Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Geheimnis des Pols.
und was wir da sehen, ist kein Menschenwerk. So
verrückt wäre doch kein Mensch, hier Drähte zu
spannen! Eher will ich glauben, daß die Erdaxe in
ein großes Velozipedrad ausläuft, und daß wir wahr-
haftig berufen sind, sie zu schmieren! Nur nicht den
Mut verloren!"

"Wenn es nicht Menschen sind", sagte Torm ton-
los, "und ich weiß auch nicht, wie Menschen dergleichen
machen sollten, und warum, und wo sie herkämen --
das hätte man doch erfahren -- so -- eine Täu-
schung ist es doch nicht -- so steht mir der Ver-
stand still."

"Na", sagte Saltner, "Eisbären werden's nicht ge-
macht haben, obgleich ich mich jetzt über nichts mehr
wundern würde, und wenn gleich ein geflügelter See-
hund käme und "Station Nordpol" ausriefe. Aber
-- es könnte doch vielleicht eine Naturerscheinung
sein, ein merkwürdiger Kristallisationsprozeß -- --
Sakri! Jetzt hab' ichs. Das ist ein Geisir! Ein
riesiger Geisir!"

"Nein, Saltner", erwiderte Torm das habe ich
auch schon gedacht -- ein Schlammvulkan könnte
etwa eine ähnliche Bildung zeigen. Aber -- Sie
haben wohl das Eigentliche -- die Hauptsache --
das -- Unerklärliche noch nicht gesehen --"

"Was meinen Sie?"

"Jch hab' es gesehen", sagte jetzt Grunthe. Er
setzte das Fernrohr ab. Dann lehnte er sich zurück
und runzelte die Stirn. Auch um die fest zusammen-
gezogenen Lippen bildeten sich Falten, daß sein Mund

Das Geheimnis des Pols.
und was wir da ſehen, iſt kein Menſchenwerk. So
verrückt wäre doch kein Menſch, hier Drähte zu
ſpannen! Eher will ich glauben, daß die Erdaxe in
ein großes Velozipedrad ausläuft, und daß wir wahr-
haftig berufen ſind, ſie zu ſchmieren! Nur nicht den
Mut verloren!‟

„Wenn es nicht Menſchen ſind‟, ſagte Torm ton-
los, „und ich weiß auch nicht, wie Menſchen dergleichen
machen ſollten, und warum, und wo ſie herkämen —
das hätte man doch erfahren — ſo — eine Täu-
ſchung iſt es doch nicht — ſo ſteht mir der Ver-
ſtand ſtill.‟

„Na‟, ſagte Saltner, „Eisbären werden’s nicht ge-
macht haben, obgleich ich mich jetzt über nichts mehr
wundern würde, und wenn gleich ein geflügelter See-
hund käme und „Station Nordpol‟ ausriefe. Aber
— es könnte doch vielleicht eine Naturerſcheinung
ſein, ein merkwürdiger Kriſtalliſationsprozeß — —
Sakri! Jetzt hab’ ichs. Das iſt ein Geiſir! Ein
rieſiger Geiſir!‟

„Nein, Saltner‟, erwiderte Torm das habe ich
auch ſchon gedacht — ein Schlammvulkan könnte
etwa eine ähnliche Bildung zeigen. Aber — Sie
haben wohl das Eigentliche — die Hauptſache —
das — Unerklärliche noch nicht geſehen —‟

„Was meinen Sie?‟

„Jch hab’ es geſehen‟, ſagte jetzt Grunthe. Er
ſetzte das Fernrohr ab. Dann lehnte er ſich zurück
und runzelte die Stirn. Auch um die feſt zuſammen-
gezogenen Lippen bildeten ſich Falten, daß ſein Mund

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0031" n="23"/><fw place="top" type="header">Das Geheimnis des Pols.</fw><lb/>
und was wir da &#x017F;ehen, i&#x017F;t kein Men&#x017F;chenwerk. So<lb/>
verrückt wäre doch kein Men&#x017F;ch, hier Drähte zu<lb/>
&#x017F;pannen! Eher will ich glauben, daß die Erdaxe in<lb/>
ein großes Velozipedrad ausläuft, und daß wir wahr-<lb/>
haftig berufen &#x017F;ind, &#x017F;ie zu &#x017F;chmieren! Nur nicht den<lb/>
Mut verloren!&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Wenn es nicht Men&#x017F;chen &#x017F;ind&#x201F;, &#x017F;agte Torm ton-<lb/>
los, &#x201E;und ich weiß auch nicht, wie Men&#x017F;chen dergleichen<lb/>
machen &#x017F;ollten, und warum, und wo &#x017F;ie herkämen &#x2014;<lb/>
das hätte man doch erfahren &#x2014; &#x017F;o &#x2014; eine Täu-<lb/>
&#x017F;chung i&#x017F;t es doch nicht &#x2014; &#x017F;o &#x017F;teht mir der Ver-<lb/>
&#x017F;tand &#x017F;till.&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Na&#x201F;, &#x017F;agte Saltner, &#x201E;Eisbären werden&#x2019;s nicht ge-<lb/>
macht haben, obgleich ich mich jetzt über nichts mehr<lb/>
wundern würde, und wenn gleich ein geflügelter See-<lb/>
hund käme und &#x201E;Station Nordpol&#x201F; ausriefe. Aber<lb/>
&#x2014; es könnte doch vielleicht eine Naturer&#x017F;cheinung<lb/>
&#x017F;ein, ein merkwürdiger Kri&#x017F;talli&#x017F;ationsprozeß &#x2014; &#x2014;<lb/>
Sakri! Jetzt hab&#x2019; ichs. Das i&#x017F;t ein Gei&#x017F;ir! Ein<lb/>
rie&#x017F;iger Gei&#x017F;ir!&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Nein, Saltner&#x201F;, erwiderte Torm das habe ich<lb/>
auch &#x017F;chon gedacht &#x2014; ein Schlammvulkan könnte<lb/>
etwa eine ähnliche Bildung zeigen. Aber &#x2014; Sie<lb/>
haben wohl das Eigentliche &#x2014; die Haupt&#x017F;ache &#x2014;<lb/>
das &#x2014; Unerklärliche noch nicht ge&#x017F;ehen &#x2014;&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Was meinen Sie?&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Jch hab&#x2019; es ge&#x017F;ehen&#x201F;, &#x017F;agte jetzt Grunthe. Er<lb/>
&#x017F;etzte das Fernrohr ab. Dann lehnte er &#x017F;ich zurück<lb/>
und runzelte die Stirn. Auch um die fe&#x017F;t zu&#x017F;ammen-<lb/>
gezogenen Lippen bildeten &#x017F;ich Falten, daß &#x017F;ein Mund<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[23/0031] Das Geheimnis des Pols. und was wir da ſehen, iſt kein Menſchenwerk. So verrückt wäre doch kein Menſch, hier Drähte zu ſpannen! Eher will ich glauben, daß die Erdaxe in ein großes Velozipedrad ausläuft, und daß wir wahr- haftig berufen ſind, ſie zu ſchmieren! Nur nicht den Mut verloren!‟ „Wenn es nicht Menſchen ſind‟, ſagte Torm ton- los, „und ich weiß auch nicht, wie Menſchen dergleichen machen ſollten, und warum, und wo ſie herkämen — das hätte man doch erfahren — ſo — eine Täu- ſchung iſt es doch nicht — ſo ſteht mir der Ver- ſtand ſtill.‟ „Na‟, ſagte Saltner, „Eisbären werden’s nicht ge- macht haben, obgleich ich mich jetzt über nichts mehr wundern würde, und wenn gleich ein geflügelter See- hund käme und „Station Nordpol‟ ausriefe. Aber — es könnte doch vielleicht eine Naturerſcheinung ſein, ein merkwürdiger Kriſtalliſationsprozeß — — Sakri! Jetzt hab’ ichs. Das iſt ein Geiſir! Ein rieſiger Geiſir!‟ „Nein, Saltner‟, erwiderte Torm das habe ich auch ſchon gedacht — ein Schlammvulkan könnte etwa eine ähnliche Bildung zeigen. Aber — Sie haben wohl das Eigentliche — die Hauptſache — das — Unerklärliche noch nicht geſehen —‟ „Was meinen Sie?‟ „Jch hab’ es geſehen‟, ſagte jetzt Grunthe. Er ſetzte das Fernrohr ab. Dann lehnte er ſich zurück und runzelte die Stirn. Auch um die feſt zuſammen- gezogenen Lippen bildeten ſich Falten, daß ſein Mund

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897/31
Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897/31>, abgerufen am 24.04.2024.