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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 1. Leipzig, 1833.

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Gesellschaft. Fähndrich, thu' mir die Freundschaft an,
schreib teutsch, es ist die schönste Sprache. Nur bei
schwerem Sekt, du kennst das edle Gewächs, was eben
vor meinen Blicken goldglühend wächst -- nur bei schwe¬
rem Sekt ließ sich Pistols und Sir Johns zungenschwe¬
res, lallendes Englisch verbrauchen. Schreib teutsch Pi¬
stol! Es ist eine Universalsprache, selbst wenn Dir die
duftigen Träume des Guadalquivir wiederkommen, wie
sie Dich manchmal in sternenheller oder morgenfrüher
Seligkeit des Julius an den Boden warfen, selbst wenn
Deine spanische Jugend die weichen weißen Arme um
Dich schlägt -- hat die teutsche Sprache auch nicht
Deine wollüstigen spanischen Liebestöne, so hat sie doch
eine göttliche Zärtlichkeit die mich selbst oft vor ihr er¬
röthen macht. Schreib teutsch, Hyppolit!

Ich habe noch neulich Tasso's Jerusalem gelesen! Ja,
aus jener Zeit ist es schön etc. aus den dunkeln Lagunen, wo
die romantische Verborgenheit und unergründliche Tiefe der
Sehnsucht, wo das tiefblaue Dunkel des zurückgestrahlten
Himmels die Sinne umstrickt, daher mögen sie auch noch
jetzt bezaubernd klingen, denn die unergründliche Zukunft,
welche aus den weiten Falten schöner Natur zauberisch
heraufschaut, nimmt sich am besten aus, wenn die däm¬

Geſellſchaft. Fähndrich, thu' mir die Freundſchaft an,
ſchreib teutſch, es iſt die ſchönſte Sprache. Nur bei
ſchwerem Sekt, du kennſt das edle Gewächs, was eben
vor meinen Blicken goldglühend wächſt — nur bei ſchwe¬
rem Sekt ließ ſich Piſtols und Sir Johns zungenſchwe¬
res, lallendes Engliſch verbrauchen. Schreib teutſch Pi¬
ſtol! Es iſt eine Univerſalſprache, ſelbſt wenn Dir die
duftigen Träume des Guadalquivir wiederkommen, wie
ſie Dich manchmal in ſternenheller oder morgenfrüher
Seligkeit des Julius an den Boden warfen, ſelbſt wenn
Deine ſpaniſche Jugend die weichen weißen Arme um
Dich ſchlägt — hat die teutſche Sprache auch nicht
Deine wollüſtigen ſpaniſchen Liebestöne, ſo hat ſie doch
eine göttliche Zärtlichkeit die mich ſelbſt oft vor ihr er¬
röthen macht. Schreib teutſch, Hyppolit!

Ich habe noch neulich Taſſo's Jeruſalem geleſen! Ja,
aus jener Zeit iſt es ſchön ꝛc. aus den dunkeln Lagunen, wo
die romantiſche Verborgenheit und unergründliche Tiefe der
Sehnſucht, wo das tiefblaue Dunkel des zurückgeſtrahlten
Himmels die Sinne umſtrickt, daher mögen ſie auch noch
jetzt bezaubernd klingen, denn die unergründliche Zukunft,
welche aus den weiten Falten ſchöner Natur zauberiſch
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[7/0017] Geſellſchaft. Fähndrich, thu' mir die Freundſchaft an, ſchreib teutſch, es iſt die ſchönſte Sprache. Nur bei ſchwerem Sekt, du kennſt das edle Gewächs, was eben vor meinen Blicken goldglühend wächſt — nur bei ſchwe¬ rem Sekt ließ ſich Piſtols und Sir Johns zungenſchwe¬ res, lallendes Engliſch verbrauchen. Schreib teutſch Pi¬ ſtol! Es iſt eine Univerſalſprache, ſelbſt wenn Dir die duftigen Träume des Guadalquivir wiederkommen, wie ſie Dich manchmal in ſternenheller oder morgenfrüher Seligkeit des Julius an den Boden warfen, ſelbſt wenn Deine ſpaniſche Jugend die weichen weißen Arme um Dich ſchlägt — hat die teutſche Sprache auch nicht Deine wollüſtigen ſpaniſchen Liebestöne, ſo hat ſie doch eine göttliche Zärtlichkeit die mich ſelbſt oft vor ihr er¬ röthen macht. Schreib teutſch, Hyppolit! Ich habe noch neulich Taſſo's Jeruſalem geleſen! Ja, aus jener Zeit iſt es ſchön ꝛc. aus den dunkeln Lagunen, wo die romantiſche Verborgenheit und unergründliche Tiefe der Sehnſucht, wo das tiefblaue Dunkel des zurückgeſtrahlten Himmels die Sinne umſtrickt, daher mögen ſie auch noch jetzt bezaubernd klingen, denn die unergründliche Zukunft, welche aus den weiten Falten ſchöner Natur zauberiſch heraufſchaut, nimmt ſich am beſten aus, wenn die däm¬

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Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 1. Leipzig, 1833, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0101_1833/17>, abgerufen am 28.03.2024.