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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 2. Leipzig, 1833.

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Köpfen gemacht ist. Ich nenne sie darum oft Ludwigs
Frau, und erkläre ihren öftern Eigensinn und ihre Hart¬
näckigkeit daher. Das thu' ich oft, weil sie mich dabei
immer auf den Mund schlägt. Wie ein bunter Vogel
geht sie gekleidet; ich habe sie mehrmals darüber ver¬
höhnt und bin deshalb von ihr ausgelacht worden, weil
ich so wenig Farbenschönheit und Farbenverhältnisse be¬
griffe. Und sie hat den Sieg davon getragen, hat sich
mehrmals einfarbig gekleidet, und ich habe zugestehen
müssen, daß es nicht zu ihrem bunten Wesen passe.

Noch an jenem Abende, wo Alberta so erregt war,
daß sie mich fast mit ihrem Geliebten verwechselte, fand
sie sich mit Hyppolit zurecht. Ich sah zufällig der Scene
zu, es war wirklich ein artiges Bild. Neben dem gro¬
ßen Saale, wo wir oft sind, ist nur durch eine Glas¬
thür getrennt und mehrere Stufen tiefer das Gewächs¬
haus, wo ein Theil der Orangerie steht, der nicht Raum
genug vor dem Schlosse haben oder vielleicht die teut¬
sche Luft gar nicht vertragen mag. Ich suchte Camilla,
die sich nirgends sehen ließ -- der Saal war leer; ich
gehe bis an die Glasthür und sehe in der Tiefe der
südlichen Bäume Alberta sinnend und träumend die
Hände in den Schooß gelegt unter einem Feigenbaume

Köpfen gemacht iſt. Ich nenne ſie darum oft Ludwigs
Frau, und erkläre ihren öftern Eigenſinn und ihre Hart¬
näckigkeit daher. Das thu' ich oft, weil ſie mich dabei
immer auf den Mund ſchlägt. Wie ein bunter Vogel
geht ſie gekleidet; ich habe ſie mehrmals darüber ver¬
höhnt und bin deshalb von ihr ausgelacht worden, weil
ich ſo wenig Farbenſchönheit und Farbenverhältniſſe be¬
griffe. Und ſie hat den Sieg davon getragen, hat ſich
mehrmals einfarbig gekleidet, und ich habe zugeſtehen
müſſen, daß es nicht zu ihrem bunten Weſen paſſe.

Noch an jenem Abende, wo Alberta ſo erregt war,
daß ſie mich faſt mit ihrem Geliebten verwechſelte, fand
ſie ſich mit Hyppolit zurecht. Ich ſah zufällig der Scene
zu, es war wirklich ein artiges Bild. Neben dem gro¬
ßen Saale, wo wir oft ſind, iſt nur durch eine Glas¬
thür getrennt und mehrere Stufen tiefer das Gewächs¬
haus, wo ein Theil der Orangerie ſteht, der nicht Raum
genug vor dem Schloſſe haben oder vielleicht die teut¬
ſche Luft gar nicht vertragen mag. Ich ſuchte Camilla,
die ſich nirgends ſehen ließ — der Saal war leer; ich
gehe bis an die Glasthür und ſehe in der Tiefe der
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Hände in den Schooß gelegt unter einem Feigenbaume

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[19/0031] Köpfen gemacht iſt. Ich nenne ſie darum oft Ludwigs Frau, und erkläre ihren öftern Eigenſinn und ihre Hart¬ näckigkeit daher. Das thu' ich oft, weil ſie mich dabei immer auf den Mund ſchlägt. Wie ein bunter Vogel geht ſie gekleidet; ich habe ſie mehrmals darüber ver¬ höhnt und bin deshalb von ihr ausgelacht worden, weil ich ſo wenig Farbenſchönheit und Farbenverhältniſſe be¬ griffe. Und ſie hat den Sieg davon getragen, hat ſich mehrmals einfarbig gekleidet, und ich habe zugeſtehen müſſen, daß es nicht zu ihrem bunten Weſen paſſe. Noch an jenem Abende, wo Alberta ſo erregt war, daß ſie mich faſt mit ihrem Geliebten verwechſelte, fand ſie ſich mit Hyppolit zurecht. Ich ſah zufällig der Scene zu, es war wirklich ein artiges Bild. Neben dem gro¬ ßen Saale, wo wir oft ſind, iſt nur durch eine Glas¬ thür getrennt und mehrere Stufen tiefer das Gewächs¬ haus, wo ein Theil der Orangerie ſteht, der nicht Raum genug vor dem Schloſſe haben oder vielleicht die teut¬ ſche Luft gar nicht vertragen mag. Ich ſuchte Camilla, die ſich nirgends ſehen ließ — der Saal war leer; ich gehe bis an die Glasthür und ſehe in der Tiefe der ſüdlichen Bäume Alberta ſinnend und träumend die Hände in den Schooß gelegt unter einem Feigenbaume

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Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 2. Leipzig, 1833, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0102_1833/31>, abgerufen am 23.04.2024.