Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

Achtzehntes Kapitel.
welchem Saltner anfänglich die Versammlung über-
flog, verschwand bald unter dem Eindruck der Musik
und der Haltung der schweigenden Martier. Alle
trugen heute über ihrer anschließenden metallisch glän-
zenden Rüstung einen leichten, in malerischen Falten
geworfenen Mantel. Jhre Blicke waren ruhig und
ernst, aber erfüllt von einem freudigen Stolze; sie
fühlten sich als die freien Mitglieder ihrer großen und
mächtigen Gemeinschaft, die sie zum ersten Male den
Menschen in ihrem festlichen Glanze zeigten. Sie
wußten, daß sie heute nicht nur als Wirte ihren
Gästen, sondern als Vertreter der Numenheit den
Männern gegenüberstanden, die für sie die Vertreter
der Menschheit waren. Und dieses Bewußtsein, das
den ganzen Charakter der Versammlung beherrschte,
wirkte sehr bald auf Grunthe und Saltner zurück;
sie fühlten, wie sie der übermächtigen Gegenwart der
Martier in ihrem Willen zu erliegen drohten. Grunthe
preßte die Lippen zusammen und starrte auf sein Notiz-
buch, das er krampfhaft in der Hand hielt, um sich
dem Einfluß zu entziehen, den das Äußerliche der
Versammlung auf ihn machte.

Nur wenige Minuten hatte die musikalische Ein-
leitung gedauert. Jetzt erhob sich Jll. Absolute
Stille herrschte im Saale, als er seine großen, strahlen-
den Augen auf die Versammlung richtete und dann
wie in weite Ferne blickte. Darauf sprach er klang-
voll die einfachen Worte:

"Den wir im Herzen tragen, Herr des Gesetzes,
gieb uns deine Freiheit."

Achtzehntes Kapitel.
welchem Saltner anfänglich die Verſammlung über-
flog, verſchwand bald unter dem Eindruck der Muſik
und der Haltung der ſchweigenden Martier. Alle
trugen heute über ihrer anſchließenden metalliſch glän-
zenden Rüſtung einen leichten, in maleriſchen Falten
geworfenen Mantel. Jhre Blicke waren ruhig und
ernſt, aber erfüllt von einem freudigen Stolze; ſie
fühlten ſich als die freien Mitglieder ihrer großen und
mächtigen Gemeinſchaft, die ſie zum erſten Male den
Menſchen in ihrem feſtlichen Glanze zeigten. Sie
wußten, daß ſie heute nicht nur als Wirte ihren
Gäſten, ſondern als Vertreter der Numenheit den
Männern gegenüberſtanden, die für ſie die Vertreter
der Menſchheit waren. Und dieſes Bewußtſein, das
den ganzen Charakter der Verſammlung beherrſchte,
wirkte ſehr bald auf Grunthe und Saltner zurück;
ſie fühlten, wie ſie der übermächtigen Gegenwart der
Martier in ihrem Willen zu erliegen drohten. Grunthe
preßte die Lippen zuſammen und ſtarrte auf ſein Notiz-
buch, das er krampfhaft in der Hand hielt, um ſich
dem Einfluß zu entziehen, den das Äußerliche der
Verſammlung auf ihn machte.

Nur wenige Minuten hatte die muſikaliſche Ein-
leitung gedauert. Jetzt erhob ſich Jll. Abſolute
Stille herrſchte im Saale, als er ſeine großen, ſtrahlen-
den Augen auf die Verſammlung richtete und dann
wie in weite Ferne blickte. Darauf ſprach er klang-
voll die einfachen Worte:

„Den wir im Herzen tragen, Herr des Geſetzes,
gieb uns deine Freiheit.‟

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0286" n="278"/><fw place="top" type="header">Achtzehntes Kapitel.</fw><lb/>
welchem Saltner anfänglich die Ver&#x017F;ammlung über-<lb/>
flog, ver&#x017F;chwand bald unter dem Eindruck der Mu&#x017F;ik<lb/>
und der Haltung der &#x017F;chweigenden Martier. Alle<lb/>
trugen heute über ihrer an&#x017F;chließenden metalli&#x017F;ch glän-<lb/>
zenden Rü&#x017F;tung einen leichten, in maleri&#x017F;chen Falten<lb/>
geworfenen Mantel. Jhre Blicke waren ruhig und<lb/>
ern&#x017F;t, aber erfüllt von einem freudigen Stolze; &#x017F;ie<lb/>
fühlten &#x017F;ich als die freien Mitglieder ihrer großen und<lb/>
mächtigen Gemein&#x017F;chaft, die &#x017F;ie zum er&#x017F;ten Male den<lb/>
Men&#x017F;chen in ihrem fe&#x017F;tlichen Glanze zeigten. Sie<lb/>
wußten, daß &#x017F;ie heute nicht nur als Wirte ihren<lb/>&#x017F;ten, &#x017F;ondern als Vertreter der Numenheit den<lb/>
Männern gegenüber&#x017F;tanden, die für &#x017F;ie die Vertreter<lb/>
der Men&#x017F;chheit waren. Und die&#x017F;es Bewußt&#x017F;ein, das<lb/>
den ganzen Charakter der Ver&#x017F;ammlung beherr&#x017F;chte,<lb/>
wirkte &#x017F;ehr bald auf Grunthe und Saltner zurück;<lb/>
&#x017F;ie fühlten, wie &#x017F;ie der übermächtigen Gegenwart der<lb/>
Martier in ihrem Willen zu erliegen drohten. Grunthe<lb/>
preßte die Lippen zu&#x017F;ammen und &#x017F;tarrte auf &#x017F;ein Notiz-<lb/>
buch, das er krampfhaft in der Hand hielt, um &#x017F;ich<lb/>
dem Einfluß zu entziehen, den das Äußerliche der<lb/>
Ver&#x017F;ammlung auf ihn machte.</p><lb/>
          <p>Nur wenige Minuten hatte die mu&#x017F;ikali&#x017F;che Ein-<lb/>
leitung gedauert. Jetzt erhob &#x017F;ich Jll. Ab&#x017F;olute<lb/>
Stille herr&#x017F;chte im Saale, als er &#x017F;eine großen, &#x017F;trahlen-<lb/>
den Augen auf die Ver&#x017F;ammlung richtete und dann<lb/>
wie in weite Ferne blickte. Darauf &#x017F;prach er klang-<lb/>
voll die einfachen Worte:</p><lb/>
          <p>&#x201E;Den wir im Herzen tragen, Herr des Ge&#x017F;etzes,<lb/>
gieb uns deine Freiheit.&#x201F;</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[278/0286] Achtzehntes Kapitel. welchem Saltner anfänglich die Verſammlung über- flog, verſchwand bald unter dem Eindruck der Muſik und der Haltung der ſchweigenden Martier. Alle trugen heute über ihrer anſchließenden metalliſch glän- zenden Rüſtung einen leichten, in maleriſchen Falten geworfenen Mantel. Jhre Blicke waren ruhig und ernſt, aber erfüllt von einem freudigen Stolze; ſie fühlten ſich als die freien Mitglieder ihrer großen und mächtigen Gemeinſchaft, die ſie zum erſten Male den Menſchen in ihrem feſtlichen Glanze zeigten. Sie wußten, daß ſie heute nicht nur als Wirte ihren Gäſten, ſondern als Vertreter der Numenheit den Männern gegenüberſtanden, die für ſie die Vertreter der Menſchheit waren. Und dieſes Bewußtſein, das den ganzen Charakter der Verſammlung beherrſchte, wirkte ſehr bald auf Grunthe und Saltner zurück; ſie fühlten, wie ſie der übermächtigen Gegenwart der Martier in ihrem Willen zu erliegen drohten. Grunthe preßte die Lippen zuſammen und ſtarrte auf ſein Notiz- buch, das er krampfhaft in der Hand hielt, um ſich dem Einfluß zu entziehen, den das Äußerliche der Verſammlung auf ihn machte. Nur wenige Minuten hatte die muſikaliſche Ein- leitung gedauert. Jetzt erhob ſich Jll. Abſolute Stille herrſchte im Saale, als er ſeine großen, ſtrahlen- den Augen auf die Verſammlung richtete und dann wie in weite Ferne blickte. Darauf ſprach er klang- voll die einfachen Worte: „Den wir im Herzen tragen, Herr des Geſetzes, gieb uns deine Freiheit.‟

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897/286
Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897/286>, abgerufen am 28.03.2024.