigneten Maßregeln zu treffen.‟ „Jch hätte unſre Stellung nicht für ſo verantwort- lich gehalten‟, ſagte Saltner.

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897/266>, abgerufen am 24.04.2024.